Wahlkampfgetöse

Wenn die CDU-Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder und Detlef Seif der rot-grünen Regierung in Nordrhein-Westfalen eine Verzögerungstaktik unterstellen, so ist zuerst einmal zu sagen, daß es sich bei dem fehlenden Teilstück der A1 nicht um einen „Lückenschluß“ (von vielleicht einigen hundert Metern), sondern um einen Autobahnneubau von ca. 30 km Länge handelt.

Was die beiden Herren hier behaupten ist reines Wahlkampfgetöse. Die Herren wissen genau, daß die Probleme seit Jahren bei den Planungsbehörden liegen. Die Planungsbehörden haben von Anfang an eine  umfassende UVP für das gesamte Teilstück der A1 verweigert. Eine Umweltverträglichkeitsprüfung nach modernem Standard (EU) mit der Prüfung wirklicher Alternativen fehlt. Wenn in Ihrem Kommentar davon gesagt wird: „Um möglichst wenige Eingriffe in Natur und Landschaft zu verursachen, werden bei dieser Teilstrecke acht große Talbrücken mit einer Länge von 100 bis 330 Metern errichtet. Weiterhin ist der Bau von sieben kleineren Brücken für Wildtiere vorgesehen, die vor allem in Waldgebieten über die A 1 führen werden.“ zeigt dies, daß Sie die größten Probleme nicht verstanden haben. Gerade die vielen und großen Brücken stellen gravierende Eingriffe in die Natur dar und gerade kleinere Wildbrücken werden von den Wildtieren nicht angenommen.

Die groben Fehler der Planer wie z.B. unzureichende Wildbrücken von nur 25 m Breite (die im neuen NRW-Entwurf verbreitert wurden) statt längerer Tunnelabschnitte wie in Thüringen haben letztlich dazu geführt, daß die Planungen mit dem Vermerk „besonderer naturschutzrechtlicher Planungsauftrag“ im Bundesverkehrswegeplan versehen wurden. Die derzeitigen Planungen widersprechen nach wie vor in eklatanter Weise dem Landesgesetz über Naturschutz und Landschaftspflege und den Forderungen im Raumordnungsbericht der Landesregierung von 1989. Trotz einiger Nachbesserungen bestehen in der Abwasserbehandlung noch erhebliche Mängel. Die Salzfracht würden die Laichgewässer der Ahr und ihrer Zuflüsse schädigen. Dies wurde auch seitens der Wasserwirtschaft bemängelt. Die Schäden an Natur und Umwelt in der derzeitigen Planung sind unausgleichbar.

Wenn die CDU-Bundestagsabgeordneten Patrick Schnieder und Detlef Seif neue Arbeitsplätze, prosperierende Gewerbegebiete für die Region versprechen sind sie entweder schlecht informiert oder sagen bewußt die Unwahrheit. Entwicklungsschübe wie sie mit der Fertigstellung der A61 in den frühen 70er Jahren verbunden waren, werden sich nicht wiederholen. So berichtete der Tierische Volksfreund am 13.6.2005 über die enttäuschten hohen Erwartungen, die mit der Fertigstellung der A 60 zwischen Bitburg und Wittlich verbunden waren. Die große Hoffnung auf ein Jobwunder ist längst verpufft. Auf den prophezeiten Boom warten die Eifelgemeinden noch heute. Das Gleiche wird für den geplanten Neubau der A 1 gelten.

Beton ernährt nur wenige Menschen, eine gewachsene Kulturlandschaft jedoch viele Menschen.

Wenn jemand behauptet: „Die Nord-Süd-Verbindung der A 1 von der Ostsee bis zur französischen Grenze bei Saarbrücken gehört besonders für den internationalen Transitverkehr zu den wichtigsten Bundesautobahnen Deutschlands“. Da muß man bezweifeln ob der Betreffende schon einmal eine deutsche Straßenkarte in der Hand gehabt hat. Natürlich wird eine neue Autobahn Verkehr anziehen, egal wo sie gebaut wird.

Daß der Neubau des A1 Teilstückes der Tourismusbranche neue Perspektiven eröffnen soll, da Urlauber das Erholungsgebiet viel schneller und angenehmer erreichen können, ist wohl auch reine Phantasie. Ein zerstörtes Stück der schönsten Eifel wird keine Urlauber anziehen und einige Minuten längere Fahrzeit zum Urlaubsziel werden Urlauber in Kauf nehmen. Ein intakter Naturraum ist das Kapital der Zukunft und wird über den Tourismus Arbeitsplätze schaffen. Die Menschen werden erkennen, daß Politiker, die den Rezepten der Vergangenheit nachhängen (Autobahnen und Gewerbegebiete allerorten), die Probleme der Zukunft nicht lösen werden.

Ulrich Vogel, 
Winnerath

 

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