Anton Hecking – Arzt und Geschichtsschreiber aus Schönberg

295_heckingschild_28_16In der unruhigen Revolutionszeit kurz vor 1800 nahm der junge Arzt Johann Baptist Hecking, Spross einer seit Generationen im Rheinland nachweisbaren Sippe von Wundärzten, im Grenzraum westlich von Aachen seine medizinische Tätigkeit auf und ließ sich schließlich mit seiner Frau Anna Christina (geborene Viené) in Schönberg nieder. In diesem idyllisch gelegenen Dorf an der Our, heute zu St. Vith in Ostbelgien gehörend, wurden dem katholischen Ehepaar mehrere Söhne geboren, die sich als Ärzte, Priester und Geschichtsforscher in ihren jeweiligen Wirkungsorten von der Eifel bis zur Saar hohes Ansehen erwarben. Am 1. März 1849 erlag Johann Baptist Hecking, Patriarch dieser Familie, 75-jährig in Schönberg einem langen Leberleiden.

Sein 1807 in Schönberg geborener Sohn Anton wurde nach dem Besuch der Dorfschule ab 1822 zwei Jahre lang in Malmedy von dem Weltpriester A. L. Chapelle (ca. 1759-1841), dem ehemaligen Subprior der dortigen Abtei, auf den Besuch des Gymnasiums vorbereitet. Ab 1824 besuchten Anton und sein ein Jahr jüngerer Bruder Jacob das Gymnasium in Trier; Jacob Hecking ergriff später – der Familientradition entsprechend – den Arztberuf und ließ sich 1836 in der Westeifelstadt Neuerburg nieder. Nach siebenjähriger Gymnasialzeit studierte Anton Hecking ab 1831 Medizin. Zu seinen akademischen Lehrern an der noch jungen Universität Bonn zählten die herausragenden Medizinprofessoren Christian Friedrich Nasse (1778-1851) und Carl Wilhelm Wutzer (1789-1863). Diesen beiden Medizinpionieren widmete er seine Dissertation über Narbenbildung („De cicatricibus externis“), zusätzlich aber auch seinem innig geliebten Bruder („fratri carissimo“) Franz. Zum Zeitpunkt der Promotion im Jahr 1836 war der fast ein Jahrzehnt ältere Franz Hecking (1798-1881) bereits seit zwei Jahren Pfarrer in Saarlouis-St. Ludwig. Während seiner fast 50-jährigen Pfarrerstätigkeit in dem rasch wachsenden Industriegebiet wurde Franz Hecking vor allem durch sein soziales Engagement zu einer bekannten und geschätzten Persönlichkeit. In späteren Jahren war Franz Hecking Dechant und Domkapitular und gehörte zu den ersten Politikern der Zentrumspartei an der Saar; von 1870 bis 1873 vertrat er im preußischen Abgeordnetenhaus den Wahlkreis Saarburg-Merzig-Saarlouis.

Zurück zu Dr. Anton Hecking, den es nach erfolgreichem Medizinstudium wieder in die Heimat zog: Ab 1837 praktizierte er als Arzt in St. Vith, wo er bis zu seinem Lebensende blieb und sich in dieser Zeit als beliebter Arzt und wegweisender Heimathistoriker großes Ansehen erwarb. Bedeutsam wurde Anton Hecking auch als Familienvater. Sein Sohn Johann Baptist Hecking (1838-1911) wandelte später erfolgreich auf den gleichen Gebieten wie der Vater. Auch bei Johann Baptist findet man das für diese Westeifler Hecking-Familie so typische starke soziale Engagement. 1866 war er in Saarburg zum Armenarzt gewählt worden, später erwarb er sich durch Maßnahmen der Seuchenbekämpfung große Verdienste um Saarburg, wo er schließlich als Kreisphysikus amtierte und den Ehrentitel Geheimer Sanitätsrat führte. Neben seinem aufopferungsvollen ärztlichen Einsatz war Johann Baptist Hecking fast 30 Jahre lang Stadtverordneter in Saarburg und verfasste zudem noch wertvolle Studien zur Geschichte Saarburgs. Auch in dieser Hinsicht war er gewissermaßen das Ebenbild seines Vaters Anton, der in St. Vith in ähnlicher Weise als Stadtverordneter und Heimathistoriker tätig war; bis heute gibt es sowohl in St. Vith als auch in Saarburg eine Heckingstraße. Anton Heckings historische Hauptwerke sind die weit über den lokalen Rahmen hinaus bedeutsamen Bücher „Geschichte der Stadt und ehemaligen Herrschaft St. Vith“ (1875) und „Geschichte der Herren von Schönberg in der Eifel nebst Beiträgen zur Geschichte der Eifel“ (1884). Heckings letzte Buchveröffentlichung erschien 1890 und galt dem Thema „Die Eifel in ihrer Mundart“. Hecking lag viel daran, die kulturelle Identität und die schwierige wirtschaftliche Lage der Eifelbevölkerung zu stärken. Er gehörte zu den frühen und stärksten Unterstützern von Adolf Dronke beim Aufbau des Eifelvereins. In politischer Hinsicht war er – damals für Eifler Katholiken gewiss nicht selbstverständlich – ausgesprochen propreußisch, was auch daran lag, dass er die Modernisierungsbemühungen des preußischen Staates in der Eifel schätzte.

Heute hält vor allem der von dem Bildhauer Gregor Hofmann gestaltete „Dr. Anton-Hecking-Schild“ die Erinnerung an den Arzt und Geschichtsforscher wach. Mit dieser vom Geschichts- und Museumsverein „Zwischen Venn und Schneifel“ (ZVS) verliehenen bedeutenden regionalhistorischen Auszeichnung werden Persönlichkeiten geehrt, die sich im Rhein-Mosel-Maas-Raum, insbesondere im Land zwischen Venn und Schneifel, hohe Verdienste um Geschichtsforschung, Brauchtum und Kultur erworben haben. Dr. Hecking selbst war 1879 für seine ärztlichen und heimathistorischen Verdienste mit dem preußischen Roten Adlerorden geehrt worden. Anton Hecking starb 85-jährig am Samstagabend des 9. April 1892 unerwartet durch Herzschlag.

Verfasser: Gregor Brand

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