Adolf Meyer – Architekturpionier aus Mechernich

Adolf Meyer
Adolf Meyer

Wenn es um die großen Architektur-pioniere der Moderne geht, so werden in erster Linie Namen wie Mies van der Rohe, Le Corbusier und Walter Gropius genannt. In dieser ruhmvollen Reihe ist die Eifel mit Ludwig Mies van der Rohe bereits bestens vertreten. Seit dem 1994 veröffentlichten großartigen Ausstellungsband von Dr. Annemarie Jaeggi mit dem Titel „Adolf Meyer. Der zweite Mann“ ist jedoch klar, dass bei der Frage, wer an der Wiege des modernen Bauens im 20. Jahrhundert stand, noch ein weiterer Eifler genannt werden muss: der 1881 in Mechernich geborene Adolf Meyer. Als Mitarbeiter von Walter Gropius stand der schweigsame, ruhige und überaus zurückhaltende Nordeifler zwar im Schatten des extrovertierten und eloquenten Berliners Gropius, aber für die grundlegenden Bauwerke des Duos war seine Mitwirkung von zentraler Wichtigkeit.

Adolf Meyer war der Zweitgeborene der katholischen Eheleute Wilhelm und Maria Meyer (geb. Schuster). Die Meyers lebten viele Generationen lang als Kleinbauern in Mechernich, ehe Urgroßvater Hubert Meyer als Steiger in den heimischen Bergbau ging. Bergmänner waren auch Meyers Großvater und Vater. Wilhelm Meyer ließ sich zusätzlich zum Hüttenchemiker ausbilden und lebte als hoch respektierter Bürger in seinem Heimatort. Sein von äußerster Gewissenhaftigkeit geprägtes Arbeitsethos war dem Sohn stets Vorbild; über den Einfluss von Adolf Meyers Mutter, einer Westerwälder Arzttochter, ist leider kaum etwas bekannt.

Der 13-jährige Adolf begann nach der Volksschule eine dreijährige Lehre beim Kunsttischlermeister Johann Pauls, ehe er in Schreinerwerkstätten verschiedener Rheinstädte arbeitete und sich nebenher an Abendklassen der Fachschulen fortbildete. Von 1901 bis 1903 unterbrach der Militärdienst beim technisch hochqualifizierten Gardepionier-Eisenbahnregiment in Berlin-Schöneberg die bisherige Ausbildung. Die nächste Herausforderung folgte sofort: Meyer schrieb sich an der Kunstgewerbeschule ein, zuerst in Köln, kurz danach in Düsseldorf. Trotz der für ihn und seine Eltern schwierigen Finanzierung dieses Schrittes verließ Meyer damit endgültig seinen Handwerksberuf. Lebensbestimmend wurde in Düsseldorf der Architekturunterricht. Neben Direktor Peter Behrens übte der niederländische Architekt Johannes L. M. Lauweriks nachhaltigsten Einfluss auf Meyer aus.

Adolf Meyer ragte aus Lauweriks Studenten nicht nur durch seine Studienleistungen heraus, sondern auch durch besondere Aufgeschlossenheit für dessen spirituell basierte Architekturphilosophie. Die entscheidende berufliche Wende erfolgte durch die Berufung von Behrens nach Berlin als AEG-Chefarchitekt. Als einzigen Düsseldorfer Studenten nahm Behrens den Meisterschüler Meyer mit, der dann im Atelier von Behrens Bekanntschaft mit dem jungen Gropius machte. Obwohl beide nach Persönlichkeit und Sozialisation grundverschieden waren, schlossen sie sich ab 1910 im Atelier Gropius zusammen. Ihre Arbeitsweise war laut Jaeggi sehr unterschiedlich: Gropius, zum Zeichnen aufgrund psychischer Hemmung unfähig, breitete seine Ideen verbal eindrucksvoll aus, während die Stärke von Meyer in seiner zeichnerisch-praktischen Umsetzungsfähigkeit lag.

Zu den berühmtesten Schöpfungen von Gropius und Meyer gehörte das 1911 entworfene Fagus-Werk in Alfeld, „das erste und wichtigste Werk des neuen Bauens in Deutschland“ (H. Knocke). Meyer kam es darauf an, „mit einem Minimum an Stoff und Raum ein Maximum an Wirkung“ zu erzielen – Rationalität und Funktionalität wurden entscheidende Stichwörter. Diese Phase der Zusammenarbeit der beiden Architekturpioniere endete 1914, als das Gropius-Büro infolge des Weltkriegs aufgelöst wurde. Ab 1915 leistete der inzwischen mit Auguste Koch verheiratete Meyer Kriegsdienst in technischen Einheiten, unter anderem beim Eisenbahnbau während der Verdun-Schlacht. Ab 1919 arbeiteten Gropius und Meyer erneut im privaten Architekturatelier zusammen. Zusätzlich wurde das legendäre Bauhaus in Weimar zur Wirkungsstätte beider: Gropius wurde Bauhausdirektor, Meyer unterrichtete dort als Meister für Baulehre.

1925 berief der Stadtbaurat Ernst May den Bauhaus-Meister Meyer als Leiter der Bauberatung nach Frankfurt. Meyers Einfluss bei der Gestaltung Frankfurts ist bis heute an verschiedenen Wohnbauprojekten erkennbar. Mit seiner typischen Ernsthaftigkeit widmete er sich 1926 der Formulierung ästhetischer Richtlinien für die Frankfurter Friedhofsordnung. Für Meyer bildeten Friedhofskultur und Grabsteingestaltung wertvolle Kulturzeugnisse. Ähnlich dachte er bei der Neugestaltung der städtischen Reklameordnung. Ihm war es sowohl wichtig, die Ästhetik von Bauten vor allzu aufdringlicher Reklame zu schützen als auch die Reklame selbst künstlerisch zu veredeln. Neben seiner Beratungstätigkeit konzipierte Meyer große Industrieanlagen. Architektonisch bedeutsam wurden seine Entwürfe für das Gaswerk sowie für den Neubau des Prüfwerks 6 der Elektrizitätswerke. Hinzu kam eine Berufung zum Professor und Leiter der Architekturabteilung an der Frankfurter Kunstschule. Mitten aus dem Leben und den Planungen heraus wurde Adolf Meyer im Sommerurlaub 1929 durch tückische Nordseestrudel in den Tod gerissen. Verfasser: Gregor Brand

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