Hingucker für die Brunnenstadt Gespräche über den Beckenrand hinaus und hinunter ins Fundament

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v.l.n.r.: Martin Schambach, Daniel Mauer mit Familie und Besucher

Gerolstein. „Während der Bauphase kam es immer wieder zu Gesprächen mit den Passanten, die unbedingt mehr über den Brunnen erfahren wollte.“, so Schambach, der das Treffen iniziierte, „also lag es auf der Hand, das Konzept, jetzt, wo man den Brunnen vor sich sieht, nochmals vorzustellen. Auch wenn der Brunnen heute leider nicht läuft!“.Am vergangenen Sonntagnachmittag hatten interessierte Gerolsteiner Bürgerinnen und Bürger Gelegenheit, sich vor Ort bei dem Bildhauer Martin Schambach und Daniel Mauer vom ausführenden Steinmetzbetrieb Mauer und Kanter über die gestalterische Idee des Bürgerbrunnes zu informieren, der seit einigen Wochen in der Gerolsteiner Innenstadt steht.

Nach offizieller Einladung durch den Künstler hatten die Bürgerinnen und Bürger Gelegenheit, Kritik zu üben oder Fragen zu stellen, was sie auch eifrig taten. Mit einer Passantin führte der Bildhauer gleich zu Beginn ein intensives Gespräch. „Offenheit und selbstbewusste, gut begründete Kritik haben mich schon immer fasziniert“ erklärt der Künstler, „nur so kann man als Künstler wachsen und sich weiterentwickeln.  Wenngleich diese Besucherin, die sich ein höheres Brunnengebilde gewünscht hat, hier zugegebenermaßen allein mit ihrer Ansicht war. Ein wenig hat sie jedoch Recht,“ räumt der Bildhauer ein, „denn es fehlt heute das Wasser, das den Brunnen seinen Höhenzug verleiht.“.

Den Eindruck der farbigen Wasserfontänen, die man wegen der Frostgefahr am Sonntag nicht zeigte, konnte der Künstler jedoch eindrücklich schildern und machte damit Lust auf die offizielle Brunneneinweihung im kommenden Frühjahr, wenn der Brunnen an die Gerolsteiner Bürgerinnen und Bürger übergeben wird.

Während Herr Mauer aus Sicht des Steinmetzen den fragenden Besuchern die verwendeten Steine erläuterte und Details über die Verarbeitung der schwarzen Basaltblöcke erklärte, ging Schambach den Fragen nach der künstlerischen Konzeption nach. Dabei erklärte er, dass die schwarzen Basaltblöcke zum Einen als visueller Ruhepol inmitten der sehr hellen Granitgestaltung des vorgegebenen Gesamtplatzes geplant sind, zum anderen aber mit ihren sanften Schwüngen die Höhenzüge des Gerolsteiner Landes nachahmen. „Dass wir dabei auf diesen besonderen Stein zurückgreifen konnten,“ so Schambach weiter „ist schon etwas Besonderes. Ohne Herrn Siegfried Müller, der das Projekt von Anfang an unterstützte, hätten wir nie gewusst, wo wir Blöcke dieser Dimensionen und Qualität im Umland finden konnten! Mit seinem Fachwissen war er unersetzlich für dieses Projekt.“ Die schwarzen Brunnensteine, die übrigens erst, wenn sie mit Wasser in Berührung kommen, richtig dunkel werden und sich dann von dem hellen Platz abheben, symbolisieren nicht nur das Gerolsteiner Land, sie sind es auch im wörtlichen Sinne. Lagerten die schweren Basaltblöcke doch bis vor kurzem noch in einem Steinbruch im Umland.

Auch das Zusammenspiel der Gestaltung mit dem Platz verdeutlicht der Künstler. „Der Platz vor dem Rondell ist aus gestalterischer Sicht nicht sehr groß,“ erklärt Schambach, „denken Sie an den Verkehr, der hier vorbei fließt, denken Sie an die Bestuhlung der Cafés, die hier im Sommer stehen! Dazwischen muss sich eine Platzgestaltung einfügen, die nicht wie ein Fremdkörper daherkommt und dem Besucher keine Luft zum Atmen mehr lässt.“, so der Bildhauer weiter. „Als Künstler, aber auch als Auftraggeber ist man häufig versucht, seine Idee losgelöst vom Platz zu sehen, in den sie sich integrieren muss. Dabei darf das eigene Ego nicht die Gesamtwirkung zerstören oder das Konzept zum persönlichen Denkmal reduzieren! Man muss die Geschichte des Platzes, die Benutzer, die Bewohner, die Kinder, die hier spielen wollen im Blick haben.“

