Kopernikus-Preis 2012 für deutsch-polnische Zusammenarbeit verbindet Großlittgen mit Poznan

Für ihre Verdienste um die deutsch-polnische Zusammenarbeit in der Wissenschaft erhielten der Wirtschaftsinformatiker Professor Erwin Pesch aus Siegen / Großlittgen und der Informatiker Professor Jacek Błaz˙ewicz aus Poznan den Kopernikus-Preis der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und der Stiftung für die polnische Wissenschaft (FNP).

„Die beiden Wissenschaftler leisten hervorragende Forschungsarbeit, engagieren sich für den Nachwuchs, kooperieren seit vielen Jahren und ergänzen sich dabei auf optimale Weise“, heißt es in der Begründung der Jury von DFG und FNP. Der Kopernikus-Preis ist mit 100 000 Euro dotiert, ist damit nach dem Leibniz-Preis der höchstdotierte Forschungspreis der DFG  und wurde am 17. September 2012 in Warschau von den Präsidenten der DFG und FNP, Professor Matthias Kleiner und Professor Maciej Z˙ylicz, verliehen. Zur Feier, die im wunderschönen, königlichen Łazienkowski Palast stattfand, waren neben Minister Olgierd Dziekon‘ski, der den polnischen Staatspräsidenten vertrat, ebenfalls Seine Exzellenz Rüdiger Freiherr von Fritsch, Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, erschienen.

Pesch und Błaz˙ewicz erhalten den Kopernikus-Preis für ihre gemeinsame Forschung und die Entwicklung von Algorithmen im Bereich Scheduling und Bioinformatik. Sie kooperieren seit über 20 Jahren. Aus der Zusammenarbeit gingen mehr als 30 wissenschaftliche Publikationen sowie gemeinsame Präsentationen auf zahlreichen Workshops und Konferenzen hervor. Zu den Publikationen der beiden gehören eine international veröffentlichte Monografie mit dem Titel „Scheduling Computer and Manufacturing Processes” sowie das „Handbook on Scheduling”. Fast 20 Doktoranden und Postdocs haben die Forscher gemeinsam betreut. Sie initiierten außerdem ein studentisches Austauschprogramm sowie eine gemeinsame Seminarreihe der Universitäten Siegen und Poznan. Die Weiterführung dieser Aktivitäten und der Austausch von Studierenden werden mit diesem Preisgeld nun entscheidend erleichtert.

Die Kontakte nach Poznan sind die längsten und intensivsten und werden jedoch ergänzt durch die Zusammenarbeit mit Kollegen aus Danzig, Warschau, Breslau und Krakau.

„Ich bin sehr gerne in Polen und ich fühle mich mit dem schönen Land und den netten und äußerst gastfreundlichen Menschen sehr verbunden“, so Pesch. Seine Liebe zum Land teilt auch mittlerweile seine Frau, die als Lehrerin vor fünf Jahren einen Schüleraustausch mit einer Schule in Poznan initiierte. Jedes Frühjahr kommt eine Gruppe von polnischen Schülern hierher, und im Herbst findet der Gegenbesuch in Poznan statt.

Gemeinsam haben beide vor wenigen Jahren begonnen, die polnische Sprache zu lernen; „wir sind jedoch noch weit davon entfernt uns in dieser schwierigen Sprache fließend unterhalten zu können“, so Pesch, „haben aber schnell gemerkt, dass man sich diese scheinbar nur aus unaussprechlichen ‚zisch‘-Lauten bestehenden Sprache systematisch aneignen kann.“

Professor Jacek Błaz˙ewicz absolvierte sein Studium der Regelungstechnik an der Technischen Universität Poznan. Nach seinem Abschluss 1974 hat er dort in den Technischen Wissenschaften an der Fakultät für Elektrotechnik promoviert. 1980 folgte die Habilitation und 1987 die Berufung zum ordentlichen Professor und zum stellvertretenden Direktor des Instituts für Computerwissenschaft. Dessen Labor für Algorithmendesign und Programmiersysteme leitete er seit 1995. Parallel war Błaz˙ewicz von 1994 bis 1999 Professor an der Fakultät für Mathematik und Computerwissenschaft der Adam-Mickiewicz-Universität Poznan und wirkte seit 1999 als Professor am Institut für Bioorganische Chemie der Polnischen Akademie der Wissenschaften. Sein wissenschaftliches Werk umfasst etwa 300 wissenschaftliche Publikationen und 15 Monografien. Błaz˙ewicz erhielt 1991 die EURO Gold Medaille der European Association of Operational Research Societies, 2005 wurde er Senior Member des Institute of Electrical and Electronics Engineers. Die Universität Siegen verlieh ihm 2006 die Ehrendoktorwürde.

Professor Erwin Pesch wurde in Großlittgen geboren, wo er bis zum Abitur 1978 am Cusanus Gymnasium in Wittlich lebte. Er studierte Mathematik und Informatik an der Technischen Universität Darmstadt, wo er in Mathematik promovierte und in Betriebswirtschaftslehre habilitierte. Von 1989 bis 1994 führte ihn sein Weg als Assistenzprofessor an die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften der Universität Maastricht. Von 1994 bis 2001 war er als Professor im Fachbereich Volkswirtschaft der Universität Bonn tätig. Derzeit ist er Inhaber des Lehrstuhles für Wirtschaftsinformatik / Management Information Science an der Universität Siegen. Seine wissenschaftliche Arbeit ist stark interdisziplinär ausgerichtet, seine Forschungsschwerpunkte sind Wirtschaftsinformatik, Entscheidungsunterstützungsysteme, Scheduling und Logistik. Pesch berät erfolgreich zahlreiche Unternehmen. So wird in der Planung der Bodenabfertigung an Flughäfen eine Software genutzt, die auf seinen Algorithmen beruhen. Seine wissenschaftliche Produktivität und Vielseitigkeit dokumentieren vier Bücher, beinahe 150 Veröffentlichungen, viele davon in internationalen Fachzeitschriften, und zahlreiche DFG-geförderte Projekte.

Die beiden Wirtschaftsinformatiker sind das vierte „Wissenschaftler-Tandem“, das den Kopernikus-Preis der DFG und FNP erhält. Der Preis wird seit 2006 alle zwei Jahre jeweils an eine wissenschaftliche Persönlichkeit aus Deutschland und Polen verliehen. Er ist nach dem Astronomen Nikolaus Kopernikus (1473–1543) benannt und soll ein Zeichen der engen Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Polen im Bereich der Forschung setzen. Das Preisgeld kommt zu gleichen Teilen von den beiden Organisationen; die beiden Preisträger erhalten jeweils die Hälfte und können diese Summe für alle wissenschaftlichen Zwecke verwenden, die DFG und FNP mit ihren Programmen fördern. Ein Schwerpunkt soll dabei in der Intensivierung der gemeinsamen Nachwuchsförderung liegen. Neben dem Kopernikus-Preis setzen beide Organisationen bereits seit einigen Jahren Akzente für eine intensive Kooperation in der Wissenschaftsförderung.

„Ich würde mir wünschen, dass unsere Zusammenarbeit, die nun durch den Kopernikus-Preis ausgezeichnet wird, ein bisschen dazu beiträgt, dass sich in Deutschland die Wahrnehmung von Polen verbessert und viel mehr ins Bewusstsein rückt, dass Polen nicht nur das zweitgrößte Nachbarland ist, sondern ein fortschrittliches, wirtschaftlich starkes, kulturell interessantes und landschaftlich sehr schönes Land ist, dessen Menschen uns sehr nahe sind.“, so Pesch abschließend. 

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