Justizminister Herbert Mertin: Funktionsfähigkeit der rheinland-pfälzischen Justiz bleibt gewährleistet

Angesichts der sich in Deutschland und Rheinland-Pfalz ausbreitenden Infektionen mit dem COVID-19-Erreger (Coronavirus SARS-CoV-2) trifft auch die rheinland-pfälzische Justiz Maßnahmen, um Ansteckungsrisiken zu minimieren und so die Ausbreitung des Virus einzudämmen.

Hierzu erklärte Justizminister Herbert Mertin am 17.03.2020 in Mainz: „Es gilt in der derzeitigen angespannten Situation, die Funktionsfähigkeit unserer Justizbehörden – Gerichte, Staatsanwaltschaften und Justizvollzugseinrichtungen – so weit wie möglich aufrechtzuerhalten. Hieran mitzuwirken, sind auch die Bürgerinnen und Bürger aufgerufen. Nicht zwingend erforderliche Besuche der Behörden und Justizvollzugsanstalten sollten vorerst unterbleiben. Ich appelliere an jeden, genau zu prüfen, ob entsprechende Anliegen nicht auch telefonisch oder per Email erledigt werden oder um einige Zeit ganz aufgeschoben werden können.“

Im Einzelnen wurden zunächst folgende Maßnahmen getroffen, wobei angesichts der dynamischen Entwicklung der Thematik in Abstimmung mit den Behörden fortlaufend untersucht wird, ob und inwieweit die bisherigen Maßnahmen an veränderte Sachlagen angepasst oder erweitert werden müssen:

  1. Maßnahmen zur Reduzierung der Ansteckungsrisiken bei Gerichten und Staatsanwaltschaften

Die Gerichte und Staatsanwaltschaften werden zum jetzigen Zeitpunkt nicht geschlossen. Die Präsidien vor Ort wurden gebeten, ihre Geschäftsverteilung zu überprüfen, um die Handlungsfähigkeit der Spruchkörper bei den Gerichten auch im Krisenfall erhalten zu können. Dabei sind insbesondere die Aufrechterhaltung des zwingend erforderlichen Dienstbetriebes und die Durchführung unaufschiebbarer Verhandlungen (insbesondere Haftsachen, ermittlungsrichterliche Tätigkeiten, Eilsachen und langlaufende Strafverhandlungen) in den Blick zu nehmen.

Über eine Absage bzw. Verlegung von Sitzungsterminen entscheiden die zuständigen Richterinnen und Richter in richterlicher Unabhängigkeit. Im Hinblick auf die bei Sitzungen grundsätzlich zu wahrende Gerichtsöffentlichkeit obliegt es der Sitzungsgewalt der bzw. des jeweiligen Vorsitzenden, ob Zuschauer bspw. bei akuten Krankheitssymptomen den Saal zu verlassen haben.

Die örtlichen Krisenstäbe sind im Rahmen des dortigen Sitzungsmanagements aufgerufen, auch verwaltungsseitig auf eine kontaktminimierende Planung hinzuwirken. Dies beinhaltet beispielsweise – sofern verfügbar – größere Sitzungssäle bereit zu stellen bzw. eine Bestuhlung vorzunehmen, die einen ausreichenden Mindestabstand zum Sitznachbarn gewährleistet.

  1. Einschränkungen der Besuchsmöglichkeiten in den Justizvollzugsanstalten

In den Justizvollzugseinrichtungen des Landes finden Besuche ab sofort grundsätzlich nicht mehr statt, da das Infektionsrisiko zu hoch und die Sicherheit und Ordnung durch jeden einzelnen Besuch gefährdet ist, § 34 Nr. 1 des Landesjustizvollzugsgesetzes (LJVollzG). Sollte ein Besuch aus besonderen Gründen notwendig und unaufschiebbar – z.B. Verteidigerbesuche – sein, ist er nach Möglichkeit als Besuch mit einer Trennscheibe zwischen Besucher und Gefangenem durchzuführen.

Im Hinblick auf die Besuchseinschränkungen sind Telefonate so weit wie möglich zuzulassen, ggf. auch als Videotelefonat, etwa über den Anbieter Skype. Anrufe werden bei Bedarf finanziell unterstützt.

Gottesdienste und Freizeitmaßnahmen in Gemeinschaft finden nur noch statt, wenn die Infektionsgefahr aufgrund der Gegebenheiten vor Ort als gering einzuschätzen ist und die personellen Möglichkeiten solche Maßnahmen zulassen.

Der Aufenthalt der Gefangenen im Freien für mindestens eine Stunde wird weiter ermöglicht.

  1. Vorübergehende Schließung der Jugendarrestanstalt Worms

Die Jugendarrestanstalt Worms wird vorübergehend geschlossen. Die derzeit Arrestierten werden heute entlassen. Soweit dies erforderlich erscheint, wurde der Arrest mit der Vorgabe unterbrochen, den restlichen Arrest nach Wiedereröffnung der Jugendarrestanstalt zu vollstrecken.

  1. Aufschub der Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen

Zur weiteren Entlastung des rheinland-pfälzischen Strafvollzuges und insbesondere zur Minimierung von Ansteckungsgefahren durch Neuaufnahmen von Gefangenen wurden die rheinland-pfälzischen Staatsanwaltschaften bereits am 13. März 2020 gebeten, gemäß § 455a Abs. 1 der Strafprozessordnung (StPO) ab sofort und bis auf Weiteres die Vollstreckung von Ersatzfreiheitsstrafen aufzuschieben. Von Ladungen zum Strafantritt sowie dem Erlass von Vollstreckungshaftbefehlen wird insoweit abgesehen.

  1. Verschiebung der Klausuren der zweiten juristischen Staatsprüfung

Die für April 2020 vorgesehenen Klausuren der zweiten juristischen Staatsprüfung werden nicht durchgeführt und auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Das Landesprüfungsamt für Juristen ist bestrebt, die schriftliche Prüfung im Juni (2. bis 16. Juni) oder Juli (2. bis 14. Juli) 2020 nachzuholen

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