Gottlob Jacobi

Industriepionier und Eisenindustrieller aus Winningen

Gottlob Jacobi
Gottlob Jacobi

„Ein Mann von seltenen und umfassenden Kenntnissen der praktischen Eisenhüttenkunde, besonders des Schmelzens des Eisens in Hochöfen, Windöfen und Cuppolöfen, sowohl bei Holz- als bei Steinkohlen, rohen und Coaks. Seine Gießerei war musterhaft, seine Grapen (eiserne Töpfe) von einer Leichtigkeit, die kaum etwas zu wünschen übrig ließ; sein Hüttenmaschinenwesen vortrefflich. Er hatte sich selbst eine Dampfmaschine zur Bewegung seines vervollkommneten Kastengebläses bereitet. Er war ein Mann von strenger Rechtlichkeit, für wahre Freundschaft empfänglich und von hohem patriotischen Sinn.“ So fasste der „Neue Nekrolog der Deutschen“ nach dem Tod des Hüttenherrn Gottlob Jacobi (1770-1823) dessen Lebensleistung voller Anerkennung zusammen. Dass sich aus dieser Arbeit einmal ein gewaltiges Industrieimperium entwickeln würde, konnte damals kaum jemand ahnen.Der in Winningen geborene Gottlob Jacobi entstammte väter- und mütterlicherseits protestantischen Familien hochqualifizierter Eisenhüttenexperten. Sein Vater Heinrich war ein gebürtiger Harzer aus der Lutherstadt Eisleben. Im Lauf seines Berufslebens war der kurfürstliche Berginspektor Heinrich Jacobi zu einem der gefragtesten Montanexperten  geworden; der Trierer Kurfürst hatte ihn unter anderem mit der Errichtung der Sayner Eisenhütte betraut. Seine Ehefrau Johanna Maria Ziller (1740-1782) stammte als Tochter eines Berginspektors aus dem gleichen Milieu. Gottlob war das vierte von zwölf Kindern dieser Ehe; dessen ältester Bruder wurde später Bürgermeister von Dresden.

Von Gottlobs Jugendjahren ist wenig bekannt, aber man kann sicher annehmen, dass er in der Tradition von Vater und Großvater auf der Sayner Eisenhütte so früh es ging alles erlernte, was man zur erfolgreichen Leitung einer Eisenhütte brauchte. Möglicherweise hatte sich der junge Jacobi auch vor Ort in der englischen Industrie umgesehen; später gehörte die aufmerksame Beobachtung der bahnbrechenden Fortschritte der britischen Industrie zu den Kennzeichen seines Wirkens. 1790 wurde der kaum Zwanzigjährige – und damit seinerzeit sogar noch Minderjährige – mit dem Bau und der Leitung der Eisenhütte Neu-Essen am Fluss Emscher betraut. Eine Entscheidung von historischer Tragweite, wie sich im 19. Jahrhundert herausstellte: Von den Aktivitäten des jungen Jacobi gingen entscheidende Impulse zum Aufbau der Ruhrgebietsindustrie aus. Gottlob Jacobi wurde wenige Jahre nach seinem Eintreffen im Raum Essen/Oberhausen mit der Führung und Inhaberschaft einer weiteren Eisenhütte betraut, zu der 1808 als dritte die legendäre Gutehoffnungshütte in Sterkrade hinzukam. Bei deren Erwerb hatte Jacobis Verbindung mit der aus Duisburg-Ruhrort stammenden Unternehmerfamilie Haniel eine maßgebliche Rolle gespielt: Im Jahr 1800 heiratete der Winninger die Kaufmannstochter Johann Sophie Haniel. Mit finanzieller Unterstützung der Familie Haniel und in enger Zusammenarbeit mit seinem Schwager Franz Haniel trieb Jacobi den Ausbau der Eisenhütten voran. Jacobi entwickelte den Ehrgeiz, in technischer Hinsicht der höchst innovativen britischen Eisenindustrie zumindest gleichwertig zu werden und überlegte beständig, mit welchen Mitteln die Produktion verbessert werden konnte. Bei diesen Neuerungen – zum Beispiel dem Einsatz der neuen Dampfmaschinen – wurde Jacobi von hochqualifizierten Fachleuten unterstützt, nicht zuletzt von dem Essener Friedrich Krupp, der zeitweise bei Jacobi in Sterkrade arbeitete.

Nachfolger Jacobis als technischer Leiter wurde der westfälische Bauernsohn Wilhelm Lueg (1792–1864). Lueg war ursprünglich Hauslehrer bei den Jacobi-Kindern gewesen – sechs Söhne, eine Tochter – und hatte sich nebenher ein so gründliches Wissen des Hüttenwesens angeeignet, dass ihn Jacobi 1817 zum Hüttenfaktor ernannte. 1819 rückte Lueg durch die Heirat mit Sophie Haniel auch verwandtschaftlich in den Kreis dieser historisch so bedeutsamen Industriellenfamilien ein, die in weiteren Generationen namhafte Persönlichkeiten hervorbrachten. Dazu gehörten beispielsweise Hugo und Hermann Jacobi, zwei Enkel Gottlobs. Während Hugo als Maschinenbauer und Unternehmer führend im Kernbereich der Jacobi-Tradition wirkte, zeichnete sich Hermann als Indologe von Weltruf auf ganz anderem Gebiet aus.

Unter Luegs Leitung nahm die Gutehoffnungshütte einen gewaltigen Aufschwung, der sich sowohl in technischen Pionierleistungen als auch in einem enormen Zuwachs an Beschäftigten zeigte. So sind z. B. Meilensteine des Schiffsbaus – die ersten eisernen deutschen Dampf- und Segelschiffe – mit der Gutehoffnungshütte verknüpft; bereits Mitte des 19. Jahrhunderts fanden im Unternehmen fast 5000 Beschäftigte – darunter sehr viele aus der Eifel – Arbeit und Brot. Im 20. Jahrhundert wurde der Gutehoffnungshütte-Konzern (GHH) zum größten Maschinenbauunternehmen Europas. In all dem kann man auch Denkmale für den Industriepionier Gottlob Jacobi sehen.
Verfasser: Gregor Brand

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