Balthasar Fischer aus Bitburg

Für Papst Benedikt XVI. war er einer der maßgebenden Liturgiker des 20. Jahrhunderts. Professor John McKenna (USA) bezeichnete ihn als Giganten und Pionier der liturgischen Bewegung. Kein Zweifel: Der Eifler Theologe Balthasar Fischer, Inhaber des ersten Lehrstuhls für Liturgie in Deutschland, war einer derjenigen, die die heutige Liturgie der katholischen Weltkirche entscheidend beeinflussten.

Balthasar Fischer (1912–2001) wurde in Bitburg als Sohn der Susanne Thomas aus Karthaus und des Volksschullehrers Balthasar Fischer geboren. Ob er sich als „richtiger“ Bitburger fühlte, ist nicht sicher, denn die Fischers waren eine Wittlicher Familie. Der Großvater des Theologen, der wie Sohn und Enkel Balthasar hieß, zählte als Gerbereibesitzer und Stadtrat, vor allem aber als Inhaber der Gastwirtschaft Fischer, zu den bekanntesten Bürgern der Säubrennerstadt. Nach den Schilderungen seines Schwiegersohnes, des Bausendorfer Lehrers und Autors Kaspar Hebler, war dieser Gastwirt und Ex-Gardekürassier ein stattlicher, starker Mann. Hebler: „Er besaß im Gegensatz zu seiner Frau ein sehr ruhiges Temperament, sprach sehr wenig, war, obwohl Gastwirt, äußerst solid, trank in der ganzen Woche kaum eine halbe Flasche Wein. […] Sein Fehler war seine zu grosse Gutmütigkeit.“ Seine Frau Maria Katharina (geb. Arens) war die Tochter eines wohlhabenden Winzers aus Drohn. Außer dem Lehrer Balthasar hatten die Gastleute Fischer – nicht verwandt mit dem Wittlicher Verleger Fischer – noch vier weitere Kinder, von denen zuerst die blondzöpfige Tochter Anna mit Hebler verheiratet war und nach deren Tod ihre Schwester Lucie.
Bei „Balthi“, dem hoch intelligenten Lehrersohn, zeichnete sich der Weg zum Priestertum früh ab. Als Konviktorist besuchte er in Trier das Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. 1931 begann er nach dem Abitur zunächst sein Theologiestudium in Trier, wechselte aber bald nach Innsbruck. Prägend wurde für ihn dort die Begegnung mit Professor J. A. Jungmann SJ, dessen Einsatz für eine Reform der Liturgie ihn beeindruckte. Im Olympiasommer 1936 wurde Fischer in der Heimat von Bischof Bornewasser zum Priester geweiht, kehrte aber danach nach Innsbruck zurück, um dort bei Jungmann mit einer kirchengeschichtlichen Arbeit über den Klerus bei Gregor dem Großen zu promovieren. 1937 wurde Dr. Fischer Kaplan in Neunkirchen/Saar, ehe es 1939–1940 zum Weiterstudium an die Benediktinerakademie in Maria Laach ging. Abt in Maria Laach war Ildefons Herwegen, der wie Jungmann der „liturgischen Bewegung“ nahestand. Diese liturgische Bewegung erhoffte sich von der verstärkten Heranziehung der Laien und einer Reform der Liturgie eine Vertiefung des Glaubens. Sie befand sich damit im scharfen Gegensatz zu den Traditionalisten, die eine Zukunft der Kirche nur in der Abwehr modernistischer Bestrebungen gewährleistet sahen. Balthasar Fischer stand auf Seiten der Reformer und wurde früh von deren einflussreichen Persönlichkeiten – vor allem dem Trierer Generalvikar Heinrich von Meurers – als einer ihrer Besten erkannt und gefördert. Während des Weltkriegs betrieb Fischer neben seelsorgerischen Tätigkeiten ein Habilitationsstudium für Alte Kirchengeschichte in Bonn, das er 1946 erfolgreich abschloss. Vor allem auf Betreiben des energischen Generalvikars von Meurers lehrte er jedoch – seit 1947 als Professor – nicht Kirchengeschichte, sondern Liturgiewissenschaft. Den Trierer Lehrstuhl für Liturgiewissenschaft hatte er bis zu seiner Emeritierung 1980 inne. Sowohl durch seine rund 350 Veröffentlichungen als auch durch seine führende Mitarbeit in entscheidenden Gremien wurde der Eifler zum Vordenker und Gestalter liturgischer Neuerungen. Diejenigen, die sich noch an katholische Messen bis etwa 1965 erinnern, wissen, wie stark sich damals Änderungen vollzogen: Abwendung vom Latein der Messe hin zur Nationalsprache, neue Gesänge und Gebete, andere Altäre, die veränderte Stellung des Priesters, der Übergang zur Handkommunion und vieles mehr. Persönlichkeiten wie Fischer, Papst Johannes XXIII. oder dessen Nachfolger sahen in diesen Reformen eine notwendige Anpassung an die Moderne, glaubten aber zugleich, damit dem Geist der Urkirche näher zu kommen. Professor Fischer, der ausgezeichnet Englisch sprach, warb weltweit für diesen Wandel. Über dessen Berechtigung und Folgen wird weiterhin gestritten. Unbestritten blieben jedoch stets die Herzlichkeit und Herzenswärme dieses tiefgläubigen Eiflers.
 
Verfasser: Gregor Brand
 

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