Sparkasse EMH stellt neue Struktur ihrer Geschäftsstellen vor

Landkreise Bernkastel-Wittlich und Cochem. Der 15.12.2016 ist wahrlich kein guter Tag für die Belegschaft der Sparkasse Eifel-Mosel-Hunsrück (EMH) gewesen. Von einem „Schwarzen“ Tag zu sprechen, wäre sicherlich übertrieben, auch wenn die Nachricht zu einem denkbar schlechten Zeitpunkt kam.

Die Nullzinspolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) zeigt inzwischen deutliche Auswirkungen, die auch eine Sparkasse mit einem Bilanzvolumen von 2,7 Milliarden nicht unberührt lassen kann. Auslöser für die Entscheidung seien auch die Veränderungen im Geschäftsverhalten der Kunden.

sparkasse_51_16Immer weniger Kunden besuchen die Filialen, sie nutzten stattdessen Onlinebanking. All diese Faktoren haben zwangsläufig Auswirkung auf die Wirtschaftlichkeit einer Sparkasse. Unumgänglich dieser Entwicklung entgegenzuwirken, musste nun auch die Sparkasse EMH reagieren und, ähnlich wie die meisten Sparkassen in ganz Deutschland auch, die Struktur ihrer Geschäftsstellen neu aufstellen.

Künftig 16 statt wie bisher 29 Geschäftsstellen

Bei einer kurzfristig anberaumten Mitarbeiterversammlung, am 15.12.2016, in Hetzerath wurden die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von ihren drei Vorständen darüber informiert, dass ihre Sparkasse EMH im Geschäftsgebiet insgesamt 13 der bisher 29 Geschäftsstellen und 15 SB-Standorte zum 1. Februar 2017 schließen wird. Die Entscheidung, welche Filialen schließen müssen, habe man sich nicht leicht gemacht, sagte Sparkassen-Vorstandsvorsitzender Edmund Schermann.

Keine betriebsbedingten Kündigungen

Von dem Strukturwandel betroffen sind nicht nur Kunden, sondern auch 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Sparkasse. Sie sollen in anderen Filialen eingesetzt werden und dort im Idealfall weiter Ansprechpartner ihrer bisherigen Kunden sein. Trotzdem werden auch Jobs abgebaut. In den kommenden zwei bis drei Jahren werden etwa 70 Sparkassen-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter planmäßig in den Ruhestand verabschiedet. Einen Großteil des künftigen Einsparpotentials kann auf diese Weise kompensiert werden.

Betriebsbedingte Kündigungen werde es nicht geben, der Stellenabbau erfolge im Rahmen der natürlichen Fluktuation, betont Edmund Schermann ganz deutlich. Mit den 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird es persönliche Gespräche geben und man wird eine einvernehmliche Lösung für jeden Betroffenen finden.

13 Geschäftsstellen werden geschlossen

Die Sparkassenzweigstellen Piesport, Longkamp, Mülheim, Binsfeld, Lieserbrücke (Wittlich), Wengerohr, Zeltingen-Rachtig, Kröv, Enkirch, Bausendorf, Bullay, Bruttig-Fankel und Brauheck werden zum 01.02.2017 komplett geschlossen. Auch die SB-Automaten werden dort wegfallen. Die Mobile Geschäftsstelle wird ebenfalls ihren Dienst einstellen. Sie wird kaum noch benutzt.

15 SB-Standorte werden abgebaut

Folgende SB-Standorte werden zum 01.02.2017 aufgelöst: Brauneberg, Büchel, Dreis, Gonzerath, Großlittgen, Hasborn, Landscheid, Laubach, Lieser, Osann-Monzel, Pünderich, Trarbach, Wittlich-Bombogen, Wittlich-Friedrichstraße und Wittlich-Industriegebiet.

Der Vorstandsvorsitzende der Sparkasse EMH Edmund Schermann sagt mit Recht: „Ein Filialnetz, ähnlich wie in den 80er Jahren anzubieten, ist in der heutigen Minuszinsphase unbezahlbar“. Beispiel: Im Jahre 1991 gab es noch 112 Geschäftsstellen im Geschäftsgebiet. Faktisch ist es so, dass die Geschäftsstellen in den betroffenen Orten immer seltener aufgesucht werden, heißt es weiter. Zudem werden etwa alle 15 Jahre Modernisierungsmaßnahmen notwendig, die im Durchschnitt weit über 200.000,-  Euro pro Geschäftsstelle betragen.

Verwaltungsrat hat entschieden

Der Beschluss, das Filialnetz auszudünnen, fiel in enger Absprache zwischen Verwaltungsrat und Vorstand. „Mit der Anpassung der neuen Geschäftsstellenstruktur stellt die Sparkasse wichtige Weichen, um auch zukünftig wettbewerbsfähig zu bleiben“, sagt der Vorstandsvorsitzende.

Der neuen Struktur der Sparkassen-Geschäftsstellen hat der Verwaltungsrat der Sparkasse EMH einstimmig zugestimmt. Die Sparkasse ist in kommunaler Hand und hat einen öffentlichen Auftrag zu erfüllen. Deshalb gehören dem Verwaltungsrat die beiden Landräte Gregor Eibes und Manfred Schur und jeweils sechs Mitglieder der beiden Kreistage, sowie sieben Angestellte der Sparkasse an.

Träger der Sparkasse EMH sind die beiden Landkreise Bernkastel-Wittlich und Cochem-Zell.

