Jakob Marx der Jüngere

Mitglieder der Feuerwehr und andere Bürger Bettenfelds versammelten sich am Donnerstagabend des 13. September 1979, um mit einem Fackelzug unter den Klängen der Feuerwehrkapelle zum Haus des Dorfältesten Matthias Eis aufzubrechen, dessen 90. Geburtstag damit feierlich gewürdigt wurde. Wohl niemandem war bewusst, dass es ausgerechnet Matthias Eis gewesen war, der neun Jahrzehnte zuvor vermutlich als erstes Kind in Bettenfeld von dem neuen Pfarrer Dr. Dr. Jakob Marx getauft worden war. Am 11. September 1889 hatte Marx in Bettenfeld seine erste Stelle als Pfarrer angetreten, wo er dann drei Jahre lang amtierte. Für die Bettenfelder war es eine besondere Ehre, einen – noch dazu zweifach – promovierten Pfarrer zu haben, denn das hatte es in der damals schon über 700 Jahre alten Geschichte der Mosenberggemeinde noch nicht gegeben. Der zweite Doktortitel des neuen Pfarrers, eines mittelgroßen humorvollen Mannes mit blaugrauen Augen, war noch ganz frisch. Erst im Juli 1889 hatte Marx in Berlin den Dr. phil. erworben. Das historisch ausgerichtete Thema seiner Doktorarbeit, in der es um das Leben von Papst Gregor IX. (ca. 1167–1241) ging, verriet schon das Hauptinteressengebiet des zukünftigen Professors: die Kirchengeschichte. Jakob Marx wandelte dabei auf vertrauten familiären Wegen: Einige Jahrzehnte, bevor er 1892 von Bischof Korum zum Professor für Kirchenrecht und Kirchengeschichte am Trierer Priesterseminar ernannt wurde, hatte sein Onkel Jakob Marx der Ältere über 30 Jahre lang ruhmvoll die gleiche Professur innegehabt.

Jakob Marx der Jüngere war 1855 in Landscheid als Sohn des 44-jährigen Ackerers Philipp Marx und dessen 32-jähriger Ehefrau Katharina Burg geboren worden. Drei Jahre nach seiner Geburt starb seine Mutter, als Achtjähriger verlor er den Vater. Nach den Angaben des Historikers Dr. Lutsch kümmerte sich die nach Dudeldorf verheiratete Patin und Kusine Barbara Streit (geb. Marx) fortan um den Vollwaisen, ehe er im Trierer Konvikt aufgenommen wurde. Bis zum Tod seines Onkels Jakob des Älteren im Jahr 1876 wurde dieser in Trier zum wichtigsten Angehörigen. Vermutlich motivierte gerade das Vorbild des Priesters und Professors den Neffen, nach dem Abitur 1877 ins Priesterseminar einzutreten. Bald wechselte er, wie seinerzeit etliche Eifler Theologiestudenten, nach Tirol, wo er in Innsbruck 1881 zum Priester geweiht wurde.

Danach kehrte er zunächst in die Eifel zurück, ehe er nach einem Aufenthalt bei den Barmherzigen Brüdern in Koblenz erneut nach Innsbruck aufbrach. Dort erwarb der nun 31-jährige Eifler 1886 den theologischen Doktortitel, danach studierte er weiter: Kirchengeschichte in Frankfurt a. M. und schließlich in Berlin. Längst zielte der Lebensweg des Priesters auf eine Gelehrtenlaufbahn nach Art seines Onkels. Man darf davon ausgehen, dass Marx auch seine Bettenfelder Jahre dazu nutzte, sich durch Lektüre weiterzubilden, soweit seine seelsorgerische Tätigkeit, die auch die Verwaltung der Pfarrei Meerfeld umfasste, dies überhaupt zuließ. Dass Jakob Marx mit großer Arbeitskraft ausgestattet war, zeigte sich besonders in seinen Jahren als Professor. Zu seinen bedeutendsten Veröffentlichungen gehörte ein sehr umfangreiches und vielfach übersetztes „Lehrbuch der Kirchengeschichte“, das seine Schüler mit respektvollem Spott „Der Knoten“ nannten. Alte Bücher und Schriften faszinierten Jakob Marx ungemein, vor allem solche, die sich mit der Geschichte seiner moselfränkischen Heimat befassten. Zahlreiche Berufs- und Hobbyhistoriker haben sich im Lauf der Jahrzehnte in seine „Geschichte der Pfarreien der Diözese Trier“ vertieft, und Marxens „Trevirensia. Literaturkunde zur Geschichte der trierer Lande“ (1909) sind „bis heute unverzichtbar“ (Martin Persch).

Wie sein Onkel, so war auch der jüngere Jakob Marx über sein Professorenamt hinaus für die Trierer Kirche tätig. Seit 1911 war er Promotor – eine Art Kirchenanwalt – und von 1917 an amtierte er als bischöflicher Offizial und Leiter des kirchlichen Ehegerichts. Professor Dr. Dr. Jakob Marx starb 69-jährig am Fest des heiligen Josef, dem 19. März 1924. Seine Bibliothek vermachte er dem Priesterseminar; zum Universalerben setzte er seine Nichte Christine Esch (geb. Marx) aus Landscheid ein. Sein Nachlassverwalter Nikolaus Bares musste allerdings feststellen, dass der große Gelehrte seine Einkünfte in hohem Maß wohltätigen Zwecken zur Verfügung gestellt hatte und bei seinem Tod arm und nahezu mittelllos war. 

Verfasser: Gregor Brand

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