Amazon will Autoren an sich binden

Rabiate Methoden

Amazon lockt jetzt mit einem ungewöhnlichen Angebot. Der Onlinehändler Amazon.com hatte sich in den letzten Monaten durch einen Vertragsdisput mit Buchverlagen in den Vereinigten Staaten, in Europa und insbesondere Deutschland viele Feinde gemacht. In den Verhandlungen um bessere Konditionen für Amazon beim Vertrieb insbesondere digitaler Bücher hat der Konzern zu rabiaten Methoden gegriffen. Anstatt 30 Prozent Marge wollte man ab sofort 50 Prozent haben. Amazon ist eine US-amerikanische Krake, und es ist völlig unverständlich, dass die deutschen und europäischen Buchhändler dem nicht etwas entgegengesetzt haben. Die Buchpreisbindung lässt wahrscheinlich grüßen, und man hat es sich unter diesem Schutzdach in Deutschland sehr gemütlich eingerichtet. Was da im digitalen Zeitalter an Stürmen aufziehen kann (und dies ist ja auch bereits Realität geworden), wollte man zunächst einfach nicht wahrhaben.

Steuervorteile dank luxemburgischer Hilfe

Aber Amazon kann auch nicht alles hier in unserem Lande bestimmen. Die haben weltweit ihre Steuerzahlungen optimiert. Und hier ist es leider so, dass unser Nachbarland Luxemburg, aus dem der neue EU-Kommissionspräsident Juncker kommt, aus Egoismus die Mehrwertsteuer für digitale Bücher und auch andere Produktvariationen auf 3 Prozent festzurrte. In Deutschland sind es 19 Prozent. Es ist unglaublich, dass Luxemburg Amazon hilft, viele Steuern zu sparen und damit seinem Nachbarland Deutschland Schaden zufügt. Deutschland hat reagiert: Ab 1. Januar 2015 gilt ein neues Gesetz, nach dem die jeweilige Mehrwertsteuer desjenigen Landes (in diesem Fall Deutschland) in Anrechnung kommt, wo der Endverbraucher sitzt – also keine nur 3 Prozent wie in Luxemburg sondern 19 Prozent für Deutschland, wenn der Kunde in Deutschland wohnt.

Unlogische deutsche Mehrwertsteuerregelungen werden teilweise korrigiert

Gleichzeitig hat der Bundestag die Mehrwertsteuer für Hörbücher von 19 auf 7 Prozent ab Anfang nächsten Jahres gesenkt. Das war auch unbedingt notwendig, denn es ist unlogisch, dass für Papierbücher nur 7 Prozent Mehrwertsteuer anfallen, aber für Hörbücher auf CD 19 Prozent. Der Gesetzgeber hätte aber direkt komplett klar Schiff machen sollen. Warum für Hörbuch-Downloads im Internet nach wie vor 19 Prozent gelten sollen, ist nicht nachvollziehbar. Das ist aber genauso wie bei anderen Mehrwertsteuer-Situationen. Gefrorenes Hummerfleisch wird mit 19 Prozent Mehrwertsteuer belastet, Hummersuppe und Hummerravioli dagegen lediglich mit 7 Prozent. Grotesk, nicht wahr?

Piper, Ullstein und andere haben das Nachsehen

Die rabiaten Methoden von Amazon sind nicht akzeptabel. Die Bücher der in den Disput verwickelten Verlage werden größtenteils verzögert ausgeliefert; manche Neuerscheinungen der angegriffenen Verlage können nicht vorbestellt werden. In den USA bekriegt sich Amazon auf diese Weise mit dem Verlagshaus Hachette. In Deutschland sind Verlage wie Piper und Ullstein der schwedischen Bonnier-Gruppe betroffen. Heftige Kritik musste Amazon für seine unmöglichen Taktiken nicht nur von Verlagen sondern auch von Autoren einstecken. Derzeit versucht Amazon in den USA, die Autoren mit einem ungewöhnlichen Angebot in diesem Streit auf seine Seite zu ziehen. Amazon schlug vor, Hachette-Autoren 100 Prozent der Erlöse ihrer verkauften E-Books zu geben, so lange der Disput mit den Verlagen andauert. Amazon und Hachette müssen deshalb damit zwischenzeitlich auf ihre Anteile an den Umsätzen verzichten. Wenn ein E-Book in den USA zum Beispiel US-$ 9,99 kostet, dann werden dem Autor die vollen US-$ 9,99 vergütet, also ein „Vielfaches“ des Betrages, den er normalerweise von den Verlagen bekommt.

US-Verlag Hachette im Clinch mit Amazon

Dieser kuriose Vorschlag soll beide Seiten motivieren, schneller zu einer Lösung in dem Disput zu kommen, heißt es in einem Brief, den Amazon an eine Gruppe von Autoren versandt hatte. An dem Vorschlag von Amazon, sich auf das Ganze einzulassen, hat Hachette aber offenbar keinerlei Interesse. In einer Stellungnahme des US-Verlages wurde gesagt: „Wir laden Amazon dazu ein, die Sanktionen zurückzunehmen, die sie einseitig verhängt haben.“ Amazon beschuldigte im Gegenzug Hachette, mit seiner Haltung die Autoren zu beschädigen. Amazon: „Unser Angebot ist aufrichtig, und sie sollten es annehmen.“ Amazon warf Hachette zudem vor, die Verhandlungen durch Verweigerung von Gesprächsbereitschaft unmöglich in die Länge zu ziehen.

Amazon – arrogant gewordener Monopolist

In dem Amazon-Brief hieß es weiterhin: „Wenn Hachette nicht sein Verhandlungstempo dramatisch verändert, wird dies richtig lange dauern.“ Vor einigen Wochen hatte Amazon schon mitgeteilt, nicht mit einer schnellen Einigung in dieser Auseinandersetzung zu rechnen. Amazon beschrieb damals außerdem die Vertragsauseinandersetzungen, wie jetzt mit Hachette, als gewöhnlichen Teil des Geschäfts. Amazon ist arrogant geworden und glaubt, alle Geschäftspartner müssten dem Ansinnen und den Forderungen von Amazon ohne Wenn und Aber folgen. Wer nicht folgt, bekommt Probleme. Wann gehen in den USA die Gerichte und die Regierung gegen die Monopolisierungs-Taten von Amazon und Co. vor?

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