Warum schweigt die Politik jetzt zum Nürburgring-Desaster?

Der am 23. Juni 2010 bekannt gewordene Teil einer gutachterlichen Stellungnahme des Landesrechungshofes ist für die SPD-geführte Landesregierung genauso niederschmetternd, wie für das ehemalige Nürburgring Management und Mitglieder des damaligen Aufsichtsrates der Nürburgring GmbH. Den 146-seitigen Bericht des Landesrechnungshofes können Sie unter www.eifelzeitung.de nachlesen. 
Überraschenderweise waren die Reaktionen der Oppositionsparteien auf diese Stellungnahme sehr dürftig ausgefallen. Weder die CDU, noch die FDP haben nennenswert reagiert. Man hatte zwar mit den „Ketten gerasselt“. Das war aber auch alles. Warum aber schweigt die Opposition jetzt gänzlich, wenn es um das 400 Millionen Desaster am Nürburgring geht? Auf Seite 2 dieser gutachterlichen Stellungnahme steht geschrieben:
 

„Das Ergebnis der Untersuchung, das den privat finanzierenden Teil des Projekts „Nürburgring 2009“ betrifft, wird in einem getrennten, vertraulichen Teil II dargelegt“.

Warum stempelt der Rechnungshof den zweiten Teil „vertraulich“? Wahrscheinlich stehen im vertraulichen Teil so vernichtende Fakten, dass selbst die Opposition es für besser hält, dass diese nicht an die Öffentlichkeit geraten. Das Schweigen der Opposition lässt also vermuten, dass man selbst noch einige „Leichen im Keller“ hat und mit der regierenden SPD sozusagen einen „Kuhlhandel“ gemacht hat. Wenn es um die eigene Existenz geht, ist in solch einem Fall das eigene Hemd näher, als die Hose des Parlamentskollegen.

Das Thema Nürburgring 2009 hieß vor fünf Jahren nur etwas anders. Damals, genauer gesagt am  27.September 2005 war das Projekt auch in den Köpfen von FDP und CDU gereift. Ernst Eggers (FDP) war zu dieser Zeit Aufsichtsratsmitglied der Nürburgring GmbH. Die FDP war  2005 noch Regierungspartner der SPD, hatte aber damals darauf bestanden, dass private Investoren mit eigenem Kapital mindestens 50 Prozent des Risikos übernehmen müssen. Die deutliche Zurückhaltung der heutigen FDP lässt aber vermuten, dass man bei der nächsten Landtagswahl wieder mit der SPD an die Regierung will.

Und bei der CDU scheinen die „Leichen im Keller“ so dermaßen zu stinken, dass man sich kaum noch traut, ein böses Wort über die SPD in Sachen „Nürburgring 2009“ zu verlieren. Weiß die SPD mehr, als bekannt ist? War etwa der Vorfall „Billen“ nur die Spitze eines Polis-Eisberges? Seit dem neuerdings deutlichen CDU-Schweigen scheint dieser Eisberg dahingeschmolzen zu sein. Ob die Landauer Staatsanwaltschaft gegen Billen noch etwas unternimmt? Billen ist als CDU-Direktkandidat für den Eifelkreis nominiert. Wir sind gespannt, wie der „Kuhhandel“ schlussendlich aussieht.    

Fakt ist, die einen wollen Ende März 2011 wieder an die Regierung, die anderen haben offensichtlich mehr Dreck am Stecken, als man vermuten kann. Finanziell sieht es bei der CDU eher miserabel aus. Die CDU scheint schwer angeschlagen zu sein. Der frühere rheinland-pfälzische CDU-Partei- und Fraktionschef Christoph Böhr soll 386000 Euro Fraktionsgeld illegal für den Landtagswahlkampf im Jahr 2006 eingesetzt haben. Stellt sich der Vorwurf als wahr heraus, könnte die Landeskasse dieses Geld zurückfordern. Das wäre ein schwerer Schlag für die Parteikasse der Landes-CDU in Mainz. Geklärt sei seitens der CDU noch nichts – so die SPD. Die CDU sagt: alles sei längst geklärt. Die SPD fordert jetzt einen Untersuchungsausschuss. CDU und FDP lehnen den Ausschuss als unzulässiges „Schnüffelgremium“ ab. Aus ihrer Sicht dienen Untersuchungsausschüsse der Kontrolle der Regierung, nicht aber der Kontrolle einzelner Parlamentsfraktionen. Die CDU-Landtagsfraktion hält die Einrichtung dieses Untersuchungsausschusses für verfassungswidrig und hat Klage eingereicht. Der rheinland-pfälzische Verfassungsgerichtshof (VGH) will sich am 11. Oktober mit der Klage der CDU-Landtagsfraktion gegen den U-Ausschuss zum Umgang mit Fraktionsgelder der CDU befassen. Eine  Entscheidung soll dann voraussichtlich bis Ende Oktober fallen (knapp fünf Monate vor der Wahl).

Mit dieser Terminierung dürfte Kurt Beck und seine Landesregierung die CDU „schachmatt“ gesetzt haben – jedenfalls bis Ende Oktober. Im Grunde bleibt der CDU keine andere Chance, als die Klappe zu halten, wenn es um’s Thema Nürburgring geht.   

Da ist sogar egal, dass das am 18.Februar 2010 bekannt gewordene Gutachten von Ernst & Young zur wirtschaftlichen Zukunft der „Erlebnisregion 2009“ und der Nürburgring GmbH  „schwarz auf weiß“ belegt hat, dass die bisherigen Beteuerungen des Ministerpräsidenten,  der Steuerzahler würde durch die Investitionen am Ring nicht belastet, sich als Augenwischerei herausgestellt haben.

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