Hausärzte als „Reformgewinner“?

Trotz „Vergütungsreform mit so vielen Gewinnern“ (Dr. A. Köhler, 1. Vors. der Kassenärztl. Bundesvereinigung) und „stark gestiegener Ärzteeinkommen“ (Spiegel, 35/2010) „steuert ein Drittel der niedergelassenen Ärzte in die Pleite“. (ÄZ, 26.02.2010) Das durchschnittliche ärztliche Nettoeinkommen lag 2002 nach Mitteilungen der Ärztezeitung wie auch der Sparkassen bei 1750 Euro mit fallender Tendenz, da aus dem realen Punktwert für ärztliche Leistungen von gut 3,5 Cent (vor 20 Jahren etwa 10 Pfennig!) eine Unterdeckung für Leistungen von etwa 30 Prozent besteht. (s. MT, 5. Sept. 2010)

Nach 26 Jahren vertragsärztlicher Tätigkeit habe ich 2009 wegen der „grassierenden Bürokratisierung“ (Dr. A. Köhler), an der sowohl Krankenkassen als auch KBV und KVen kräftig mitgewirkt haben, und wegen der „dunklen Honorarzukunft“ (MT, 03.09.10) auf meine vertragsärztliche Zulassung verzichtet. Seitdem hat sich der überbordende Bürokratiewust in meiner Praxis um etwa 80 Prozent vermindert. Die Versorgungsqualität der Patienten (nicht nur Privatpatienten) verbessert sich dagegen deutlich, da man seine Zeit wieder den Patienten und sinnvoller medizinischer Fortbildung widmen kann statt sich zum „Facharzt für ICD10-Verschlüsselung, QVZ, Regelleistungsvolumen, Richtgrößen, rez. Regressangst und Orientierungspunktwerte“ entwickeln zu müssen. („Alles- bloß nicht Hausarzt werden“, erklärten 50 Prozent der angehenden Ärzte – „drohende Regressforderungen von Krankenkassen machten eine Niederlassung unattraktiv.“ (ÄZ, 21.09.10) Das o.g. Nettoeinkommen bleibt dagegen wegen der möglichen Kostensenkung und der reduzierten Steuerprogression erfahrungsgemäß in etwa gleich.

Ein Gesundheitssystem ohne KVen als „Hilfskörperschaften der Reichsversicherungsordnung für die staatlichen (!) Interessen“ und ohne gesetzliche Krankenkassen würde ohne politisch weltanschauliche Überfrachtung genau so gut funktionieren wie die seit Jahrzehnten funktionierende KFZ-Versicherung. Die FDP hatte ein ähnliches System in Aussicht gestellt- und gleich wieder vergessen. Schade!

Dr. med. F. Kirchen, Gerolstein

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