Regionale Wirtschaftsentwicklung in der Eifel-Mosel-Region

Diverse Krisen haben die deutsche Wirtschaft in den letzten Jahren einer starken Belastungsprobe ausgesetzt. Mancherorts scheint jedoch etwas Entspannung einzukehren. Obwohl die Exportnachfrage vorerst noch schwächelt, zählen Schlüsselbranchen wie die Autoindustrie und der Maschinenbau nach wie vor zu den starken Zugpferden. Die Wirtschaft der Eifel-Mosel-Region schlägt sich im Vergleich zu anderen Teilen Deutschlands gut – auch wegen des traditionell starken Mittelstands. Ein Blick in die Vergangenheit gibt dabei Aufschluss über mögliche Zukunftsperspektiven.

 

unsplash.com ©Peter Herrmann CCO Public Domain Früher lebte die Region von der Landwirtschaft. Heute zählt sie zu den starken wirtschaftlichen Akteuren in Deutschland und Europa – auch dank der Industrie.

Mit der Mosel zum Erfolg

Die Wirtschaftsstruktur von Rheinland-Pfalz ist weitverzweigt und recht breit aufgestellt. Als stärkste wertschöpfende Kraft im Bundesland gilt der Industriesektor. Rund 18 Prozent aller Erwerbstätigen sind in Unternehmen aus diesem Bereich beschäftigt. Das war allerdings nicht immer so. Traditionell war gerade die Eifel-Mosel-Region stark landwirtschaftlich geprägt. In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts siedelten sich jedoch zunehmend Unternehmungen an, die der noch jungen deutschen Industrie mit der Errichtung von Betrieben und Fabriken Vorschub leisteten. In der Folge veränderte sich die regionale Produktionsstruktur stark. Auch der für die Landschaft prägende Weinbau entwickelte sich das Gebiet entlang der Mosel gewann innerhalb Deutschlands und Europa an Bedeutung. Die regionale Weinbranche zählt derzeit fast 2.800 Winzer. Entscheidend für den Aufstieg in diesem Bereich war die gelungene Verbindung von Tradition und zeitgemäßen Produktionsmethoden. Auch heute nutzen die Marktführer modernste technische Möglichkeiten, um den Bedürfnissen und wachsenden Anforderungen der Verbraucher gerecht zu werden. Mittlerweile spielt auch das Thema Nachhaltigkeit eine immer größer werdende Rolle.

Für das allgemeine Wirtschaftswachstum war auch die spezielle geografische Lage bedeutend. Die Mosel eröffnete Produzenten in der Frühphase der Industrialisierung Zugang zu wichtigen internationalen Handelswegen. Der schnelle und gut organisierte Gütertransport zählt bis heute zu den großen regionalen Stärken. Globale Warenströme führen wiederum zu positiven Synergieeffekten, die Innovation und Wachstum fördern.

Wirtschaftlich stabil – trotz Krisen

Corona-Pandemie, Inflation und Lieferengpässe haben der europäischen Wirtschaft innerhalb weniger Jahre stark zugesetzt. Die schnell aufeinanderfolgenden Belastungen haben Ökonomen und Unternehmen gleichermaßen in einen ständigen Krisenmodus versetzt. Rheinland-Pfalz verzeichnete 2023 einen vergleichsweise starken Rückgang der Wirtschaftsleistung. Grund dafür waren jedoch Umsatzrückgänge bei Biontech und der Chemieindustrie, die aufgrund der hohen Nachfrage nach Impfstoffen und medizinischem Bedarf als Gewinner aus den Coronajahren hervorgehen konnten. Bei einer detaillierten Betrachtung fällt allerdings auf, dass die Eifel-Mosel-Region vergleichsweise stabil blieb. Das liegt insbesondere an den Zuwächsen in regional gut vertretenden Branchen wie der Nahrungs- und Futtermittelproduktion sowie dem Maschinenbau. Das Fundament und Rückgrat bilden kleine und mittelgroße Unternehmen – darunter viele langlebige Familienunternehmen. Handel, Handwerk und das Dienstleistungsgewerbe stützen die industriegetriebene Wirtschaftsleistung der Region.

Auch der Tourismus, der für viele Gemeinden zu den zentralen Einkommensquellen zählt, konnte sich mit dem Ende der Pandemie und der damit verbundenen Maßnahmen gut erholen. Der Trend zum Inlands- und Kurzurlaub bescherte auch den Tourismus-Hochburgen in der Region eine große Anzahl neuer begeisterter Urlauber. Insgesamt entfallen rund 40 Prozent aller Übernachtungen in Rheinland-Pfalz auf Unterkünfte, die im Bereich Mosel-Saar oder der Eifel liegen. Die einzigartige Natur- und Kulturlandschaft sowie das umfangreiche Erlebnisangebot zählen somit zum entscheidenden Tourismus-Kapital des Bundeslandes.

