Johannes Frank

Steyler Missionar aus Niederscheidweiler

Johannes Frank
Johannes Frank

9. November 1900, der Geburtstag von Johannes Frank. Ein symbolkräftiges Datum, bei dem man ins Grübeln über die Unvorhersehbarkeit der Geschichte kommen kann. Wer hat zu Beginn des 20. Jahrhunderts geahnt, dass das nach Wirtschaftsleistung und Bevölkerungsentwicklung scheinbar so unaufhaltsam aufstrebende wilhelminische Kaiserreich, die führende Wissenschafts- und Militärmacht des Planeten, exakt 18 Jahre später nach einer Kriegskatastrophe ohnegleichen am Boden zerstört ist? Dass das nicht minder gewaltige Zarenreich samt Zarenfamilie nicht mehr existieren wird? Wer konnte dem Kind der Volksschullehrerfamilie Frank in Niederscheidweiler prophezeien, dass für das grausame und frühe Ende seines Lebens mörderische Ideologien verantwortlich sein werden, die es bei seiner Geburt noch gar nicht gab?

Johann Matthias Frank, der Vater des späteren Missionars, war gebürtiger Saarburger, seine Mutter Anna Maria Billen stammte aus Spang. Lehrer Frank war 1895 an die drei Jahrzehnte zuvor erbaute Volksschule Niederscheidweiler gekommen und unterrichtete dort acht Jahre lang, später war er unter anderem Lehrer in Gindorf. Sohn Johannes, um dessen Leben die tiefkatholischen Eltern schon vor seiner Geburt sehr gebangt hatten, wurde als Zwölfjähriger Gymnasiast im Missionshaus der Steyler Missionare in St. Wendel – der Beginn einer lebenslangen Verbindung mit den Steyler Missionaren. Auf das Gymnasium folgte 1920 zunächst das Noviziat in der Steyler Niederlassung in Sankt Augustin bei Bonn.

Ein Jahr später ging es zum Studium ans Missionshaus St. Gabriel in Maria Enzersdorf bei Wien, dessen Theologische Hochschule sich einen bemerkenswerten wissenschaftlichen Ruf im Bereich der Völkerkunde und Missionswissenschaft erworben hatte. In St. Gabriel legte der Eifler wenige Wochen vor seiner Volljährigkeit am Michaelstag 1921 seine ersten Ordensgelübde ab. Fünf Jahre später folgten die Ewigen Gelübde, mit denen sich Johannes Frank endgültig dem Steyler Orden anschloss. Mit der am Himmelfahrtstag im Mai 1927 erfolgten Priesterweihe in St. Gabriel erwarb sich Jungmissionar Frank die Möglichkeit, in noch größerem Maß für seinen Orden wirken zu können.

Die nächste Lebensstation des jungen Priesters war von Wien wie von der Eifel gleichermaßen weit entfernt: das Missionshaus St. Adalbert in der ostpreußischen Kleinstadt Mehlsack (heute: Pieniezno/Polen). Im dortigen Steyler Gymnasium unterrichtete der Eifler Mathematik; zu den bedeutendsten seiner Schüler gehörte der namhafte Missionswissenschaftler Karl Müller (1918-2001). Nach der NS-Machtübernahme begann für die den Nazis verhassten Steyler Missionare eine bedrohliche Zeit. Als die Missionsschule 1938 vom NS-Regime geschlossen wurde, wirkte Pater Frank für einige Jahre in Schlesien, ehe er im Zweiten Weltkrieg wieder ins Ermland zurückkehrte, um dort dringend benötigten seelsorgerischen Beistand zu leisten.

Vom ermländischen Bischof Maximilian Kaller (1880-1947) wurde Johannes Frank 1941 zunächst in die Kleinstadt Arys (heute: Orzysz/Polen) geschickt, danach ins Dorf Flammberg (heute: Opalenietz/Polen). Zu den Kriegstoten, die er beerdigte, gehörte im Hochsommer 1944 auch sein 21-jähriger Landsmann Wilhelm Daus aus Oberscheidweiler. Als sich Anfang 1945 in panischer Furcht vor der Roten Armee die Flüchtlingstrecks in Bewegung setzten, blieb Pater Frank bei seinen Gemeindemitgliedern, getreu seinem Motto: „Ein Hirt muss bei seiner Herde bleiben“. Solange es ihm gesundheitlich möglich war, begleitete er die gepeinigten Gemeindemitglieder auf ihrem Fluchtweg und sprach ihnen Mut zu. Als er, von Kälte und Krankheit erschöpft, nicht mehr weiterkonnte, mussten ihn die Flüchtlinge notgedrungen zurücklassen. Bald darauf wurde Pater Frank mit anderen Geistlichen von Rotarmisten verhaftet und verschleppt.

Nach den Forschungen von Professor Jerzy Henry Skrabania SVD ist Pater Frank im Gebiet der ukrainischen Industriestadt Donezk (damals: Stalino) umgekommen, vermutlich bei Zwangsarbeit in den Bergwerken des Kohlereviers Donbass. Auch wenn es noch weiterer Aufklärung der brutalen Details von Franks letzten Lebensmonaten und Lebensstunden bedarf, ist sich Skrabania sicher, dass der Eifler Priester für seinen katholischen Glauben und damit als Märtyrer gestorben ist. Voller Überzeugung setzt sich Skrabania daher für das von den Steyler Missionaren vorangetriebene Seligsprechungsverfahren ein. Dieses Anliegen wird auch in Niederscheidweiler unterstützt, wo man erst in den vergangenen Jahren auf diesen einst früh weggezogenen heiligmäßigen Sohn der Gemeinde aufmerksam wurde. Unvergessen ist das Schicksal Johannes Franks und vieler seiner Glaubensgenossen im Ermland.

Unter Anwesenheit des polnischen Ministerpräsidenten Jerzy Buzek und des ermländischen Bischofs Edmund Piszcz wurde bei Olsztyn (Alleinstein) im Jahr 2001 „Den Ermordeten und Zermarterten in den Jahren 1939 bis 1947. Den Priestern und dem Volk der Diözese” ein Denkmal errichtet, das auch Johannes Frank ehrt. Verfasser: Gregor Brand

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