Josef Koch

Theologe, Philosophiehistoriker und Cusanusforscher aus Münstereifel

Josef Koch
Josef Koch

Sogar wenn herausragende Geistesgrößen internationale Berühmtheit erlangt haben, wird leicht übersehen, wieviel akribische Forschungsarbeit nötig war und ist, um deren Werk und Leistung genau zu erschließen, zugänglich und verständlich zu machen. Sorgfältige Analyse der kulturellen Vorgeschichte und Zeitumstände ist nötig, um richtig einschätzen zu können, wie Ideen den weiteren Verlauf der Menschheitsgeschichte beeinflussten.

An Bekanntheit stehen die Gelehrten, die zu dieser unersetzlichen Arbeit beitragen, meist deutlich hinter den großen Namen zurück. So verhält es sich auch bei dem Mediävisten Josef Koch, der zu den großen Erforschern des europäischen mittelalterlichen Denkens gehört. Er zählt zu denjenigen Intellektuellen, die die Perspektive auf die erste Hälfte des zweiten Jahrtausends enorm erweiterten und deutlich machten, dass jene oft als „finster“ geschmähte Zeit in ihren geistigen Leistungen weit unterschätzt wird.

Josef Koch wurde 1885 in Münstereifel als Sohn der Eheleute Dr. Carl Koch und Maria Rauen geboren. Sein Vater war Gymnasiallehrer; durch den väterlichen Beruf bedingt zog die Familie nach Düsseldorf um, wo Josef Koch aufwuchs. Nach dem Abitur 1903 studierte er Theologie, Philosophie und Alte Sprachen zunächst am Oberrhein (Freiburg und Straßburg), dann in Bonn. Auf die theologische Ausbildung im Priesterseminar folgte 1908 die Priesterweihe, anschließend war der bildungsbeflissene Priester 13 Jahre lang in Konvikten des Erzbistums Köln tätig. Seit 1913 unterrichtete Koch in seiner Geburtsstadt Münstereifel als Präses am dortigen Konvikt, aber es zeichnete sich nun deutlich ab, dass dies für ihn nur eine Zwischenstation zu einer akademischen Karriere sein sollte. Ein erneutes Studium in Bonn wurde mit der Promotion zum Dr. phil. abgeschlossen. 1921 erlaubte der Kölner Kardinal Schulte dem Münstereifler Priester das Weiterstudium an der päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Spätestens jetzt spezialisierte sich Koch unter dem Einfluss des Jesuiten Franz Pelster auf die Geschichte der mittelalterlichen Theologie und Philosophie. Nach seiner Rückkehr an den Rhein erlaubte ihm das bezahlte, aber kaum mit Verpflichtungen verbundene Amt als Rektor eines städtischen Altersheimes in Köln weiteres wissenschaftliches Arbeiten. Koch, inzwischen auch Doktor der Theologie, habilitierte sich für systematische Theologie und erhielt 1928 einen Lehrauftrag an der Universität Breslau; 1933 wurde er dort Ordinarius für Fundamentaltheologie. Professor Koch blieb bis zum Februar 1945 in Schlesien, dann schlug er sich in seine rheinische Heimat durch. Dass es ihm gelang, bereits bald nach Kriegsende wieder akademisch Fuß zu fassen, erklärte Cusanus-Experte Erich Meuthen mit dem hohen Ansehen, das sich Koch inzwischen durch wegweisende Publikationen erworben hatte. So leitete er seit 1934 die Herausgabe der lateinischen Werke von Meister Eckhart; zudem war er mit der Herausgabe der Predigten von Nicolaus Cusanus beauftragt worden. Im Zentrum der wissenschaftlichen Arbeit Kochs standen damit zwei mittelalterliche Meisterdenker, deren Geistesverwandtschaft er immer wieder betonte und belegte.   

In den ersten Nachkriegsjahren warben besonders die Universitäten in Göttingen und Köln um den Mittelalterexperten. In Köln gab es allerdings Widerstand seitens des einflussreichen Bürgermeisters Robert Görlinger. Der Sozialdemokrat Görlinger meinte, die Stadt Köln könne sich keinen Lehrstuhl für Mittelalterliche Philosophie leisten; er schlug stattdessen die angeblich nützlichere Einrichtung eines „Lehrstuhls für Sozialistische Geisteswissenschaften“ vor. Trotz solcher Einwände wurde Josef Koch 1948 als Ordinarius für mittelalterliche Philosophie nach Köln berufen und mit der Einrichtung eines Instituts für scholastische und mittelalterliche Philosophie beauftragt, das auf seinen Vorschlag hin „Thomas-Institut“ genannt wurde. Als Gründer und erster Direktor dieses anfangs nur mit sehr dürftigen materiellen Mitteln ausgestatteten Instituts trug der Münstereifler entscheidend dazu bei, dass das Institut heute als führende Einrichtung zur Erforschung der Geschichte der mittelalterlichen Philosophie gilt, „von internationalem Rang und in Deutschland sicher an die erste Stelle zu setzen“ (Wolfgang Kluxen). Während die wissenschaftliche Attraktivität des Thomas-Instituts Forscher aus aller Welt nach Köln führte, zog es Professor Koch selbst öfters an die Mittelmosel nach Bernkastel-Kues, wo er dem Geist und den Lebensspuren des von ihm verehrten Universalgelehrten Cusanus am nächsten war. Auch nach seiner Emeritierung widmete sich Professor Koch mit seiner ganzen Arbeitskraft der Erforschung des cusanischen Denkens und Lebens. Bis heute werden Josef Kochs Arbeiten, die auch für das Verständnis anderer Denker von bleibendem Wert sind, vielfach zitiert. Einen Monat vor Konrad Adenauer starb Professor Josef Koch 1967 in Köln. Verfasser: Gregor Brand

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