Joint-Venture „Mosel-Südtirol“

Reil. Die Großlage „Reiler vom heißen Stein“ an der Mittelmosel unterteilt sich in die Einzellagen Goldlay, Falklay, Mullay-Hofberg und Sorentberg. Inzwischen steht „auf Sorent“ kein einziger Rebstock mehr. Über Jahre hinweg hat ein Winzer nach dem Anderen seinen Weinberg in der Steillage aufgegeben. Mehrere Jahrgänge hintereinander hatten die Weinbergseigentümer wegen enormer Wildschäden nur noch Arbeit, Ausgaben und Ernteeinbußen. Die versuchte Einzäunung und vereinzelte Umstellung auf Umkehrerziehung konnten das Problem nicht beheben und so resignierten die Weinbergsbesitzer und stellten schleichend ab den 90er Jahren die Weinberge im Sorentberg still. Eine ganze Weinbergslage wurde zu nutzlosem Brachland und ist seit Jahren von den Flaschenetiketten verschwunden. Auch das Weingut Julius Treis gab damals 1 ha Riesling auf.
 
Jetzt haben zwei junge Winzersöhne eine Vision. Tobias Treis aus Reil an der Mosel und sein ehemaliger Geisenheimer Kommilitone Ivan Giovanett aus Südtirol/Italien haben eine Entscheidung getroffen: In dem Reiler Sorentberg sollen wieder die bekannt kräftigen Rieslinge wachsen.

Der Aufkauf der Brachflächen und Pflanzrechte hat begonnen. Nach dem Pflanzen von 2 ha Riesling in diesem Frühjahr muss noch eine 1000 m lange Umzäunung die Sonderkultur vor „Wilddieben“ schützen. Mit der Gemeinde und dem Jagdpächter soll diesbezüglich Einvernehmen gefunden werden. Einer alleine hätte sich die vorläufigen Investitionen nicht getraut, aber zusammen wollen die Jungwinzer sich, unabhängig von den elterlichen Weingütern in Deutschland und Italien, noch was Eigenes aufbauen. Nach Aussage der beiden Freunde soll das gesamte Projekt in den nächsten Jahren auf ca. 5 ha erweitert werden.
Die Voraussetzungen
für den Rieslinganbau sind ausgezeichnet:
Der Reiler Sorentberg im Seitental des Alfbaches, in der Nähe der Burg Arras, ist die einzige Reiler Lage in reiner Südrichtung. Die Neigung liegt bei alpinen 70-80 %. Auf dem Boden findet man bei den Arbeiten noch Steine mit Fossilien von der Urmosel, die hier vor 2 Millionen Jahren floß. Der rote mürbe Schieferboden des Reiler Sorentberges ist prägend für mineralische Weine mit exotischer Würze. Ein Weiher am Fußende der Steillage wurde früher zur Frostberegnung genutzt. Im Hinblick auf die Klimaerwärmung bestände auch die Möglichkeit der Tröpfchenbewässerung. Biologischer Weinanbau ist angestrebt. Die frische Kraft der beiden Jungunternehmer, welche mit der Passion um kräftige kräuterwürzige Rieslinge die nationale und internationale Weinwelt bereichern wollen, könnte gut gelingen. Die Absatzwege sind grenzübergreifend schon in Sicht.

Nach dem ersten Notartermin der Beiden im Januar 2012, konnte Theo Treis zur Feier des Tages aus der Schatzkammer noch eine Konter-Flasche mit dem seltenen Etikett vom Reiler Sorentberg auf den Tisch bringen. Alle Anwesenden spekulierten über Qualität und Alter des Ausschankweines, welches man wegen der Güte auf 1979 und wegen der jungen Aromen auf 1982 bis 1986er schätzte. In den Gläsern befand sich dann überraschenderweise jedoch ein noch immer frischer 1973er „Reiler Sorentberg-Schiefer Riesling Spätlese “. Die vibrierende Fruchtsäure der legendären Sorentberger Rieslingweine dürfte ein Trumpf sein, wenn die Klimaerwärmung anhält und die Säurewerte, wie im heißen Sommer 2003, gering ausfallen. So setzten die Beiden jetzt auf die markanten Sorentberger-Moste mit ihrem eigenen natürlichen Süße-Säure-Spiel. Man ist bezüglich der Qualitäten zuversichtlich, denn auch hochkarätige Trockenbeerenauslesen wurden in den Jahren 1976, 1989 und 1994 im Sorentberg gelesen.

Aber jetzt kommt zuerst einmal die Raupe und rückt dem Wildwuchs zu Leibe, bevor dann ausgezeilt wird und 12 000 Reben gepflanzt werden können. Der nächste Jahrgang aus dem besonderen Terroir Reiler Sorentberg dürfte man bei dem leidenschaftlichen Tatendrang dieser zwei jungen Weinbauingenieure und mit Gottes Segen ab 2015 probieren können. 

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