Nachhaltige Geschäftsstrategien sind im Kommen

Ressourcenknappheit und die Gefahren des Klimawandels spiegeln sich auch in großen Branchentrends innerhalb der Region. Immer mehr Urlauber, die die Eifel erkunden oder die natürliche Schönheit der Mosel genießen möchten, legen Wert auf nachhaltiges Reisen. Damit ist allerdings nicht nur der Verzicht auf den Flieger gemeint, weshalb es viele in innerdeutsche Erholungsgebiete verschlägt, sondern auch nachhaltiger Konsum und eine umweltschonende und ressourcensparende Unterbringung. Das wirtschaftliche Potenzial dieses neuen Bewusstseins für den grünen Urlaub haben sowohl die Branche als auch die Winzer der Region längst erkannt. Weinbauer, die schon länger auf hohe Standards beim biologischen Anbau achten, verwandeln ihre Weinberge in biodiverse Biotope, die sich durch eine große Artenvielfalt auszeichnen. Über interaktive Pflanzaktionen und Verköstigungen vor Ort, sollen naturbewusste Urlauber so einen neuen Zugang zum Weinanbau und seinen Produkten erhalten.

Aber auch abseits der Weinbranche ist Nachhaltigkeit zu einem wichtigen Faktor geworden. Emissionsfreie Produktionsverfahren und ein stärkerer Fokus auf die Nutzung von erneuerbaren Energiequellen prägen die strategische Ausrichtung des Industriesektors. Zu den häufig getätigten Investitionen zählt die Anschaffung von Photovoltaikanlagen inklusive entsprechender Speichersysteme. Ergänzt werden diese Vorstöße durch neue Ansätze bei der Abfallbewirtschaftung. Produktionsabfälle dienen immer öfter als wertvolle Ressource. Auch Ideen aus dem Modell der Kreislaufwirtschaft finden vielerorts Anklang, da die damit verbundenen Praktiken nicht nur gut für die Umwelt sind, sondern gleichzeitig die Kosten senken. Für kleinere und junge Betriebe stellen die notwendigen Anschaffungen trotzdem eine nicht zu unterschätzende Anfangsinvestition dar. Davon profitieren jedoch wiederum andere Bereiche. Selbstständige Kreditvermittler werden zunehmend wichtiger, da viele Unternehmen in Hochzinszeiten auf der Suche nach günstigen Finanzierungsoptionen sind. Die steigende Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und Dienstleistungen bietet Unternehmen in der Eifel-Mosel-Region somit neue Marktchancen.

Eine Frage der Logistik

Wirtschaftliche Potenz ist in hohem Maße von einer gut ausgebauten und auf die Anforderungen der ansässigen Branchen zugeschnittenen Infrastruktur abhängig. Auch wenn die Mosel als bedeutende Wasserstraße ein wichtiger Faktor bleibt, sind Unternehmen der Region auch auf eine gute Anbindung an den Straßen- und Schienenverkehr angewiesen. Wegen seiner Nähe zu den Benelux-Staaten und Frankreich bieten sich der regionalen Logistik gute Ausgangsbedingungen. Doch auch in dieser Branche wird der akute Fachkräftemangel immer deutlicher spürbar. Vertreter der Güterverkehrsbranche haben erst kürzlich darauf aufmerksam gemacht, dass bereits jetzt annähernd 4.000 Lkw-Fahrer fehlen – Tendenz steigend. Zwar stehen Logistikunternehmen mit ihren Ängsten vor Personalengpässen nicht allein dar, doch die Folgen des Fahrermangels werden für alle Wirtschaftsakteure in der Region zur Belastung. Im schlimmsten Falle drohe sogar ein Versorgungskollaps, wie Guido Borning, Geschäftsführer des Dachverbandes der regionalen Mobilitäts- und Logistikbranche, betont.

Als Hauptgrund für die Vakanzen machen Gewerkschaften und Fahrer die schlechten Arbeitsbedingungen aus. Vertreter aus Politik und Wirtschaft suchen unter Hochdruck nach Lösungen. Die Verantwortlichen sind sich der Bedeutung der Region für den Handel mit Deutschlands europäischen Nachbarn durchaus bewusst. Neben dem Warenstrom ist auch die zukünftige Sicherung der Versorgung mit Wasser, Strom, Internet und Wärme für zahlreiche Branchen überlebenswichtig. Zwischen Trier und NRW entsteht deshalb derzeit die sog. „Eifel-Pipeline“. Das 140 Millionen Euro schwere Projekt soll nicht nur Anwohner beliefern, sondern auch Bauern, Stromerzeuger und Gemeinden miteinander verbinden. Eines der erklärten Ziele ist eine flexiblere Ökostromnutzung. Die Fertigstellung ist noch für das Jahr 2024 vorgesehen.

