„Wer an Europa zweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen“ – Traditioneller Aschermittwochstreff

im Taktischen Luftwaffengeschwader 33

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Geschwaderkommodore Oberst Andreas Korb bedankt sich beim Bundeswehrbeauftragten des
Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Oberst a.D. Joachim Unruh für den gelungenen
Vortrag zum Thema „Gedenken“.

Cochem/Brauheck. Gut 200 geladene Gäste folgten in diesem Jahr der Einladung des Kommodore zum Aschermittwochstreff des Taktischen Luftwaffengeschwaders 33 am 05. März 2014 in die Fliegerkaserne nach Cochem/Brauheck, darunter der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, Peter Bleser und die Staatssekretärin im rheinland-pfälzischen Innenministerium, Heike Raab, sowie eine ganze Reihe weiterer Vertreter aus der Politik und den umliegenden Gebietskörperschaften und Kommunen. Ebenfalls anwesend war eine Vielzahl ehemaliger Angehöriger aus der Führungsriege des Verbandes, allen voran der ehemalige Geschwaderkommodore und amtierende Kommandeur des Kommandos Einsatzverbände der Luftwaffe, Generalleutnant Martin Schelleis.Der Gastgeber und Kommodore Oberst Andreas Korb ging zu Beginn der Veranstaltung ausführlich auf den TORNADO-Absturz vom 16. Januar ein. Er skizzierte dabei das von der Unglücksmaschine durchgeführte sogenannte TACAN (Tactical Air Navigation) – Anflugverfahren. Die Besatzung habe sämtliche Pflichttore exakt getroffen, bevor die Maschine plötzlich vom Radar verschwunden sei, betonte Oberst Korb. Da die Flugunfalluntersuchungen noch laufen, konnte er zur Absturzursache weiterhin keine Angaben machen und bat um Geduld bis zum Vorliegen des Abschlussberichtes.

Oberst Korb betonte erneut, wie erleichtert er sei, dass bei dem Absturz niemandem etwas Ernsthaftes zugestoßen ist. Vor allem die Flugzeugbesatzung habe in mehrfacher Hinsicht Glück gehabt; während der Pilot mit seinem Rettungsschirm in einem Baum hängen geblieben war, war der Waffensystemoffizier auf dem Mittelstreifen der Autobahn gelandet. Seinen Dank richtete der Kommodore noch einmal stellvertretend an die anwesenden Vertreter der Behörden und Kommunen, die an der Rettung der Besatzung und der Absicherung der Unfallstelle beteiligt gewesen waren und dabei erstklassige Arbeit geleistet hätten.

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200 geladene Gäste beim Aschermittwochstreff im TaktLwG 33.

Besonders bedankte sich Oberst Korb auch für die Unterstützung und die Anteilnahme, die dem Geschwader und seinen Angehörigen nach dem zweiten Unfall am 22. Januar zuteil geworden war. Dabei war ein Auto bei Nacht in eine Gruppe marschierender Soldaten der Fliegerhorstgruppe gefahren und hatte sieben Soldaten zum Teil schwer verletzt. „Was mich wirklich beeindruckt hat, war das ehrliche Interesse aus Ihren Reihen. Das beweisen viele Telefonate, E-Mails, Briefe, aber auch persönliche Gespräche“, sagte Oberst Korb mit Blick auf die Anwesenden. Er wolle alles daran setzen, dass die guten Beziehungen des Verbandes zur Bevölkerung und zu den umliegenden Städten und Gemeinden weiterhin auf einem stabilen Fundament stünden. Zu dem letzten nach dem Unfall noch im Krankenhaus liegenden Soldaten vermeldete Oberst Korb, dass dieser bald mit Reha-Maßnahmen beginnen könne.

Thema des diesjährigen Gastvortrages zum Aschermittwochstreff war „Gedenken – gestern und heute“, vorgetragen vom Bundeswehrbeauftragten für Rheinland-Pfalz, Hessen und das Saarland des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Oberst a.D. Joachim Unruh. Ausgehend von den in diesem Jahr anstehenden Gedenktagen – z.B. jährt sich in diesem Jahr der Beginn des Ersten Weltkrieges zum 100. Mal und der Beginn des Zweiten Weltkrieges zum 75. Mal – spannte Oberst a.D. Unruh einen historischen Bogen durch die wechselvolle Geschichte des Kriegsopfergedenkens in Deutschland. Vor allem in Bezug auf den durch die Nationalsozialisten entfachten Zweiten Weltkrieg führte er vor Augen, wie schwierig das Gedenken sein kann und wie wichtig dabei die Unterscheidung zwischen Opfern und Tätern ist.

 

Oberst a.D. Unruh resümierte, dass die millionenfachen Opfer der verheerenden Weltkriege keineswegs zu einer Besinnung der Menschheit auf friedliche Umgangsformen geführt hätten. Seit Ende des Zweiten Weltkrieges habe es weltweit nur 26 Tage ohne Krieg gegeben – alle im September 1945 unmittelbar nach Ende Krieges. Dennoch seien gerade der andauernde Frieden in Mitteleuropa und der europäische Einigungsprozess ein positives Ergebnis vorangegangener Kriege. Dabei zitierte er den ehemaligen luxemburgischen Premierminister Jean-Claude Juncker mit den Worten: „Wer an Europa zweifelt, wer an Europa verzweifelt, der sollte Soldatenfriedhöfe besuchen.“

 

Angesichts der wachsenden zeitlichen Distanz zu den Weltkriegen und der Tatsache, dass die Generationen, die diese miterlebt hätten nach und nach ausstürben, sprach Oberst a.D. Unruh von einem Wandel des Gedenkens. Während Kriegsgräber früher in erster Linie Orte der Trauer und des individuellen Gedenkens gewesen seien, müssten sie zunehmend – gerade für die nachwachsenden Generationen – zu Lernorten der Geschichte werden. Zur Aufarbeitung der Geschichte gehöre dabei auch, dass der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V. nach wie vor Jahr für Jahr etwa 40.000 Kriegstote berge und auf ordentliche Friedhöfe umbette.

 

Auch den neuerlichen Umgang mit getöteten Bundeswehrangehörigen thematisierte Oberst a.D. Unruh. So wie das Wort „Gefallene“ für in Kampfhandlungen bei Auslandseinsätzen getötete deutsche Soldaten wieder neu in Gebrauch komme, so betrete man auch mit dem Gedenken an sie unwegsames Neuland. Das Ehrenmal der Bundeswehr am Berliner Sitz des Bundesministeriums der Verteidigung oder die Möglichkeit der Einrichtung von Ehrengräbern der Bundeswehr seien ebenso wie die Schaffung eines „Waldes der Erinnerung“ am Sitz des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr in Potsdam wichtige, aber keineswegs unwidersprochene Schritte. Daneben gebe es eine Reihe von privaten Initiativen, die insbesondere die neuen Medien wie das Internet nutzten, um auch im virtuellen Raum mit Gedenkvideos etc. neue Formen der Erinnerung zu schaffen.

 

Nicht zuletzt durch die Präsentation zweier höchst emotionaler Videosequenzen gelang es Oberst a.D. Unruh mit seinem Vortrag das Publikum des Aschermittwochstreffs ganz in das Thema „Gedenken“ mit einzubeziehen und Gesprächsstoff für den anschließenden Empfang – vielleicht sogar darüber hinaus zu liefern.

 

Text: Thomas Müllen

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