75 Jahre Reichspogromnacht in Wittlich

Mahnwache, Kranzniederlegung und Konzert erinnern an das Verbrechen vom 9. November 1938

Wittlich. Auf dem Marktplatz in Wittlich versammelten sich rund 80 Personen, um sich an einen Tag in Deutschland zu erinnern, der sich in diesem Jahr zum 75. Mal jährte: Am 9. November 1938 fand die Reichspogromnacht statt, verharmlosend lange auch „Reichskristallnacht“ genannt. Nationalsozialistische Verbrecher demolierten jüdische Geschäfte, Wohnungen und Synagogen, stahlen jüdisches Eigentum und demütigten, quälten und ermordeten jüdische Mitbürger. Auch in Wittlich wurde die Synagoge verwüstet; es wurde gestohlen, zerstört und gequält. In Wittlich geschah dies am Morgen des 10. Novembers 1938.Der Arbeitskreis „Jüdische Gemeinde Wittlich“, der gemeinsam mit dem Emil-Frank-Institut und dem Kulturamt der Stadt Wittlich die Gestaltung des Gedenkabends organisierte, zeigte auf die Häuser am Marktplatz, wo einst Wittlicher jüdischen Glaubens lebten. Es war bald jedes Haus, auf das der Schein der Taschenlampe fiel. Nach der einstündigen Mahnwache legte Bürgermeister Joachim Rodenkirch vor der Synagoge einen Kranz nieder und erinnerte voll Trauer an die ehemaligen Mitbürgerinnen und Mitbürger. In der Synagoge folgte das Konzert „In Nürnberg machten sie ein Gesetz“ mit den Hamburger Künstlern Anna Haentjens (Gesang/Rezitation) und Sven Selle (Klavier). Mit dieser Nennung der „Nürnberger Rassengesetze“ von 1935 beginnt die „Ballade von der ‚Judenhure‘ Marie Sanders“ des großen Dichters Bertold Brecht, das dem Konzert seinen Namen gab. Eine wunderbare Mischung aus Liedern und Gedichten folgte.

Aufwühlend wie „Das Lied vom SA-Mann (Brecht/Eisler), verstörend wie „An allem sind die Juden schuld“ (Hollaender/Bizet), tief berührend wie „Ich hab kein Heimatland“ (Friedrich Schwarz) und zu Tränen verführend wie „Leon Wolke“ (André Heller). Die Zuhörerinnen und Zuhörer verließen nach diesem stimmigen Programm nachdenklich und bewegt die Synagoge, dankbar für die einfach passende und treffende Gestaltung des Gedenkens an einen der schwärzesten Tage in der Geschichte Wittlichs, Deutschlands und Europas.

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