Liebenswerte Hingucker auf Allzumenschliches Gerhard Vormwald zeigt „Trans“ im Alten Rathaus

Bis zum 3. Februar 2013 zeigt Gerhard Vormwald (63) rund 100 eigene Fotoarbeiten in der Galerie im Alten Rathaus Wittlich. „Malerei mit fotografischen Mitteln“ versucht der bescheidene Künstler mit Weltruf eine eigene Beschreibung. Beim Pressegespräch gibt sich der Professor für Fotografie an der Fachhochschule Düsseldorf begeistert von den Räumen im Alten Rathaus, die seine vielschichtigen und unterschiedlichen Werke unterstreichen, gliedern und den Besucher zum Verweilen einladen. Nur auf den zweiten und dritten Blick offenbaren sich zum Beispiel seine in den letzten Jahren entstandenen „Ideal-Landschaften“. Er beschreibt sie als „Bildkompositionen, die mittels Montage von Versatzstücken en passant (im Vorbeigehen) entstehen“.

Viele der gut 100 Arbeiten in der Galerie im Alten Rathaus bannen den Blick, irritieren in der Komposition und fesseln zugleich. Damit hebt sich Vormwald bewusst nicht nur von Motiven der wahllos „Knipsenden“ ab, die wegen des immer billiger werden Speicherplatzes viele Bilder gleich ungesehen auf der Festplatte ablegen. Er will sich auch gezielt von der schnell konsumierbaren Bildsprache der Werbefotografie abheben, die in wenigen Augenblicken eine gezielte Botschaft vermitteln und zum Kaufen verführen muss.

Jede Generation kann in  der Wittlicher Ausstellung „Trans“ für sich Spannendes entdecken oder wieder erkennen. Drei Werkgruppen ziehen sich wie ein roter Faden durch die Räume. Mit viel technischem Aufwand plante, inszenierte und baute Vormwald beispielsweise in den 1980er Jahren seine Motive mit scheinbar fliegenden Menschen im Atelier. Vieles, aber nicht alles kann im 21. Jahrhundert der Computer ersetzen.

Dabei erinnert Gerhard Vormwald, dass Maler, Grafiker oder Fotografen schon immer in ihrem subjektiven Blick der Welt optimiert, ergänzt oder weggelassen haben: Der weiße Farbtupfer des Malers verstärkt den Augenreflex in der Pupille eines Menschen. Und mit Beginn der Fotografie wird auf den Abzügen retuschiert und coloriert, mit der Schere korrigiert, doppelt belichtet, geklebt oder montiert und erneut abfotografiert zum scheinbar perfekten Negativ und Bild.

Heute tupft Vormwald auch digital, unterstützt mit Spezialprogrammen, vorbeifliegende Vogel an den Himmel. „Die natürlich immer am Himmel unterwegs sind. Nur ausgerechnet nicht dann, wenn ich  abdrücken will“.

Durch die Jahrzehnte hat sich Vormwald den fast schon begnadeten kindlich-unschuldigen Blick auf das Wunder von Mensch und Natur bewahrt. Ein abgeknickter Baum in der Nähe seines Hauses offenbart in der Idealisierung Vormwalds dann dessen vom Sturm geschlagene und für ihn tödlich endende Wunde im Stamm ebenso wie eine auf den ersten Blick farbenfrohe Raststätte an der Autobahn oder nur scheinbar montierte Brückenfluten nahe Genua. Eine Bodenplatte wird mit wenigen Ergänzungen von gemauerten Giebeln zu Pyramiden-Bauplätzen eines neuzeitlichen Pharaos. In einer Hausbaustelle sitzt der Schattenriss des Künstlers selbst am Fenster. Nicht, weil er sich selbst verwirklichen wollte, sondern weil er genau dort ins Fenster passte.

Immer wieder fallen ihm jenseits der eingeschlagenen Pfade zu Wohnort, Ausstellung und Vorlesung Motive auf und zu.  Auch auf seinen monotonen wöchentlichen Fahrten von Paris zu seiner Lehrtätigkeit nach Düsseldorf wird er fündig.
Bei dieser Vollkommenheit glaubt man kaum, dass viele Motive „nur“ mit einer durchschnittlichen digitalen Kamera in Westentaschengröße als ständigem Begleiter festgehalten wurden, die Vormwald auch in Wittlich dabei hat.

Die unerschöpfliche kreative Basis legte die Mutter, die dem Einzelkind und frühen Halbwaisen Vormwald viele Freiheiten ließ und ihm den Rücken von Alltäglichem freihielt. Gut gemeint meldete sie ihn auch auf einer örtlichen Kunstschule an. Doch nach nur einem Besuch war Vormwald schon klar: das kann ich schon alles. Was soll ich da noch lernen?

Die mütterliche Freiheit bei der kreativen Förderung und Begleitung hat Vormwald übernommen und überträgt sie auch auf seine Studenten in Düsseldorf: Er will ihnen nicht seinen Stil aufzwingen, sondern leitet sie so an, dass sie zu ihrem ganz persönlichen Stil finden und so unverwechselbar werden.

Der Stadt Wittlich stellt er ungefragt ein großes und professionelles Lob für die Zusammenarbeit aus und für das Angebot, hier ausstellen zu können. Große und reiche Städte würden sich nicht den Luxus leisten, der Fotografie diesen Raum zu bieten.

Mit dem Werk Georg Meistermanns ist er „seit Kindesbeinen“ vertraut. Das Alte Rathaus erinnert ihn an Erlangen, wo er ebenfalls eine Auswahl seines umfangreichen Schaffens ausstellen konnte. Werke von Vormwald hängen längst im Museum Ludwig in Köln, im Kodak-Eastman House in Rochester (der Heimat des Kodak-Rollfilms) oder im Centre Pompidou Paris. Ein breiteres Publikum kennt seine Arbeiten zum Beispiel als Bühnenfotograf am Nationaltheater Mannheim, als Werbefotograf und als Fotojournalist zum Beispiel für den STERN. Ähnlich wie der Wittlicher Tony Munzlinger arbeitete er auch für das Satiremagazin PARDON.
Zum Sommersemester 2013 wird er seine Lehrtätigkeit an der FH in Düsseldorf beenden. In der Landeshauptstadt konnte er 1986 eine seiner ersten Ausstellungen zeigen, die Professor Klaus Honnef eröffnete, der für ihn auch in Wittlich  zur Eröffnung von „Trans. Gerhard Vormwald. Arbeiten mit Fotografie“ die Laudatio hielt (siehe dazu auch „Seite 3 in dieser Rundschau). /hg

Mehr unter www.gerhardvormwald.de
 

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