Matthias Josef Mehs: Tagebücher

Wittlich. Er ist einer der wenigen Ehrenbürger der Kreisstadt: „Mätti Mehs“, ehemaliger Bürgermeister, christlich – konservativ bis in die Fußspitzen, fleißig und auf vielen Gebieten interessiert und engagiert.

Beinahe jeder Wittlicher wusste von den Tagebüchern des Ehrenbürgers der Stadt, Matthias Josef Mehs. Aber außer der Familie kannte sie niemand. Nun haben Schwiegersohn Günter Wein und Enkelin Dr. Franziska Wein die Tagebücher im Kliomedia Verlag in Trier veröffentlicht. Die Stadtbücherei Wittlich und das Kulturamt der Stadt Wittlich freuen sich, die beiden Bände mit den Tagebucheinträgen, die Matthias Josef Mehs im Zeitraum vom November 1929 bis zum September 1946 schrieb, der Öffentlichkeit präsentieren zu dürfen.

Zur Präsentation der Neuerscheinung laden die Stadt Wittlich und der Kliomedia Verlag am Freitag, 17. Juni 2011, 19 Uhr, in die Kultur- und Tagungsstätte Synagoge in Wittlich ein. Nach der Begrüßung hält der Wittlicher Historiker Felix Posnien einen hochinteressanten Vortrag über das Thema „Widerstand in den Tagebüchern von Matthias Joseph Mehs“. Im Anschluss bittet die Stadt Wittlich zu einem Weinempfang. Der Eintritt ist frei.

Wittlichs Altbürgermeister (1893–1976) war ein akademisch geschulter, lokal- und kunstgeschichtlich engagierter Gastwirt und christlich-konservativer Politiker. Seine politische Tätigkeit fällt in drei ereignisreiche Jahrzehnte deutscher Geschichte: Von 1929 bis 1933 war er Stadtverordneter in Wittlich und Vorsitzender der Zentrumsfraktion im Stadtrat; nach 1945 gründete er die CDU in Wittlich, von 1946 bis 1953 war er CDU-Stadtverordneter und ehrenamtlicher Bürgermeister, von 1949 bis 1953 Abgeordneter im 1. Deutschen Bundestag. Den Wittlichern hinterließ er nicht nur wunderbare Kunstwerke an öffentlichen Gebäuden sondern auch die „Säubrennerkirmes“, zahlreiche Aufzeichnungen zur Lokalgeschichte und eine wunderbare Bibliothek.

Mehr politisch als intim

Mehs führte in den Jahren 1929 bis 1946 kein intimes Journal, sondern ein politisches, das Ausdruck und Spiegel seiner intellektuellen und moralischen Statur ist. Seine Aufzeichnungen sind – denjenigen Victor Klemperers durchaus vergleichbar – über das individuelle Lebenszeugnis hinaus eine sehr aufschlussreiche Quelle für die allgemeine deutsche Geschichte. Er ist nicht Reporter und Kommentator von lokalen Ereignissen und Entwicklungen, die er bis 1933 als Stadtrat an prominenter Stelle mit gestaltet und verantwortet hat, sondern Chronist eines Zeitgeistes und eines Zeitgeschehens, die außerhalb seiner persönlichen Verantwortung liegen und die er im Wesentlichen ablehnt oder missbilligt.

Matthias Joseph Mehs hat mit starkem Selbstbewusstsein, tief verwurzelten Überzeugungen und guten Kapazitäten die Zeit des Nationalsozialismus und den Zweiten Weltkrieg im großen Ganzen unbeschadet überstanden.

Der Reiz der Tagebücher liegt nicht zuletzt darin, dass ihre Leser dem Prozess des (Über)Lebens Tag für Tag nachspüren und einen vielseitigen Einblick in die Mikrogeschichte der Stadt Wittlich und die Makrogeschichte Deutschlands während dreier Jahrzehnte gewinnen können. Vor allem aber vermitteln die Tagebücher von Matthias Joseph Mehs sehr anschaulich, wie das Ende der Weimarer Republik, das Dritte Reich, der Zweite Weltkrieg sowie Kriegsende und Neubeginn im Westen Deutschlands erlebt und erfahren wurden.
 

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