Das große Apothekensterben hat begonnen

Ulmen. „Wir streiken!“ oder „Es reicht!“ oder „Jeden Tag stirbt eine Apotheke!“ Mit solchen oder anderen Aussagen hatte auch die Löwen-Apotheke in Ulmen ihre sonst immer schön und abwechs-lungsreich dekorierten Schaufenster zugeklebt.  In der Apotheke herrschte am Streiktag lediglich ein Notbetrieb. Apothekerin Christina Schäfer bediente ihre Kundschaft ausschließlich alleine – auch wenn damit oft einige Wartezeiten für ihre Kunden verbunden waren. Aber sie wollte damit Solidarität zeigen und ein „bewusstes und wohl durchdachtes Zeichen setzen, dass das große Sterben der Apotheken, das vor allem im ländlichen Raum nicht erst begonnen hat, sondern schon weit fortgeschritten ist, zu verhindern.“ Und sie legte jedem Kunden, der sich für diese Problematik interessierte, ausführlich dar, dass die Apotheken seit 2004 von den Krankenkassen den gleichen Satz für verschreibungspflichtige Arznei-mittel erhält. „Seit nunmehr acht Jahren hat keine Anpassung mehr stattgefunden, aber alle Kosten in den Apotheken sind erheblich gestiegen. Die Inflation ist um 15 Prozent, die Löhne unserer Angestellten sind um rund 18 Prozent gestiegen und vom Strom, dem Benzin für das Fahrzeug, mit dem wir unsere Kunden in den umliegenden kleinen Dörfern beliefern und den Mieten ganz zu schweigen,“ stellt die Ulmener Apothekerin fest. „Aber das ist noch lange nicht alles: Die Einnahmen der gesetzlichen Krankenkassen sind in den vergangenen acht Jahren um 28 Prozent gestiegen und sie erzielen derzeit Milliardenüberschüsse.“

Unter anderem aus diesen Gründen hat sie sich entschlossen, an einem Streik der Apotheken teilzu-nehmen, der einen Tag lang in den Bundesländern Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und dem Saarland andauerte. „Jede Woche schließen in der Bundesrepublik Deutschland sechs Apotheken. Im kommenden Monat schließt die erste Apotheke im benachbarten Vulkaneifelkreis. Die Beschäftigten gehen in die Arbeitslosigkeit und es sind vornehmlich Frauen davon betroffen.“

Und was sagt die Kundschaft in der Löwen-Apotheke? „Das ist eine riesengroße Sauerei der politisch Verantwortlichen, dass man die Apotheken so im Regen stehen lässt“, beschwert sich eine Kundin, die aber namentlich nicht genannt werden möchte und ein anderer Kunde bemerkt: „Wenn auch in unserer Gegend das große Apothekensterben beginnt, dann müssen wir noch weitere Wege fahren, um an unsere Medikamente zu gelangen. Und das betrifft vor allem uns ältere Menschen, weil wir eben öfter und mehr Arzneimittel benötigen.“

Um das alles und so vieles mehr zu verhindern haben die Apotheken nun gestreikt. „Wir fordern, dass wir eine gerechte und kostendeckende Entlohnung für unsere verantwortungsbewusste, kundenorientierte und gute Arbeit und die unserer Angestellten von den Kassen erhalten, sodass wir unseren Versorgungsauftrag zum Wohl der hier lebenden Menschen ausüben können. Nicht mehr wollen wir, aber das wollen wir mit all unserer Kraft erreichen“, so Christina Schäfer abschließend, „denn auch unsere pharmazeutische Arbeit muss sich wieder lohnen.“

Wilfried Puth
 

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