Schermann: „Die Sparkasse habe darauf geachtet, dass auch künftig jeder im 2.000 qkm großen Geschäftsgebiet seine Sparkasse gut erreichen könne. Das Geschäftsmodell der Sparkasse ist und bleibt im Kern das einer Bank, nämlich präsent sein und die Bevölkerung mit Geld zu versorgen. Das bleibt auch weitestgehend gewährleistet, sagt der Vorstandsvorsitzende.

Immer mehr Kunden besuchen die Internetfiliale der Sparkasse

Dass eine solche Standortentscheidung früher oder später anstehen würde, war bereits vor zwei, drei Jahren absehbar gewesen. Das Onlinegeschäft nimmt bei allen Sparkassen stark zu – auf einen Besuch in der Geschäftsstelle kommen heute laut Sparkassenanalyse fast 300 Kontakte über die bundesweit einheitliche Sparkassen-App und über 100 Besuche in der Internetfiliale der Sparkasse.

Ängste einer Unterversorgung müssen Kunden nicht haben. Die Sparkasse EMH hat immer noch ein dichtes Dienstleistungsnetz.

Um allen Kundenanfragen gerecht zu werden, sei zudem die Erreichbarkeit des Service-Centers ausgebaut worden. Dort kann man montags bis samstags anrufen und Bankgeschäfte abwickeln. Mo. bis Fr. sogar bis 20:00 Uhr.

EZB macht die Vorgaben

Fakt ist, anders als Geschäftsbanken haben die Sparkassen in unserem Land keine andere Chance, als ihre Geschäfte über Spareinlagen oder Sparmaßnahmen zu refinanzieren. Und erstere werfen aufgrund der von der EZB verordneten niedrigen Zinsen seit langer Zeit keine Gewinne mehr ab. Viel mehr ist es so, dass die Sparkassen für Geldanlagen bei der EZB 0,4 % Strafzins an die EZB bezahlen muss. Ebenso schwer wiegen höhere Kosten wegen der gestiegenen regulatorischen Anforderungen. Deshalb war die Neustrukturierung unumgänglich. Das Einsparpotenzial der Geschäftsstellen- und SB-Automatenschließungen beziffert der Sparkassen-Vorstandsvorsitzende Edmund Schermann mit einem niedrigen siebenstelligen Betrag pro Jahr.

Schwer verständlich, aber wichtig

Es geht der Sparkasse nicht darum, durch die neuen Strukturen die Gewinnmargen zu steigern, sondern den Rückgang bei der Profitabilität zu verringern. Wegen des geringen Zinsniveaus stehen alle Sparkassen und Volksbanken besonders unter Druck, da sie einen Großteil ihres Geschäfts mit der Annahme von Spargeldern und der Vergabe von Krediten machen. Der deutsche Sparkassen-Verband rechnet damit, dass die Betriebsgewinne der öffentlich-rechtlichen Geldinstitute bis 2019 um 20 Prozent im Vergleich zu 2014 zurückgehen werden. Nichts zu tun und nur zu warten, bis sich das Schreckgespenst „Null- bzw. Niedrigzins“ verzogen hat, wäre für eine Sparkasse oder Volksbank „Selbstmord auf Raten“. Der Trend zu einem grobmaschigeren Filialnetz der Sparkassen und Volksbanken ist in Deutschland überall zu erkennen. Es ist kein Phänomen, dass nur die Sparkasse EMH betrifft.

Zusatz-Info

Im Geschäftsgebiet der Sparkasse EMH gibt es 199 Ortschaften. In 29 Orten war die Sparkasse bisher vertreten. In Zukunft wird sie in 16 Ortschaften vertreten sein. Derzeit beschäftigt die Sparkasse EMH 580 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Davon sind 270 Teilzeitkräfte und 15 Auszubildende.


EAZ-Kommentar

Auch wenn die Entscheidung aus geschäftlicher Sicht nachvollziehbar ist, wird es vor allem die Orte treffen, die eh schon strukturelle Schwierigkeiten haben. Erst verschwindet das Lebensmittelgeschäft aus dem Ort, dann die Bank – das ist ein katastrophales Signal. Gerade für ältere Bürger ist das nicht einfach. Man muss sich nicht wundern, wenn in vielen Gemeinden langsam überall die Lichter ausgehen. Die Verantwortlichen der Sparkasse sollten ihre neuen Strukturen gut überdenken und weitere „Schließungen“ weitestgehend verhindern. Das dichte Netz an Zweigstellen war ja gerade das, was für die Sparkassen und die Volksbanken spricht. Ob alle Entscheidungen erfolgreich werden, wird sich zeigen. Ansonsten sollten sich die Verantwortlichen auch trauen, gegenzusteuern.

Wie heißt es so schön im Sparkassengesetz: „Sie haben durch geeignete Einrichtungen den Sparsinn der Bevölkerung zu pflegen und den bargeldlosen Zahlungsverkehr in jeder Weise zu fördern“. Wenn einige Filialen unwirtschaftlich sind, sollte das nicht zu Lasten der dortigen Bevölkerung gehen, sondern müsste vom gesamten Sparkassenverbund aufgefangen werden.

Die Kehrseite der Medaille: Auf einen Besuch in einer Sparkassen-Geschäftsstelle kommen durchschnittlich 280 Bankkontakte per Telefon, über den SB-Automaten oder online. Diese Entwicklung spricht wiederum für die neue Struktur der Sparkasse EMH.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen