Jakob Marx der Ältere

Zwei gelehrte Priester haben den Namen Marx in Verbindung mit Landscheid bekannt gemacht: Jakob Marx der Ältere (1803–1876) und dessen Neffe Jakob Marx der Jüngere (1855-1924). Beide zählen zu den großen katholischen Kirchenhistorikern des Trierer Landes. Die Marx-Familie kam ursprünglich aus Bergweiler und war erst 1801 durch die Heirat von Peter Marx mit Anna Maria Schmitz in Landscheid ansässig geworden; vermutlich war die Mutter von Jakob Marx dem Älteren eine Verwandte von Peter Schmitz, dem Großvater des Eifeldichters Peter Zirbes. Der ältere Jakob Marx, das dritte Kind von Peter Marx und Anna Maria, wuchs als Untertan Napoleons auf, ehe sein Heimatort 1815 preußisch wurde – in späteren Jahren waren sowohl Frankreich als auch Preußen dem streng konservativen Marx nicht katholisch genug. Nach der Pfarrschule wurde Jakob durch Privatunterricht bei Pfarrer J. B. Otto auf den Besuch des Gymnasiums in Trier vorbereitet, wohin er 1819 wechselte. Bei seinem Abitur 1825 war der Landscheider schon 22 Jahre alt. Solche „Bejahrtheit“ war damals nicht ungewöhnlich, wie später sein mit ihm nicht verwandter Namensvetter Karl Marx feststellte. Zeittypisch war auch, dass der Eifler Abiturient Jakob Marx anschließend im Priesterseminar zu Trier Theologie studierte. 1829 wurde er zum Stolz seines Heimatdorfes zum Priester geweiht, anschließend wirkte er als Kaplan und Religionslehrer in Wittlich an der Seite des späteren Bischofs Arnoldi. Erst in der Lieserstadt zeigte sich, dass das Hauptinteresse des jungen Priesters Marx nicht auf seelsorgerischem, sondern auf wissenschaftlichem Gebiet lag. Kaplan Marx beeindruckte mit gelehrten Artikeln Bischof von Hommer, der den Landscheider für zwei Jahre zum Studium von Kirchengeschichte und Kirchenrecht nach Wien schickte und ihn dann 1836 als Professor dieser Fächer ans Priesterseminar Trier berief. Hier wirkte Jakob Marx fast 35 Jahre lang und beeinflusste zahlreiche Generationen von Theologiestudenten.

Obwohl Professor Marx weder Doktorarbeit noch Habilitation vorweisen konnte, gelang es ihm, sich mit seinen wissenschaftlichen Schriften Anerkennung zu verschaffen. Sein fünfbändiges Hauptwerk zur Geschichte des Erzstifts Trier ist bis heute eine lesenswerte Informationsquelle gerade auch zur Geschichte der Eifel. Noch vor Vollendung dieses Projektes hatte der Eifler 1861 für zahlreiche andere Veröffentlichungen die Ehrendoktorwürde der Universität Breslau erhalten.

Wissenschaft und Priesterausbildung bildeten nur einen Teil der Aktivitäten von Jakob Marx. Der Landscheider war ein höchst engagierter Katholik, der sich auf vielerlei Art für seine Standpunkte einsetzte, unter anderem als Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und als langjähriger Präsident des Katholischen Bürgervereins. Der geschichtsbegeisterte Südeifler wurde Vizepräsident der angesehenen „Gesellschaft für nützliche Forschungen“ und verwaltete Domarchiv und Dombibliothek. Wie der Historiker Dr. Ernst Lutsch (Dudeldorf) nachwies, spielte zudem die lebenslange Verbundenheit mit seinem Geburtsort eine erhebliche Rolle in der Biographie von Jakob Marx. 1847 wurde mit seiner finanziellen Unterstützung ein Bauplatz für eine neue Pfarrkirche in Landscheid gekauft. Der Kirchenbau gestaltete sich nicht zuletzt wegen enormer Streitereien innerhalb des Dorfes schwierig. 1850 schrieb Lehrer Hilarius Follmann, Vater des berühmten Geologen Otto Follmann, an Marx: „So hat denn wirklich alle Ordnung in Landscheid aufgehört, und es herrscht förmlich Anarchie im Kleinen dort.“ Immer wieder griff Jakob Marx mit Geld und ideeller Ermunterung helfend ein.

Betrachtet man das Foto des temperamentvollen Kirchenmannes, so klingt die Schilderung seines Schülers, des Kirchenhistorikers F. X. Kraus, glaubwürdig, der bei Marx gelegentlich „einen Anflug extremer Heftigkeit und Preußenfeindlichkeit“ feststellte. Obwohl Kraus zu den Kritikern von Jakob Marx zählte, bezeichnete er den Charakter des Eiflers als „stets offen und ehrlich, unter einer etwas rauhen und wenig geglätteten Schale eine edle und höchst biedere Seele bewahrend“. In seinen letzten Lebensjahren kümmerte sich der alte Marx vor allem um seinen früh verwaisten Neffen. Dass dieser Neffe später dem Namen Jakob Marx erneut zu großer Ehre verhelfen würde, erlebte Jakob der Ältere nicht mehr. Ein Jahr vor dem Abitur des hoch begabten Neffen vollendete sich in Trier das höchst arbeitsame Leben Jakob Marx des Älteren.

    
Verfasser: Gregor Brand

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