Leserbrief: Zum Rücktritt von Heinz Onnertz: Kritik am Landrat darf kein Tabu sein!

Als Mitglied der Bürgerunion Vulkaneifel wurde ich in den letzten Tagen von einigen Bürgern kritisch gefragt, warum die BUV mit der CDU im Kreistag „plötzlich gemeinsame Sache“ mache und warum man – gemeinsam mit der CDU – einen in der Bevölkerung „beliebten“ Landrat „abgesägt“ habe. Manche Bürger beriefen sich auf den von Landrat Onnertz erhobenen Vorwurf, dass es im Kreistag „eine andauernde Blockadepolitik von CDU, BUV und Linken gegen die Vorschläge der Verwaltung“ gebe. Da ich nicht Mitglied des Kreistags bin, kann ich zu diesen Fragen und Vorwürfen nur als Beobachter Stellung nehmen – was ich im Folgenden versuche.

Es gibt im Kreistag keine Fraktion, die über eine eigene absolute Mehrheit verfügt. Eine formelle Koalition aus zwei oder drei Parteien, die gemeinsam eine absolute Mehrheit hätten, gibt es auch nicht. Aufgrund der Zusammensetzung des Kreistags werden politische Entscheidungen mit wechselnden Mehrheiten getroffen. Im Kreistag gibt es insgesamt 38 Sitze (CDU 14, SPD 8, FWG 5, BUV 5, FDP 4, Grüne 1, Linke 1). Auch der Landrat hat eine Stimme. BUV und CDU sind somit, wenn sie gemeinsam eine Mehrheit erreichen wollen, immer auf wenigstens eine weitere Stimme angewiesen.

Meinen Informationen zufolge wurden viele Entscheidungen im Kreistag seit der letzten Kommunalwahl im Jahre 2009 einvernehmlich oder zumindest mit großen Mehrheiten getroffen. Ein politisches „Lager“ von CDU und BUV mit Ulli Meyer (Die Linke) als willfährigem „Mehrheitsbeschaffer“ hat es in diesen Fällen nicht gegeben. Von einer „andauernden Blockadehaltung“ kann man daher nicht sprechen.

In bestimmten, ausgewählten Fragen haben CDU und BUV meines Wissens zusammengearbeitet und dann im Kreistag nach Mehrheiten gesucht. Und diese Mehrheiten wurden dann nicht durch Ulli Meyer (Die Linke) „beschafft“, auch Kreistagsmitglieder von FDP und FWG haben mit CDU und BUV gestimmt. Dass zwei Parteien, die in bestimmten Fragen einer Meinung sind, im Parlament nach Mehrheiten suchen, ist ein urdemokratischer Vorgang! Was würde wohl die Bevölkerung denken, wenn BUV und CDU sich einer Zusammenarbeit in für den Landkreis wichtigen Fragen (z. B. Gebietsreform, Einrichtung eines beruflichen Gymnasiums in Gerolstein) verweigern würden, nur weil sie im Falle der gescheiterten Sparkassenfusion Gegner waren!?

Interessant erscheint der Vorwurf von Herrn Onnertz, dass sich die – meines  Erachtens nicht vorhandene – „andauernde Blockadepolitik“ ständig gegen die „Vorschläge der Verwaltung“ gerichtet habe. Mit Verlaub: Die Mitglieder des Kreistags wurden nicht auf die Verwaltung – oder gar auf den Landrat persönlich – vereidigt. Wenn die Mandatsträger zuvorderst den Auftrag hätten, für die „Vorschläge der Verwaltung“ zu stimmen, dann könnte man Wahlen und Parlamente auch direkt abschaffen! Gewählte Abgeordnete haben als Vertreter der Legislative die gesetzliche Aufgabe, Verwaltungshandeln zu kontrollieren. Man kann nicht glaubwürdig in Gerolstein das Verhalten der Verwaltung kritisieren (z. B. wegen der schleppenden Umsetzung des „Bürgerbrunnens“ und des Winterdienstes) und dann auf Kreisebene den Kopf in den Sand stecken, nur weil hier ein „in der Bevölkerung „beliebter Landrat“ an der Spitze der Behörde steht. Wenn das Verwaltungshandeln des Landrats Anlass zur Kritik gibt (wie im Fall „Dieter Grau“), dann muss diese auch geäußert werden können.  

Stephan Lorse, Gerolstein

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