Der Eifelmetzger hat hundert Punkte

Daun/Deudesfeld. Anstehen für ein Stück Fleisch? Samstagmorgens ist dieser in den Zeiten des Überflusses seltene Anblick Normalität in den beiden Filialen des Eifelmetzgers. Die Kunden üben sich gern in ein wenig Geduld, um sich für das Wochenende mit Delikatem einzudecken. Denn hier bekommen sie Fleisch und Wurstwaren, die etwas ganz Besonderes sind.
 
Das 1959 in Deudesfeld gegründete Familienunternehmen Zerfaß wird heute von Joachim Hesslein und seiner Ehefrau Gabriele Hess-lein geführt. Sogar überregionale Beachtung fand der Betrieb, als er 1994 eine Auszeichnung vom Fachmagazin „Der Feinschmecker“ als eine der besten Metzgereien in Deutschland erhielt. Die Urkunde zierte lange Zeit auch die 1995 gegründete Filiale in Daun. „Der Standort Deudesfeld allein würde keinesfalls ausreichen, um uns und unsere insgesamt 20 Beschäftigten zu ernähren“, sagt Joachim Hesslein. „Wir brauchen den Standort in der Stadt, damit wir auch im Dorf bleiben können.“ Das Landleben profitiert in diesem Fall von den Vorlieben der Städter. Und es sind längst nicht nur Einheimische, die es in das Fachgeschäft mit der auffälligen Farbgebung und dem Eifellogo zieht. Viele Ferienwohnungsgäste und sogar eigens für den Eifelmetzger angereiste Tagestouristen aus dem Rheinland kommen, um sich hier mit Fleisch, Schinken, Aufschnitt, frisch zubereiteten Salaten und anderen Leckereien zu versorgen, die ein Stück Unverfälschtheit bedeuten. Wer hier kauft, der hat die Anonymität der gängigen Supermarktangebote hinter sich gelassen. Die geschulten Fachverkäuferinnen wissen genau, woher das Fleisch kommt, sie können beraten, die einzelnen Stücke fachgerecht vorbereiten und Tipps für die beste Zubereitung geben.

Mit Ideenreichtum zu neuen Produkten

Die Produkte, die Hesslein mit seinem Team kreiert, sind zum großen Teil vielfach prämiiert. So gab es 100 Punkte vom Fleischerfachverband für die Lavazungen, das immer zart auf der Zunge zergehende Rindfleisch wurde von der Landwirtschaftskammer ausgezeichnet. Viele einzigartige Rezepte machen nicht nur die Menüs des Eifelmetzger-Cateringservices unverwechselbar: Spezielle flache Salami mit besonders viel magerem Rind und kräftigem Aroma oder andere Eigenkreationen wie die Kaffeekringel (Salami mit geschrotetem Kaffee vom benachbarten Dauner Aromacafé) oder die Vulkanringe (Salami mit würziger Chilinote) gibt es nur hier. Auch Wildschinken und Eifeler Knochenschinken oder Lammgeschnetzeltes zählen zu den eher ungewöhnlichen Highlights für Feinschmecker und ziehen Kunden von weither an.

Hesslein ist überzeugt: „Wer auf dem Land weiterhin erfolgreich Gewerbe betreiben will, muss besonders kreativ und innovativ sein. Es kommt auf die Dynamik des Unternehmers an und auf den Mut, über den Tellerrand zu schauen.“ Zunächst haben die Hessleins geprüft, ob sich für sie das Biosegment mit Zertifizierungen durch Verbände wie Bioland oder Demeter lohnen würde – doch die Analyse ergab: zu teuer für die meisten Kunden. Also fiel 2008 die Entscheidung zu Gunsten der Regionalmarke Eifel, für die das Fleisch ebenfalls artgerecht, umweltschonend und ohne lange Transportwege erzeugt wird. Begeisterte Abnehmer finden die Produkte aus der Region unter anderem bei den qualitätsbewussten Gastronomen, die mit der nahen und gesunden Herkunft ihrer Zutaten bei ihren anspruchsvollen Gästen werben.

Die Metzgerei mit modernem Management

„Früher haben wir mitten im Dorf geschlachtet“, erinnert sich Joachim Hesslein, „jetzt wird nur noch angeliefert und das Schlachten geschieht zentral in Gerolstein. Das Verständnis unserer Nachbarn hier im Dorf brauchen wir trotzdem, denn wir fangen morgens früh zwischen zwei und drei Uhr mit der Arbeit an. Die Anlieferung des Fleisches ist dann schon mal mit einem gewissen Geräuschpegel verbunden.“ Die Anwohner in Deudesfeld haben nichts gegen den Gewerbebetrieb in ihrer Mitte, im Gegenteil: Das Geschäft morgens ab sieben Uhr brummt, viele nutzen die Gelegenheit zum Einkauf vor dem Weg zur Arbeit. Auch Kunden aus den umliegenden Dörfern wie Meerfeld, Bettenfeld, Schutz oder Meisburg kommen.

Mit ihrem Geschäft tragen die Hessleins wesentlich zur Dorfbelebung bei. Und sie setzen bei ihrer Zuversicht, dass dies künftig so bleibt, voll auf modernes Management. Ein externer Coach trainiert das Team in Sachen Kreativität und Produktinnovationen, Service und Freundlichkeit sowie Dekoration. Das motiviert alle, auch die vier Azubis. Im Gegensatz zum Branchentrend hat der Eifelmetzger keine Schwierigkeiten, Nachwuchs für den Beruf zu finden, der eben nicht im Büro lebbar ist. Die Qualitäten als Arbeitgeber überzeugen offenbar ebenso wie die als handwerklich perfekter Kreateur von leckeren Lebensmitteln. Die Betriebsnachfolge ist schon früh geregelt: Der Sohn wird die Metzgerei eines Tages übernehmen und dann eigene Akzente setzen. 

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