Der Vatertag – und seine Bedeutung

Wohl die meisten Männer, die alljährlich Christi Himmelfahrt als „Vatertag“ begehen, sind sich kaum bewusst, was sie da eigentlich feiern und wie aus einem hohen kirchlichen Feiertag ein weltlicher Brauch entstand. Um altheidnische Flurbegehungen zu verdrängen, verlegte die Kirche im 5. Jahrhundert die ursprünglichen Bet-, Gang- und Kreuzwochen von vor Ostern auf die Woche vor Christi Himmelfahrt, welches als neues Kirchenfest vierzig Tage nach der Auferstehung gefeiert wird. Man begründete das mit der Apostelgeschichte 1.12, wo die Rückkehr der Jünger vom Ölberg beschrieben ist und Prozessionen an den letzten gemeinsamen Gang Jesu mit seinen Getreuen erinnern sollten.

Lange Zeit standen im Mittelpunkt des Festes solche Prozessionen, in bestimmten Regionen bis heute durchgehend der Brauch, andernorts wieder neu auflebend. Was ursprünglich an den letzen Gang Jesu mit seinen Jüngern erinnern sollte, hat sich nach dem zweiten Weltkrieg bei vielen als regelrechter „Besäufnistag“ entwickelt, wobei die Erinnerung am folgenden Tag meist auf der Strecke bleibt. Aus der Himmelfahrt Christi entstand ein irdisches Freudenfest, oft ausgedehnt auf das gesamte folgende Wochenende sogar mit Flugbuchungen zum Ballermann 6.

Hier soll keine Moral gepredigt oder an den Ursprung dieses hohen Festtages erinnert werden, es handelt sich lediglich um die Aufzählung von Fakten. Wie kam es zum Vatertag? Um 1936 entstand in den Niederlanden der Brauch, an Christi Himmelfahrt ein volkstümliches Fest zu veranstalten, welches vor allem von Wirten und Tabakhändlern gefördert wurde. Die noch älter „Berliner Herrenpartie“ führte am gleichen Tag die Väter von Kneipe zu Kneipe, man wanderte, fuhr mit dem Boot über Berliner Seen, sang frohe Lieder, spielte Karten und sprach den alkoholischen Getränken reichlich zu. Es war jedoch ein Brauch der besser gestellten Herren, das einfache Volk konnte es sich aus finanziellen Gründen nicht leisten.

Damals war der Begriff „Vatertag“ noch nicht geboren, aber die „Berliner Herrenpartie“ gilt als Vorläufer. Durch holländische und deutsche Einwanderer gelangte der Brauch in die USA. Dort wurde unter dem Motto „equal rights for fathers! (gleiches Recht den Vätern) das Auffahrtsfest sozusagen als Ausgleich zum Muttertag begründet, zuerst als Tag der Freiheit und des Dankes, später in urwüchsigere Formen übergehend. Nach dem zweiten Weltkrieg fand die Sitte in Westeuropa, besonders bei trinkfreudigen Männern, eine enorme und schnelle Verbreitung.

Mit dem Wirtschaftswunder stieg auch der Drang immer mehr in diese Richtung, besonders Kegelclubs und Stammtischler machten dem Begriff „Vatertag“ alle Ehre. Er wurde in Westdeutschland zu einer alljährlichen festen Einrichtung. Ob dies der tiefere Sinn des Vatertages ist? Auch bei uns wird gerne angeführt, es sei ein Ausgleich zum Muttertag, aber dafür gibt es keine sachliche oder historische Grundlage, denn es ist im Grunde ein von den Herren der Schöpfung selbst eingeräumtes Privileg. Es wäre vielleicht angebracht, einmal intensiver über den Sinn des Vatertages nachzudenken und sich in diesem Zusammenhang die Rolle des „Vater-Daseins“ wieder neu bewusst zu machen.

Verfasser: Hans-Peter Meyer

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