Jacob Omphalius

Jurist, Politiker und Humanist aus Andernach

Viele Menschen aus dem Mittelmeerraum ließen sich im Lauf der Geschichte in der Eifel und am Rhein nieder. Aber der aus dem Altgriechischen abgeleitete Familienname Omphal/Omphalius hat im Fall des Andernacher gleichnamigen Gelehrten einen anderen Ursprung: Wie viele von der Antike begeisterte Gelehrte seiner Zeit übertrug der im Jahr 1500 geborene Jacob Omphalius seinen ursprünglichen Familiennamen „Nabel“ in das entsprechende griechische Wort (omphalos=Nabel). Über den sozial-familiären Hintergrund von Jacobs Vater Bernhard Nabel ist aus Mangel an historischen Quellen ebenso wie über seinen frühen Bildungsweg viel spekuliert worden. Nach dem Omphalius-Biographen Joseph Höveler war Jacob mit der angesehenen  Andernacher Familie Hillesheim nah verwandt, deren bedeutendster Vertreter der hochgebildete Bürgermeister und Humanist Ludwig Hillesheim (1514–1557) ein Zeitgenosse von Omphalius war. Nach Vermutung von Ingmar Ahl, der sich in seiner Dissertation aus dem Jahr 2001 eingehend mit Omphalius befasste, besuchte der Bürgersohn Jacob die städtische Lateinschule seines Geburtsorts. Im damals nicht ungewöhnlichen Alter von 15 Jahren wechselte er – als „Jacobus de Andernach – auf die Universität Köln. Der Name seiner Geburtsstadt begleitete von da an zeitlebens sein Wirken; in seinen Veröffentlichungen wird sein Name oft durch „Andernacensis“ ergänzt. Die Verbindung zum Heimatort wurde auch durch die Freundschaft mit seinem Andernacher Landsmann, dem berühmten Mediziner, Philologen und Humanisten Johann Winter (ca. 1505–1574), aufrechterhalten; ihre Lebens- und Bildungswege verliefen jahrzehntelang parallel. Nach dem Studium in Köln traf man beide als Studenten in Löwen wieder, danach in Paris. Während in Köln lateinische Autoren das Kernstück des anspruchsvollen Bildungsprogramms bildeten, traten in Löwen die Schriften der alten Griechen hinzu. Sichtbares Ergebnis dieses Studiums war bei Omphalius die Kompetenz, selbst mit eigenen Veröffentlichungen in den elitären Gelehrtendiskurs seines  Zeitalters einzutreten. 1529 erschien die erste Publikation des knapp dreißigjährigen Omphalius in Paris. Ob er sich in den Intellektuellenzirkeln der französischen Hauptstadt außer mit Winter noch mit anderen Eiflern traf, ist nicht genau bekannt. Die Möglichkeit dazu bestand jedenfalls, denn mit den Schleidenern Sleidanus und Sturmius hielten sich dort weitere Landsleute auf, die ebenfalls zu den geistigen Glanzlichtern des 16. Jahrhunderts gerechnet werden. An der Pariser Universität, mit über zehntausend Studenten damals die größte in Europa, wurde Omphalius zweimal in das prestigeträchtige Amt eines Prokurators der deutschen Nation gewählt, d. h. er stand an der Spitze der zahlenmäßig sehr starken deutschen Studentenschaft. Nachdem er 1530 den Grad eines Magisters erworben hatte, durfte er selbst Vorlesungen halten. Bald darauf wechselte er jedoch an die Universität Toulouse – ein wagemutiger Schritt. Zwar war die Toulouser Rechtsfakultät europaweit berühmt, aber gerade in jenen Jahren lebte es sich dort besonders gefährlich. 1532 wurde der Juraprofessor Jean de Caturce, ein Anhänger der neuen Lehre Luthers, von der Inquisition in Toulouse verbrannt. 1535 promovierte Omphalius, der sich in religiösen Streitigkeiten stets zurückhielt, in Toulouse. Nicht weniger wichtig als die akademische Qualifikation waren für ihn die ausgezeichneten brieflichen und persönlichen Kontakte, die er zu zahlreichen Humanisten seiner Zeit geknüpft hatte.
Als Omphalius 1537 in die kurkölnische Heimat zurückkehrte, wurde er vom Kurfürsten Hermann von Wied (1477–1552) zunächst als Kölner Vertreter zum Reichskammergericht gesandt und dann 1540 in den kurfürstlichen Hofrat aufgenommen. In den folgenden Jahrzehnten zählte der Andernacher Jurist, der 1545 kurkölnischer Kanzler wurde, zu den maßgeblichen Persönlichkeiten des Rheinlandes. Seine exzellenten juristisch-humanistischen Kenntnisse waren bei Reichstagen ebenso gefragt wie bei zahlreichen Verhandlungen in jener damals so brenzligen Geschichtsphase, als sich die religiös-konfessionelle Zukunft Kurkölns entschied. Trotz der Tageserfordernisse von Politik und Verwaltung fand Omphalius noch die Zeit, auf höchstem Niveau Bücher zur Redekunst, zu Rechtsfragen und zur Staatslehre zu verfassen. Zu seinen Hauptwerken zählt sein Fürstenspiegel, in dem er sich mit der Frage nach der bestmöglichen Herrschaft befasst. Das Buch gilt nicht nur als Schlüsselwerk der Fürstenspiegel-Literatur, sondern als Hauptwerk des politischen Denkens seiner Zeit überhaupt.
Nachhaltig war die familiäre Lebensbilanz des großen Kurkölners. Aus seiner Ehe mit der Kölner Patriziertochter Elisabeth Bellinghausen gingen mindestens sechs Kinder hervor, zu deren Nachkommenschaft namhafte Persönlichkeiten zählen. Dr. jur. Omphalius selbst zog sich nach einem schweren Reitunfall 1562 auf sein Landgut, die „Doktorsburg“ in Wiesdorf (Leverkusen), zurück, wo er 1567 als geadelter und wohlhabend gewordener Mann in hohem Ansehen verstarb. Verfasser: Gregor Brand

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