Der Künstler spielt damit auch auf die Aufgabe an, die Figur des alten Brunnens in die neue Planung zu integrieren. Im Zuge dessen hat sich zwischen dem Bildhauer Ulrich Henn, der die Figurengruppe „Mutter mit Kind“ des alten Brunnens einst entworfen hatte und dem Bildhauer Schambach eine freundschaftliche Kollegialität entwickelt. „Wir besprechen auch Dinge außerhalb der Brunnengestaltung, “ erzählt Schambach „vielleicht stimmt die Chemie zwischen uns deshalb so gut, weil wir beide ursprünglich gelernte Holzbildhauer sind.“ Tatsache ist, dass sich die Hennsche Figur ohne Bruch in die neue Brunnenkonzeption einpasst. „Dass Herr Henn mit meiner Lösung zufrieden ist, bedeutet mir sehr viel. Immerhin ist er einer der ganz Großen in der Szene!“ bemerkt Schambach.
Er spielt damit aber auch auf die bewusste offen gehaltene Blickachse der Hauptstraße an. Sie werde durch den Brunnen nicht gestört und setze den engen Straßenzügen im Umfeld durch die einfache und klare Gestaltung des Brunnens die bewusste Öffnung des Platzes entgegen.

„Stellen sie sich hier eine dominante Gestaltung vor. Ihnen bliebe nur der Weg drum herum! Der Platz würde dann zum visuellen Kreisverkehr werden. Die hier verwirklichte Gestaltung macht das nicht.“ erklärt Schambach. „Die farbigen Wasserfontänen unterstreichen die offene Wirkung. Sie weisen durch ihre unaufdringliche Bewegung am Tage und durch die Farbigkeit in der Dämmerung und der Nacht diesen Platz dennoch als das Zentrum der Innenstadt aus. Ein Umstand von dem die Anreiner des Platzes in Zukunft profitieren werden!“. Sei es der Anwohner, der durch den Brunnen eine gestalterische Aufwertung der Innenstadt erlebt, sei es der Gewerbetreibende, der erleben wird, wie gerade in Sommernächten das Lichtspiel des Brunnens zum Magneten wird, so die  Meinung des Künstlers.

Während der Brunnen tagsüber klassisch daherkommt, erwacht er abends zu diesem besonderen Leben. „Die Fontänen sprudeln in wechselndem Licht. Das intensive Rot symbolisiert dabei die Lava und den Vulkanismus, der dieses Land geprägt hat, gefolgt von einem leuchtenden Blau. Wobei das Blau“ ,so erklärt der Bildhauer weiter, „folgerichtig für das Wasser dieser Gegend steht.“ Dieses Wechselspiel hätte diese Landschaft geprägt, aber auch die Menschen. Für sie wollte Schambach mit dem Brunnen etwas Besonderes schaffen. Er trägt den Namen Bürgerbrunnen, da bereits im Fundament des Bauwerks Gaben Gerolsteiner Bürgerinnen und Bürger eingegossen seien. „Dinge, mit denen der oder die Gebende etwas Besonderes verbindet.“ erklärt der Künstler, „Dinge, die Bedeutung haben.“ Und so erzählt er beispielgebend von der Gabe zweier Männer, die zusammen je ein Flugzeugmodell in das Fundament eingießen ließen. Nun selbst junge Väter, waren die Modelle das Lieblingsspielzeug ihrer gemeinsamen Kindertage.

„So könnte der Brunnen auch Freundschaftsbrunnen heißen. Oder viele weitere Namen tragen, weil noch viele andere wunderbare Geschichten in seinem Inneren verborgen sind: Rettungsbrunnen, Liebesbrunnen, Heimatbrunnen, und so fort!“, zählt der Künstler auf. So sei der Name Bürgerbrunnen für ihn eine Notwendigkeit: „Das hat ja in dem Fall keine politische Bedeutung, wie immer wieder vermutet wird. Für mich drückt der Name am besten aus, was in dem Brunnen steckt: Gerolsteiner Geschichte von Gerolsteiner Bürgern! Und ich bin sehr froh, die Gelegenheit und die Unterstützung bekommen zu haben, das zu verdeutlichen. Gerade als Zugezogener ist der Brunnen damit für mich auch eine Gelegenheit meinen Dank für die Gastfreundschaft und Offenheit, die ich hier erfahren habe und immer noch erfahre, auszudrücken.“

Dass ihm das ernst ist mit dem Dank belegt auch der Umstand, den er an diesem Nachmittag nur auf Nachfrage erwähnt. Nämlich dass er seinen künstlerischen Entwurf der Stadt und damit den Bürgern kostenfrei zur Verfügung gestellt hat, Modelle und Nebenkosten aus eigener Tasche bezahlt hat. „Aber vielleicht“  schmunzelt er „denkt man bei der Neugestaltung des Kreisverkehrs im Zuge des Brückenneubaus ja an mich?“.

Wünschenswärt wäre es, denn die Resonanz bei den Passanten an diesem Sonntag war überaus positiv. Und man darf gespannt sein, wie das Licht im Frühjahr den Platz verzaubert. (M.M.)

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