Jakob Plein-Wagner

So alt und traditionsreich wie der Weinbau an der Mosel ist die Töpferei in der Südwesteifel. Beide Kulturtechniken blühten schon zur Römerzeit in diesen Gebieten. 

Jakob Plein (1836-1903) aus Speicher, einem der uralten Zentren des Eifler Töpfergewerbes, trug bedeutend dazu bei, dieses gallorömische Erbe wieder zu entdecken und zeitgemäß zu erneuern. Heimatgeschichtlich hoch interessiert und kenntnisreich, entdeckte er im Raum Speicher nicht nur Brennöfen, unzählige Tonscherben und ein Brandgrab aus römischer Zeit, sondern entwickelte sich selbst zu einem der ökonomisch, technisch und künstlerisch  kreativsten Meistertöpfer seiner Zeit.

Jakob Plein, Sohn des Töpfers Johann Plein und dessen Ehefrau Anna Maria (geb. Remmy), verkörperte in vielfacher Hinsicht die Südwesteifler Töpfertradition wie kaum ein anderer. Seit vielen Generationen wirkten Angehörige der Speicherer Plein-Familien als Töpfer, Krugbäcker, Keramiker – eine Tradition, die bis zur Gegenwart des 21. Jahrhunderts besteht. Man kann davon ausgehen, dass sich schon 1485 unter den Gründern der Töpfer-Bruderschaft Vorfahren Jakob Pleins befanden. Auch seine  mütterlichen Ahnen entstammten Töpferfamilien, was kein Zufall war: Heiraten innerhalb der gleichen Berufsgruppe waren üblich, was unter anderem dazu führte, dass die Anzahl der Krugbäckerfamilien beschränkt und damit die Konkurrenz übersichtlich blieb. Im Lauf des 19. Jahrhunderts lockerte sich diese Tradition allmählich und Jakob Plein selbst heiratete mit Katharina Wagner eine Bauerntochter aus Beilingen. Aus der Ehe Plein-Wagner gingen 15 Kinder hervor, von denen acht das Erwachsenenalter erreichten, darunter der spätere Neugründer und Abt des Klosters Himmerod, Bruder Hugo Plein (1876–1962).

Wie so viele seiner Ahnen erlernte auch Jakob Plein das Töpferhandwerk. Bis 1868 betrieb er die Krugbäckerei mit einem Gesellen und einem Ofen. Er hielt sich damit an die Regelung der 400-jährigen Zunftordnung der Speicherer Krugbäcker, obwohl er rechtlich seit der Franzosenherrschaft nicht mehr dazu verpflichtet war. 1868 fasste der dynamische Speicherer einen revolutionären Entschluss: Er ließ die uralte Tradition hinter sich, trennte sich von der Töpfer-Bruderschaft und gründete ein Dachziegelwerk. Bald beschäftigte er zwölf Arbeiter. Nicht lange konnte er sich allerdings in dieser Form gegen die industrielle Konkurrenz behaupten. 1884 gab er die Dachziegelproduktion auf und stellte den vorübergehend verkleinerten Betrieb auf andere Töpferprodukte um. Jakob Plein blieb aber davon überzeugt, dass Erfolg nur mittels Massenproduktion, Innovation und Einsatz neuester technischer Mittel zu erreichen war. Als wesentliche technische Neuerung gelang ihm 1886 die Entwicklung eines Milchentrahmers in Sattenform. Die von seiner Firma optimierte und patentierte Milchsatte wurde ein Riesenerfolg: Bis 1910 verkauften die Speicherer davon rund eine Million und wurden mit diesem und anderen Produkten (z. B. Einkochkonservenkrüge, Pökelfleischtöpfe, Geflügeltränken, verzierte Vasen und Krüge) zu einem der bekanntesten Unternehmen des Trierer Landes. 1901 ließ Jakob Plein-Wagner, wie er sich seit geraumer Zeit nannte, sein Unternehmen als OHG eintragen. Auch wenn diese OHG nicht mehr existiert, so lebt Pleins unternehmerisches Werk fort. Aus der „Steinzeugfabrik in Speicher“ ging das PLEWA-Werk hervor, das bis in die Gegenwart mit erfolgreichen Innovationen das keramiktechnische Erbe Jakob Pleins fortsetzt.

Plein selbst, weithin als „der Töpfermeister aus der Eifel“ bekannt, nahm sich neben seiner unternehmerischen Arbeit Zeit für eigene künstlerische Produktionen. Zu seinen Meisterwerken zählt eine Plastik des ihm persönlich gut bekannten legendären Speicherer Pastors J. J. München (1768–1858), den Plein zeitlebens bewunderte. Auch wenn man zu seinem  künstlerischen Schaffen noch die ehrenamtlichen Tätigkeiten – etwa als Mitglied von Kirchenvorstand und Gemeinderat – hinzuzählt oder an Pleins heimatkundliche Arbeiten denkt, hat man den enormen Wirkungskreis dieser Persönlichkeit nicht vollständig erfasst. Wenn mehr als ein Jahrhundert nach seinem Tod Jakob Pleins Nachfahren – wie sein Ururenkel, der Keramik-Ingenieur Michael Plein – sein Erbe bewahren und weiterentwickeln, so erweisen sie damit nicht nur der eigenen Familiengeschichte, sondern der Eifler Kultur überhaupt einen wertvollen Dienst.

Verfasser: Gregor Brand
 

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