Dominik Konstantin München

Pfarrer, Pädagoge und Philosophieprofessor aus Dudeldorf

163_dudeldorfImmer neu zeigt sich: Die Anzahl namhafter historischer Persönlichkeiten ist nicht gleichmäßig über Familien, Dörfer und Städte verteilt. Diesmal liefert dafür wieder die Dudeldorfer Familie München ein Beispiel. Aus ihr gingen nicht nur der oberste luxemburgische Richter Philipp Karl München und die Speicherer Pfarrerlegende J. J. München hervor, sondern auch deren Cousin, der 1763 als Sohn eines Notars in Dudeldorf geborene Gelehrte Dominik Konstantin München. Eine Generation später findet man – um hier bloß noch diese Beispiele zu nennen – als dessen Neffen den Kölner Dompropst Dr. Dr. Nikolaus München (1794–1881) sowie den Bitburger Wendelin Jurion (1806–1892), der erster luxemburgischer Innenminister und Präsident des Staatsrats war.Nur wenige Monate vor Dominiks Geburt hatten Preußen und Österreich den Siebenjährigen Krieg beendet. Während in Preußen der religionskritische König Friedrich II. regierte, herrschte über Österreich die tiefkatholische Kaiserin Maria Theresia. Aber auch in den österreichischen Landen, zu denen Dudeldorf damals als Teil Luxemburgs gehörte, gewannen die Ideen der Aufklärung an Stärke, verkörpert in Joseph II., der 1765 Kaiser wurde. Den bitteren Konflikt zwischen traditioneller Religion und aufklärerischer Vernunftgläubigkeit erlebte der junge Dominik erstmals an seiner Schule in der Stadt Luxemburg, wo 1773 neue aufklärerische Lehrer an die Stelle der Jesuiten traten – gegen den Wille vieler Luxemburger, die die Neuen „mit einem Steinregen begrüssten“, wie sich München später erinnerte. 1782 schloss der Juristensohn die Schule als Bester ab und begann das Theologiestudium in Trier. Auch in Trier glänzte er durch hervorragende Leistungen, was dazu führte, dass er nach der Priesterweihe 1788 mit 25 Jahren als Theologieprofessor und Prorektor an das Filialseminar in Luxemburg berufen wurde. Man kann es als Zeichen seines Ehrgeizes deuten, dass er bald darauf in die Hauptstadt Wien wollte, aber er beugte sich dem Wunsch seiner Familie, die ihren Erstgeborenen lieber in der Heimat sah. So überließ er es seinem jüngeren Bruder, dem später in Buchholz amtierenden Pfarrer Dr. Wendelin München (1765–1838), in der Habsburgermetropole als Präfekt und Privatlehrer erfolgreich zu wirken. 1791 wurde Dominik München Pfarrer in Schankweiler, 1793 in Diekirch. Zwei Jahre später kam Luxemburg unter französische Herrschaft – für den Theologen aus Dudeldorf kein Problem. Im Gegensatz zur großen Mehrheit der Eifler Geistlichkeit sympathisierte er mit der französischen Revolution. Die Franzosen ernannten ihn zum Bürgermeister (Maire) von Diekirch und fünf weiteren Gemeinden. Anders als die meisten Pfarrer war München bereit, den heftig umstrittenen Eid auf die französische Republik und die Revolutionsverfassung zu schwören. Der Luxemburger Historiker L. Wirion wies darauf hin, dass München dabei nicht aus Karrieregründen handelte, sondern schon lange vorher von den Revolutionsidealen begeistert war. Bei all dem war es kein Wunder, dass München nichts von dem gewaltsam-chaotischen Bauernaufstand der Klöppelkrieger hielt und den Klöppelmännern den Zutritt nach Diekirch verweigerte. Der luxemburgische Schriftsteller Batty Weber (1860–1940) legte dem auf Verständigung bedachten München folgende Worte an die aufgebrachten Bauern in den Mund: „Kanner gleeft mir, git sche‘ ro’eg heem, jidereen un seng Arbecht, an wann d’ Franso’se kommen, dann emfenkt se fridlech a frentlech“. Als einige Jahre später Napoleon die Macht in Frankreich übernahm, war München zunächst begeistert. Seine damalige Napoleon-Verehrung erinnert an die deutscher Geistesgrößen wie Goethe und Hegel. Für den Philosophen Hegel war Napoleon der „Weltgeist“, für Dominik München „ein Mann wie die Welt noch vielleicht keinen gesehen“.
Seit 1803 war München Direktor des Gymnasiums in Luxemburg und unterrichtete selbst  jeden Tag sechs Stunden Philosophie und Rhetorik, wozu ihn seine brillante Beherrschung des Lateinischen und der antiken Quellen besonders qualifizierten. Daneben war Münchens Rat in allen Schulfragen des Wälderdepartements gefragt. In politischer Hinsicht wurde im Lauf der Jahre aus dem einstigen glühenden Napoleon-Verehrer ein desillusionierter Franzosenfeind. Aufsehen weit über Luxemburg hinaus erregte Münchens Festrede vom August 1815 zum Geburtstag von König Wilhelm der Niederlande, dem neuen Herrscher in Luxemburg. Mit flammender Beredsamkeit sprach München im Namen des „zu lange geängstigten, ausgeplünderten und mit Menschenblut durchdüngten Europa“ nun von „Frankreichs und des Corsen Joch“ und geißelte das Nachbarland als „Untier“, dessen „Krallen in der Hölle wurzeln“. Ende 1816 wurde München zum Philosophieprofessor an der neuen Universität Gent ernannt. Mitten in der Arbeit starb er schon zwei Jahre später, erst 55 Jahre alt. Nicht zuletzt ein wichtiges, später aus seinem Nachlass herausgegebenes Manuskript zur Geschichte Luxemburgs zeigte, dass er wissenschaftlich noch viel vor hatte. Verfasser: Gregor Brand

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