Adela von Pfalzel

Klostergründerin und Äbtissin

Adela von Pfalzel
Adela von Pfalzel

Wo Adela – sie wird bisweilen auch mit den nicht weniger klangvollen Namen Adula oder Adolana genannt – genau geboren wurde, ist ähnlich unbekannt wie bei ihrem Urgroßneffen Karl dem Großen. Diese biographische Ungewissheit, die sich auch auf ihr Aussehen und das Geburtsdatum (vermutlich um 660) erstreckt, ist für die Zeit des Frühmittelalters nichts Besonderes. Ungewöhnlich ist dagegen die Tatsache, dass man den Namen und die Bedeutung dieser Frau aus fränkischem Adel überhaupt kennt. Nur eine winzige Minderheit der Menschen jener Zeit ist namentlich bekannt und nur bei einem Bruchteil davon handelt es sich um Frauen. Zwei Umstände sind es hauptsächlich, die Adela aus der Anonymität der Geschichte herausheben: Einerseits ihre enge verwandtschaftliche Beziehung zur karolingischen Führungsspitze, zum anderen ihr Handeln als Gründerin des Benediktinerinnenklosters Pfalzel – eine Tat, die bleibende Spuren in der Geschichte von Eifel und Mosel hinterließ.

Fangen wir bei Adelas erlauchter Familie an. Ihr Vater Hugobert war Pfalzgraf und leitete als Seneschall die Verwaltung des königlichen Hofes. Schon diese Ämter lassen darauf schließen, dass er einer führenden Adelsfamilie entstammte. Diese Vermutung verstärkt sich bei einem Blick auf das Familienumfeld seiner Gattin Irmina, der Mutter Adelas. Irmina von Oeren, wie sie meist genannt wird, wurde nach dem Tod ihres Mannes Mitgründerin des Klosters Echternach und Äbtissin von Oeren (St. Irminen in Trier). Außer ihrer Tochter Adela schrieb sich auch deren Schwester Bertrada als Klostergründerin in die Geschichte ein: Auf Bertrada, Urgroßmutter Kaiser Karls des Großen, ging die Erstgründung der Abtei Prüm zurück. Eine weitere Schwester von Adela und Bertrada war Plektrudis, die Ehefrau des mächtigen Pippins des Mittleren. Auch ohne diese Verwandtschaftsverhältnisse weiter im Einzelnen aufzuzählen, erkennt man leicht, dass Adela von Pfalzel zum Kern der karolingischen Führungsschicht gehörte. Bei einer solchen Verwandtschaft war es nach damaligen Gepflogenheiten nur allzu selbstverständlich, dass auch Adelas Ehemann vornehmsten karolingischen Kreisen entstammte. Das Paar hatte mehrere Kinder, aber berühmter als diese wurde Adelas Enkel, der heilige Friesenmissionar Gregor von Pfalzel (oft auch: Gregor von Utrecht).

Bei der Beurteilung der historischen Bedeutung der Klostergründungen Adelas und der Frauen aus ihrer Verwandtschaft darf man neben dem religiös-spirituellen Aspekt die über ein Jahrtausend anhaltenden ökonomischen, sozialen und kulturellen Ausstrahlungen nicht vergessen. Die Wirkungsfelder der Abteien Prüm und Echternach reichten weit über den Eifel-Ardennen-Raum hinaus. Die Geschichte des um 700 gegründeten Nonnenklosters Pfalzel verlief etwas anders als die Prüms und Echternachs. Das Kloster war in den gut erhaltenen Überresten einer spätrömischen eindrucksvollen Palastanlage – dem Palatiolum – errichtet worden und bot zahlreichen Menschen Platz. Im Jahr 721, noch zu Lebzeiten der Gründerin und Erstäbtissin Adela, stattete der angelsächsische Missionar Winfried-Bonifatius dem Kloster einen Besuch ab. Dieser Aufenthalt des „Apostels der Deutschen“ in der Südeifel erhielt auch deswegen missionsgeschichtliche Bedeutung, weil sich dabei der oben erwähnte Adela-Enkel Gregor dem Kirchenmann aus Britannien anschloss. Schon in dieser frühen Phase dürfte das Kloster weithin bekannt gewesen sein. Der neue Frauenkonvent gewährte über 100 Personen Unterkunft, neben den Nonnen auch Geistlichen, Bediensteten und frommen Gästen.

Das wichtigste historische Datum aus der Frühgeschichte des Klosters ist das Jahr 732/33. Zu diesem Zeitpunkt bestätigte Adela in einem Testament zahlreiche Schenkungen, von denen außer Pfalzel selbst etliche weitere Orte profitierten. Dieses Adela-Testament kann als „Geburtsurkunde“ (Prof. Erwin Schaaf) dreier Moselorte angesehen werden: Enkirch, Kaimt und Ürzig werden darin mit ihren galloromanischen Namen erstmalig erwähnt. Als Frauenkloster existierte Adelas Gründung rund 300 Jahre lang, ehe es um 1016 von dem Trierer Erzbischof Poppo aufgelöst wurde. Bei dieser Aktion dürfte weniger die angebliche Unzufriedenheit Poppos mit der sittlichen Lebensführung der Nonnen eine Rolle gespielt haben als vielmehr kirchenpolitische Überlegungen. Die Vertreibung der Pfalzeler Benediktinerinnen wurde von Zeitgenossen von Trier bis nach Rom als Unrecht empfunden; Erzbischof Poppo sühnte sein Vorgehen später durch eine Buß-Fahrt nach Jerusalem. Um das Jahr 1050 wurde das frühere Frauen-Stift in das Kanoniker-Stift St. Marien umgewandelt, das bis zu seiner Auflösung durch die Franzosen im Jahr 1802 Bestand hatte. Die Gebeine der vermutlich um 735 verstorbenen Äbtissin Adela ruhen in der Pfalzeler Pfarrkirche St. Maria und St. Martin, der ehemaligen Stiftskirche. Auch wenn vom Leben Adelas nur Fragmente bekannt sind und manches weiterhin unter Historikern umstritten bleibt, so kann es doch kaum Zweifel daran geben, dass die vornehme Fränkin zu den prägenden Persönlichkeiten ihrer Zeit gehörte.
Verfasser: Gregor Brand

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen