Maximilian Friedrich von Königsegg-Rothenfels

Kurfürst und Erzbischof, Sohn einer Gräfin von Manderscheid

In den letzten 100 Jahren des Heiligen Römischen Reiches besetzten Angehörige der Eifler Grafenfamilie von Manderscheid geistliche und weltliche Spitzenpositionen in bedeutenden Regionen des Reiches. Das gilt etwa für Johann Moritz Gustav von Manderscheid-Blankenheim (1676–1763), der fast 30 Jahre lang Erzbischof von Prag war. Bei einem anderen der namhaften Kirchenfürsten wird der manderscheidische Hintergrund oft übersehen, weil man ihn nicht im Familiennamen erkennt: Hinter dem schwäbischen Adelsnamen von Königsegg-Rothenfels des Kurfürsten Max Friedrich verbirgt sich jedoch starkes manderscheidisches Erbe: Seine Mutter, die Gräfin Klara Felicitas von Manderscheid-Blankenheim, war eine Schwester des Prager Erzbischofs. Dass solche Verwandtschaftsverhältnisse in der Feudalzeit eine überragende Rolle spielten, wurde bei der Wahl des 1708 in Köln geborenen Maximilian Friedrich zum Kölner Erzbischof und Kurfürsten im Jahr 1761 deutlich. Seit Generationen waren nur Wittelsbacher an die Spitze von Kurköln gewählt worden; der Sohn der Manderscheiderin konnte – dank günstiger dynastischer Konstellationen und Unterstützung durch die österreichische Kaiserin Maria Theresia – erstmals dieses ungeschriebene Wittelsbacher-Privileg durchbrechen.

Der neue Kurfürst, der 1762 zusätzlich auch Fürstbischof von Münster wurde, ging sowohl im Kölner Kurstaat als auch in Münster nach dem gleichen Muster vor: Er ernannte jeweils die seiner Ansicht nach fähigste Person zum Premierminister und ließ ihr dann weitgehend freie Hand beim Regieren. Im Kurfürstentum Köln wurde dadurch Caspar Anton von Belderbusch (1722-1784) zum mächtigsten Politiker, in Münster war es Franz Friedrich von Fürstenberg (1729-1810). Belderbusch ging – ganz im Sinne des Kurfürsten – energisch gegen die bisher am kurkölnischen Hof praktizierte kostspielige und auf prunkvolle Repräsentation bedachte Politik vor und setzte harte Sparmaßnahmen durch. Während manche Höflinge deswegen auf Belderbusch und seinen Herrn nicht gut zu sprechen waren, zogen andere Untertanen Nutzen aus dem neuen Geist der Sparsamkeit. Zu letzteren gehörte auch Ludwig van Beethoven (1712–1773), der Großvater des gleichnamigen genialen Komponisten. Kurz nach Amtsantritt von Maximilian Friedrich wurde er zum Hofkapellmeister befördert – auch deswegen, weil er ein geringeres Gehalt als sein Vorgänger akzeptierte. Belderbusch und sein Kurfürst blieben der Familie Beethoven gewogen; die ersten drei Klaviersonaten des 12-jährigen Jungkomponisten Ludwig van Beethoven waren Maximilian Friedrich gewidmet (die „Kurfürsten-Sonaten“).

Die Tatsache, dass der Kurfürst das Regierungsgeschäft fast völlig seinem Premierminister überließ, wurde öfters als Zeichen von „Schwäche“ missdeutet. So urteilte 1803 Reichsfreiherr F. E. von Seida und Landensberg über Maximilian Friedrich: „Er war ein äußerst guter Mensch, aber ein schwacher Regent, der die Zügel der Regierung ganz in die Hände seines Ministers gelegt hatte.“ Bei dieser Einschätzung wird verkannt, dass dieses Vorgehen der aufgeklärt-rationalen Denkweise des Kurfürsten entsprach, die auch sonst vielfach zum Ausdruck kam. Warum hätte er sich selbst um Angelegenheiten kümmern sollen, die ein Fachmann besser in seinem Sinn erledigte? Zu den Gebieten, in denen der Kurfürst und sein Erster Minister übereinstimmten, gehörte auch die Kultur- und Bildungspolitik. Nachdem Papst Clemens XIV. im Jahr 1773 den Jesuitenorden aufgelöst hatte, nutzte der Kurfürst diese Situation in seiner Residenzstadt Bonn: Am Ort des bisherigen Jesuitengymnasiums und unter Heranziehung jesuitischen Vermögens wurde eine kurkölnische Akademie gegründet, aus der wenige Jahre später die Bonner Universität hervorging. Diese Maßnahme war bildungshistorisch ähnlich bedeutend wie die Gründung der Universität Münster, die ebenfalls unter Fürstbischof Maximilian Friedrich erfolgte. Trotz seiner aufklärungsfreundlichen Einstellung wurde dessen grundkatholische Haltung nicht bezweifelt. Er hatte vor seiner Wahl die üblichen Schritte einer kirchlichen Adelskarriere durchlaufen und war 1756 zum Priester geweiht worden.

Als der englische Reiseschriftsteller Henry Swinburne 1780 durch Bonn kam, lernte er den 73-jährigen Kirchenfürsten persönlich kennen. Er beschrieb ihn als vitalen, fröhlichen und leutseligen Mann und fügte hinzu: „Er ist unkompliziert und angenehm, da er sein ganzes Leben in Gesellschaft von Frauen verlebt hat, woran er, wie man sagt, mehr Geschmack gefunden hat als an seinem Brevier.“ In seinem letzten Lebensjahrzehnt schätzte der Erzbischof besonders die Beziehung zur jungen Ballett-Tänzerin Isabella Barbieri (gest. 1817 in Bologna). Kritiker warfen ihm dies ebenso vor wie seine Duldsamkeit gegenüber dem wenig sittenstrengen Treiben am kurfürstlichen Hof. Seinem milden Charakter entsprechend war der Kurfürst auch außenpolitisch auf Frieden und Ausgleich zwischen den großen Mächten seiner Zeit bedacht – durchaus mit Erfolg. Zu den betrüblichsten Ereignissen gegen Ende seines Lebens – er starb 1784 – gehörte der verheerende Brand des Bonner Schlosses 1777.

Verfasser: Gregor Brand

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