 

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Bekannt ist die Eifel-Mosel-Region vor allem für ihre malerischen Landschaften. In wirtschaftlicher Hinsicht lebt die Gegend insbesondere vom Mittelstand.

Viele Fördermöglichkeiten für Gründer

Um den Mittelstand als ökonomische Basis zu schützen und Nachwuchs zu unterstützen, fördert die Region kleine und mittelständische Unternehmen auf gleich mehreren Wegen. Zum einen können Gründer auf unterschiedliche Beratungsangebote zurückgreifen, die jungen engagierten Unternehmern den Einstieg in die Geschäftswelt erleichtern sollen. Gleichzeitig wird Unternehmungen auch finanziell unter die Arme gegriffen. Interessierte Start-ups sind dazu angehalten, sich früh genug um kommunale, landes- und bundesweite Programme zu bewerben. Auf Bundesebene sind das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM), der EXIST-Forschungstransfer sowie das ERP-Innovationsprogramm wichtige Anlaufstellen. Das ZIM legt den Fokus auf Forschungs- und Entwicklungsprojekte, während der EXIST-Forschungstransfer innovative Gründungsvorhaben aus der Hochschule heraus fördert. Forschungsprojekte sollen so in marktfähige Produkte überführt werden.

Ergänzend dazu stellt auch das Land Rheinland-Pfalz eigene Förderungen zur Verfügung. Zuschüsse sowie günstige Darlehen und Bürgschaften erhalten Unternehmer beispielsweise bei der Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB). Zusätzlich vergibt die landeseigene Innovationsförderung Gelder für aussichtsreiche Forschungs- und Entwicklungsinitiativen. Unter gewissen Umständen sind auch Marketingaktivitäten wie Messebeteiligungen oder digitale Werbekampagnen förderfähig.

Gute Prognosen stärken Unternehmen den Rücken

Die regionale Wirtschaftsentwicklung in der Eifel-Mosel-Region präsentiert sich als facettenreicher Prozess, der von einer erfolgreichen Diversifizierung, gezielter politischer Förderung und strategischen Investitionen von innovativen Unternehmen geprägt ist. Das Ergebnis ist eine breit aufgestellte und sehr resiliente Regionalwirtschaft, deren Basis von kleinen und mittelständischen Unternehmen gebildet wird. Nicht zu vergessen sind auch die Big Player aus der Industrie sowie die nach wie vor wachsende Tourismusbranche. Letztere lebt vom Erhalt der einzigartigen Landschaft zwischen Mosel und Eifel. Umso dringender wird deshalb das Anliegen eines nachhaltigen Strukturwandels. Die heimische Wirtschaft, sowohl der Tourismus als auch die Landwirtschaft, hat das Thema bereits auf dem Schirm und schafft so gleichzeitig den Einstieg in neue Marktsegmente.

Gemäß aktuellen Analysen des Wirtschaftsforschungsinstituts Rheinland-Pfalz wird erwartet, dass die Region von einer verstärkten Nachfrage nach ökologisch verträglichen Produkten und Dienstleistungen profitiert, was zu einem nachhaltigen Wirtschaftsaufschwung führen könnte. Auch übrige Prognosen für die wirtschaftliche Entwicklung der Eifel-Mosel-Region sind vielversprechend. Im Vergleich zu anderen Regionen in Rheinland-Pfalz hat sich die Wirtschaft als sehr krisenresistent erwiesen. Einzig der anhaltende Fachkräftemangel könnte dem Wachstum in diversen Branchen einen Dämpfer verpassen. Besonders gefährlich sind Personalengpässe derzeit in der Logistik. Politik, Unternehmen und Gewerkschaften werden Strategien entwickeln müssen, um dieser Herausforderung angemessen zu begegnen.

Der Unternehmensstandort Eifel-Mosel und die Güterversorgung des Landes wird auch durch diverse Infrastrukturprojekte gesichert. Neben der Eifel-Pipeline ist eine umfassende Modernisierung des regionalen Autobahnnetzes im Gange. Auch die geplante Erweiterung des Flughafens Hahn dürfte der Region zugutekommen. Das logistische Drehkreuz wird durch die Erhöhung der Frachtkapazitäten bundesweit an Bedeutung gewinnen. Zahlreiche Unternehmen liebäugeln damit, ihre Position als attraktiver Wirtschaftsstandort durch verstärkte internationale Kooperationen zu festigen. Unter den Vorzeichen der Globalisierung vieler Branchen ist dieser Schritt unumgänglich. Zugleich warnen Beobachter und Experten davor, sich zu sehr von langen und dadurch anfälligen Lieferketten abhängig zu machen.

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