Kürzere Haft für nicht bezahlte Geldstrafe: Änderungen vorgeschlagen

Die Pläne der Bundesregierung für eine Halbierung der sogenannten Ersatzfreiheitsstrafen stoßen bei Experten auf ein geteiltes Echo. Jenny Lederer vom Deutschen Anwaltverein schlug bei einer Anhörung von Sachverständigen im Rechtsausschuss des Bundestages am Montag eine weitreichendere Reform vor. Anstatt die Zeit, die jemand wegen einer nicht bezahlten Geldstrafe hinter Gittern verbringen muss, zu reduzieren, wäre es besser, hier zwischen Zahlungsunwilligen und Zahlungsunfähigen zu unterscheiden. Nur bei denjenigen, die nicht zahlen wollten, sollte die Ersatzfreiheitsstrafe vollzogen werden.

Die Ersatzfreiheitsstrafe «funktioniert nachweislich nicht als Druckmittel», sagte die Kriminologin Nicole Bögelein aus Köln. Drei von vier Menschen, die wegen nicht bezahlter Geldstrafen einsitzen müssten, seien arbeitslos. Mehrere Experten forderten, Bagatelldelikte wie das Fahren ohne gültigen Fahrschein vom Vergehen zur Ordnungswidrigkeit herabzustufen.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung sieht vor, dass ein Tag Ersatzfreiheitsstrafe künftig nicht mehr einem, sondern zwei sogenannten Tagessätzen entsprechen soll. Dadurch würde sich die Zeit hinter Gittern halbieren. Die Höhe des Tagessatzes orientiert sich grundsätzlich am Einkommen des Beschuldigten.

Mit der Frage, ob das Schwarzfahren künftig keine Straftat mehr sein soll, beschäftigt sich der Entwurf zur Überarbeitung des Sanktionenrechts nicht. Laut Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) soll diese Möglichkeit aber demnächst geprüft werden.

Der von ihm vorgelegte Entwurf zum Sanktionenrecht sieht auch vor, dass der Katalog der Gründe, die bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind, erweitert werden soll. Der Paragraf des Strafgesetzbuches, in dem «rassistische, fremdenfeindliche, antisemitische oder sonstige menschenverachtende» Motive aufgezählt werden, soll um «geschlechtsspezifische» und «gegen die sexuelle Orientierung» gerichtete Beweggründe ergänzt werden. Damit hätten etwa Männer, die Gewalt gegen Frauen ausüben, weil sie glauben, sie dürften über das Leben der Frau bestimmen, höhere Strafen zu erwarten. Die Anpassung soll auch für Taten gelten, die sich gegen die trans- oder intergeschlechtliche Identität von Menschen richten.

Das sei «symbolhafte Identitätspolitik», kritisierte die Richterin am Bundesgerichtshof, Angelika Allgayer. Dafür sei das Strafrecht der falsche Ort.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen