Marguerite Mongenast-Servais, Frauenrechtlerin, Sozialaktivistin und Publizistin aus Weilerbach

Wer eine der elegant-bürgerlichen Aufnahmen von Marguerite (genannt: „Meisy“) Mongenast-Servais betrachtet, vermutet kaum, dass sie vor einem Jahrhundert zu den  gesellschaftskritischsten Frauen ihres Landes zählte. Ihr Land – das war das Großherzogtum Luxemburg, obwohl sie in der damals preußischen Westeifel geboren wurde. Diese  engagierte Intellektuelle, die später die Oktoberrevolution ebenso begrüßte wie die deutsche Novemberrevolution 1918 und die für umfassende Enteignungen eintrat, stammte selbst aus einer der reichsten luxemburgischen Industriellen- und Politikerfamilien. Ihr Vater war der Ingenieur, Erfinder, Unternehmer und linksliberale Politiker Émile Servais (1847-1928), ihr Großvater der Politiker und Schriftsteller Emmanuel Servais (1811-1890), der als Regierungschef sowie als langjähriger Bürgermeister der Stadt Luxemburg einer der bedeutendsten luxemburgischen Politiker seines Jahrhunderts war. Der Familie Servais gehörten zahlreiche Eisenhütten, darunter auch die in Weilerbach bei Bollendorf; im dortigen Eifler Rokoko-Schloss, das seit 1842 im Familienbesitz war, kam Marguerite 1882 zur Welt. Das prächtige Gebäude war 1780 für den Echternacher Abt Limpach von dem Tiroler Baumeister Paul Mongenast errichtet worden. Auf diesem Schloss feierte Marguerite 1902 glanzvoll Hochzeit mit dem gleichnamigen Paul Mongenast, einem Ingenieur aus der Familie des Schloss-Baumeisters. Ein Jahr später wurde dem großbürgerlichen Paar der Sohn Maurice geboren, 1905 folgte die Tochter Sylla.

Meisy Mongenast-Servais, die in Privatschulen in Luxemburg und Paris eine exquisite Erziehung genossen hatte, griff schon früh mit journalistischen Beiträgen in die gesellschaftspolitischen Diskussionen ihrer Zeit ein und engagierte sich in zahlreichen Vereinigungen, oft an führender Stelle. Zu ihren frühen Kernanliegen zählte eine bessere Ausbildung für „Kinder aller Volksklassen“. Sie wurde Präsidentin des fortschrittlichen    Volksbildungsvereins Hollerich und forderte, dass allen Bevölkerungsschichten Zugang zum Wissensfortschritt ermöglicht werde. Als Hauptgegnerin machte die freigeistige Madame Mongenast die katholische Kirche aus, der sie in scharf polemischem Ton vorwarf, schon die Kinder zur Unmündigkeit zu erziehen. Um diesem von ihr so genannten klerikalen „Hirnkneten“ keine Chance zu geben, rief sie die Eltern auf, ihre Kinder vom Religionsunterricht fernzuhalten. Ein weiteres antikatholisches Kampffeld war für sie die Feuerbestattung. Resolut trat sie für diese damals verfemte Bestattungsweise und überhaupt für die Zivilbestattung ein. In dieser wie in anderen Fragen kam es ihr darauf an, den Einfluss der Kirche zurückzudrängen. Ihr Ziel war die Trennung von Staat und Kirche nach Art der laizistischen französischen Republik.
Als bevorzugtes Publikationsorgan wählte Meisy Mongenast die radikalsozialistische Wochenzeitschrift „Der arme Teufel“, die zeitweise auch das Hauptorgan des luxemburgischen Freidenkerverbandes war. „Libre Pensée“, also freies Denken – das blieb für Madame Mongenast Lebensmotto und Forderung zugleich.

Ein Hauptanliegen ihres gesellschaftspolitischen Engagements bildete der Kampf um die  Gleichberechtigung der Frauen. Das bedeutete damals zunächst Einsatz für das Frauenwahlrecht. Es erboste die Luxemburger Aktivistin, dass auch in ihrem Land – wie in nahezu ganz Europa bis zum Ende des Weltkriegs – den Frauen das Stimmrecht versagt wurde und sie damit „Geisteskranken und Kriminellen“ gleichgestellt würden. Als man im Mai 1919 im Großherzogtum das aktive und passive Frauenwahlrecht einführte,  hatte Meisy Mongenast den Verdacht, dass dies hauptsächlich deswegen geschah, weil die konservativen Anhänger der Monarchie bei einem Referendum zur zukünftigen Staatsform Luxemburgs auf eine Mehrheit der weiblichen Stimmen hofften. Mongenast selbst war eine entschiedene Republikanerin; damit stand sie allerdings, wie das Referendum im September 1919 zeigte, wieder einmal gegen die große Mehrheit der Luxemburger. Die frankophile Sozialistin Mongenast  –  von 1918 bis 1921 war sie Sekretärin der Luxemburger Sozialisten – hatte zuvor vergeblich gehofft, dass die Franzosen erfolgreich Druck zur Einführung der Republik ausüben würden. Anfang der zwanziger Jahre zog sich Meisy Mongenast zunehmend von öffentlichen Aktivitäten zurück, um sich um ihren kranken Mann zu kümmern. Als Paul Mongenast 1922 starb, trat die Sorge für ihre erkrankte Mutter in den Vordergrund.

Als Dichterin verfasste die Pazifistin Mongenast eindringliche Antikriegsgedichte ebenso wie  traditionelle Naturlyrik. Sie war publizistisch und organisatorisch auf etlichen weiteren Gebieten tätig, so zur Verbreitung der Weltsprache Ido oder in der
Girl Guides-Bewegung. Gemeinsamer Nenner blieb stets ihr Glaube, dass eine humanere Welt auf der Basis von Vernunft und Menschenliebe möglich ist. Das Schicksal machte Marguerite Mongenast den Einsatz für diese Ideale früh unmöglich: Sie starb im Juni 1925, kurz vor ihrem 43. Geburtstag.

Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen