Pauline Fürstin von Metternich-Winneburg

 Österreichische Philanthropin aus Eifler Adel

Pauline Fürstin von Metternich-Winneburg
Pauline Fürstin von Metternich-Winneburg

Die in Lexika üblichen Einordnungen Paulines von Metternich als „Philanthropin“ (wörtlich: „Menschenfreundin“)  oder „Salonnière“ sind recht unzulängliche Versuche, das Wirken und die außerordentliche gesellschaftliche Bedeutung dieser Frau zu beschreiben. Zu ihrer Zeit gehörte sie zu den berühmtesten Persönlichkeiten der Donaumonarchie und vielleicht des europäischen Hochadels überhaupt. Diese Bedeutung beruhte weder auf einer beruflichen Position noch allein auf ererbten Privilegien, sondern war in erster Linie Ausdruck ihrer besonderen Ausstrahlung und Aktivitäten.  Der hoch angesehene Name des Eifler Adelsgeschlechts von Metternich steht im Fall Paulines sowohl für ihre Abstammung als auch für ihren Ehenamen. Geboren 1836 in Wien als Tochter des für seine Körperkraft bekannten Grafen Moritz Sándor von Szlavnicza, war sie über ihre Mutter Leontine eine Enkelin des berühmt-berüchtigten Staatskanzlers Clemens Fürst von Metternich-Winneburg (1773-1859). Als Zwanzigjährige vermählte sie sich mit Richard Fürst von Metternich-Winneburg (1829-1895), einen Halbbruder ihrer Mutter. In den katholischen Eifeldörfern wäre man damals über eine so nahe Verwandtschaft der Ehegatten entsetzt gewesen. Während es dort die Menschen gewohnt waren, sogar noch für über Urgroßeltern vermittelte Verwandtschaft eine besondere kirchliche Heiratserlaubnis zu benötigen, galten für den Hochadel im Habsburgerstaat andere Maßstäbe. Durch die „Liebesheirat“ (L. Mikoletzky) mit ihrem Onkel gelangte die Gräfin noch näher an den engsten Herrschaftskreis der Habsburgermonarchie. Ihr Mann Richard, einst Spielkamerad des späteren Kaiser Franz-Joseph, zählte bald zu den führenden Männern der österreichischen Diplomatie. Seine berufliche Karriere bestimmte die Lebensstationen Paulines, die jedoch allerorten eigene Zeichen setzen konnte. Das gilt vor allem für jene Jahre, als ihr Mann als österreichischer Botschafter in Paris tätig war. In dieser Pariser Phase (1859-1870) war es Pauline, die die österreichische Vertretung zu einem gesellschaftlichen Mittelpunkt der französischen Hauptstadt machte. Gestützt auf ihre Freundschaft mit Kaiser Napoleon III. und dessen Gemahlin Eugénie gelang es Pauline von Metternich, Politiker, Künstler und Intellektuelle um sich zu scharen und als Katalysator auf die französische Kultur einzuwirken. Als kulturgeschichtlich bedeutsam gilt ihr energischer Einsatz für den jungen und umstrittenen Komponisten Richard Wagner. Nicht zu vergessen ist zudem ihre Rolle bei der Entwicklung von Paris zu einer internationalen Modemetropole. Pauline von Metternich zählte zu den wichtigsten Fans und Förderinnen des englischen Modedesigners Charles Frederick Worth (1825-1895), dem „Vater der Pariser Haute couture” und Begründer des legendären französischen Modehauses House of Worth.

Als 1870 der deutsch-französische Krieg ausbrach und die Kaiserherrschaft Napoleons III. endete, zog sich Pauline nach Wien zurück. In den folgenden Jahrzehnten wurde sie im Großreich Kaiser Franz-Josephs durch ihre sozial-kulturellen Aktivitäten zu einer ungemein beliebten gesellschaftlichen Leitfigur. In mancher Hinsicht agierte sie geradezu wie eine Landesmutter, auch wenn sie dadurch in Konkurrenz zur ganz anders gearteten Kaiserin Elisabeth (“Sissi”) geriet, zu der sie in einem angespannten Verhältnis stand. Fürstin (seit 1897) Pauline von Metternich-Sándor förderte die Gründung von Krankenhäusern und Unfallstationen; die Unterstützung der “Vereinigung zur Erforschung der Krebskrankheit“ oder ähnlicher Vereinigungen war ihr ein Herzensanliegen. In Modefragen blieb ihr Urteil gefragt; hier galt sie zunehmend als eine der schärfsten Kritikerinnen der unbequemen Krinoline, also des im 19. Jahrhundert in Mode gekommenen Reifrocks. Zahlreiche populäre Veranstaltungen in der damaligen Weltmetropole Wien gingen auf die Anregung und den Organisationselan Paulines zurück: Frühlingsfeste im Prater, Konzerte und Theateraufführungen. Die von ihr maßgeblich unterstützte Internationale Theater-und Musikausstellung 1892 in Wien wurde zu einem weltweit ausstrahlenden kulturellen Ereignis. Die auch selbst schriftstellerisch und künstlerisch tätige Pauline von Metternich war zu diesem Zeitpunkt längst eine Ikone der Kultur. Berühmte Maler wie Edgar Degas oder Eugène Boudin hatten sie porträtiert und Komponisten ihr Musikwerke gewidmet.

Das letzte Lebensjahrzehnt der Aristokratin war überschattet von der Katastrophe des Weltkriegs und dem Untergang der Habsburgermonarchie. Als Pauline Metternich-Sándor – Adelstitel waren 1919 in Österreich gesetzlich abgeschafft worden – im Alter von 85 Jahren 1921 in Wien starb, gab es das Kaiserreich Österreich-Ungarn, in dessen Zentrum die einst aus der Eifel abgewanderten Metternichs gewirkt hatten, nicht mehr. Ein Trost mag es der Grande Dame gewesen sein, dass durch ihre drei Töchter zumindest das familiäre Fortleben gewahrt wurde. Verfasser: Gregor Brand

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