Hohe Verluste bei Leipziger Gasgroßhändler VNG im Geschäftsjahr 2022

Weggebrochene Lieferbeziehungen mit Russland und hohe Ersatzbeschaffungskosten haben dem Leipziger Gasgroßhändler VNG im vergangenen Jahr herbe Verluste beschert. Das Konzernergebnis lag im Geschäftsjahr 2022 bei minus 337 Millionen Euro, wie Bodo Rodestock, Vorstandsmitglied für Finanzen und Personal, bei der Bilanzpressekonferenz am Dienstag sagte. Seinen Angaben nach hatte VNG im Vorjahr noch ein deutlich besseres Konzernergebnis von 141 Millionen Euro erzielt. Um Deutschlands drittgrößten Gasimporteur zu stabilisieren, sei zuletzt auch eine Erhöhung des Eigenkapitals nötig gewesen.

«Das Jahr 2022 hat uns vor ungeahnte Herausforderungen gestellt», sagte Rodestock. «Die extrem hohen Ersatzbeschaffungskosten, die wir stemmen mussten, um die weggefallenen russischen Lieferungen zu kompensieren, haben uns in eine beispiellose finanzielle Situation gebracht.» Im vergangenen August seien die Preise für eine Megawattstunde Erdgas an der Börse zwischenzeitlich auf weit über 300 Euro gestiegen. Ein Jahr vor dem Kriegsbeginn in der Ukraine hatten die Preise laut Rodestock bei 20 Euro gelegen. Das über viele Jahre aufgebaute Eigenkapital sei innerhalb weniger Monate nahezu komplett aufgezehrt worden, sagte Rodestock.

Der Vorstandsvorsitzende Ulf Heitmüller bezeichnete den russischen Angriffskrieg als «Wendepunkt» für die deutsche Energiewirtschaft und auch für das Unternehmen VNG. «Die Versorgungssicherheit ist in Deutschland keine Selbstverständlichkeit mehr», sagte er. Die Erdgasbezüge sollen daher künftig auf eine «noch breitere Basis» gestellt werden. VNG sei in Gesprächen mit möglichen Lieferanten im nordafrikanischen Raum und im Nahen Osten. Außerdem komme zusätzliches Gas von etablierten Lieferanten wie etwa aus Norwegen.

Finanzvorstand Rodestock betonte, dass es VNG im vergangenen Jahr trotz allem gelungen sei, die Kunden, darunter Industriebetriebe und rund 400 Stadtwerke, stets rechtzeitig und gemäß den Vertragskonditionen zu beliefern. Die im Dezember beschlossene Eigenkapitalerhöhung um 850 Millionen Euro habe dazu beigetragen, dass sich das Unternehmen wieder stabilieren konnte. Zuvor war bereits bekanntgeworden, dass VNG mehrere Hundert Millionen Euro vom Staat erhalten soll. Die verbleibenden wirtschaftlichen Belastungen sollten gemeinsam mit den Anteilseignern getragen werden, hieß es.

Die Verwaltungs- und Beteiligungsgesellschaft VUB, in der die ostdeutschen Stadtwerke organisiert sind, hat bis zum 31. Mai 2023 Zeit, ihren Anteil an der Kapitalerhöhung zu zahlen. Laut einem Sprecher der Leipziger Stadtwerke gibt es dazu noch keine Entscheidung. «Es werden nach wie vor Gespräche auf verschiedenen Ebenen geführt», sagte er der dpa.

Sollte die VUB das Bezugsrecht nicht wahrnehmen, fällt dieses an die Anteilseigner EnBW und OEW Energie-Beteiligungs GmbH.

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