Immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Bauschuttrecyclinganlage in Mülheim ist rechtswidrig

Die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier hat eine vom Landkreis Bernkastel-Wittlich erteilte immissionsschutzrechtliche Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Bauschuttrecyclinganlage in Mülheim an der Mosel aufgehoben.

Im Januar 2020 beantragte die im gerichtlichen Verfahren beigeladene Betreiberfirma eine Genehmigung zur Errichtung und zum Betrieb einer Bauschuttrecyclinganlage mit Brecher und Zwischenlager in Mühlheim an der Mosel. Das betreffende Grundstück liegt innerhalb eines durch den Bebauungsplan „Grafenhimmel II“ festgesetzten Gewerbegebiets. Zweck der Anlage ist die Zerkleinerung und Sortierung sowie die dazugehörige Lagerung von beim Rückbau von Gebäuden anfallendem Bauschutt, um diesen dem Wirtschaftskreislauf wieder zuzuführen. Hierzu wird der Bauschutt zunächst zwischengelagert und grob vorsortiert, anschließend mit einem Prallbrecher zerkleinert, in verschiedene verwertbare Fraktionen durch Siebung getrennt und bis zur weiteren Verwendung wiederum zwischengelagert.

Nach dem Antrag beigefügten schalltechnischen Gutachten würden die nach der TA Lärm bewerteten Immissionsrichtwerte an 2 von 4 Messpunkten zwar überschritten, könnten jedoch durch Ergreifung von Schutzmaßnahmen (u.a. Erhalt bestehender Erdwälle; Einschränkung der Betriebszeit des Prallbrechers und der Siebanlage) eingehalten werden. Im November 2020 erteilte der beklagte Landkreis die beantragte Genehmigung und versah sie mit der Einhaltung der Immissionsrichtwerte dienenden Nebenbestimmungen. Nach erfolglos durchgeführtem Widerspruchsverfahren hat die Ortsgemeinde Mülheim an der Mosel Klage erhoben, mit der sie im Wesentlichen die Verletzung ihrer Planungshoheit rügt. Bei der genehmigten Anlage handele es sich um einen störenden Industriebetrieb, der in dem im Bebauungsplan „Grafenhimmel II“ für diesen Bereich förmlich festgesetzten Gewerbegebiet bauplanungsrechtlich nicht zulässig sei.

Das sahen auch die Richter der 9. Kammer so. Mit einer maximal zugelassenen Durchsatzkapazität von 350 t/h handele es sich um eine Anlage, die nach den einschlägigen Vorschriften einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfe. Da diese Genehmigung zugleich die Baugenehmigung ersetze, müssten auch die Vorschriften des Baurechts eingehalten seien. Die erteilte Genehmigung verstoße jedoch gegen die Festsetzung eines Gewerbegebiets im Bebauungsplan der Klägerin und verletze sie dadurch in ihrer Planungshoheit. Ein Gewerbegebiet diene vorwiegend der Unterbringung von nicht erheblich belästigenden Gewerbebetrieben.

Immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Bauschuttrecyclinganlagen wie die vorliegende wiesen im Hinblick auf Lärm, Staub und Erschütterungen jedoch regelmäßig ein hohes Störpotenzial auf, was gegen ihre bauplanungsrechtliche Zulässigkeit in Gewerbegebieten spreche. Die genehmigte Anlage sei ihrer Art und Betriebsweise nach auch nicht atypisch in der Weise, dass sie vorgenannte Störungen nicht befürchten lasse und ihre Gebietsverträglichkeit dauerhaft und zuverlässig sichergestellt sei. In Anbetracht des mit dem Genehmigungsbescheid zugelassenen Tagesdurchsatzes der Anlage handele es sich nicht um eine kleine Anlage; die Kapazitätsuntergrenze von 10 t pro Tag, die das immissionsschutzrechtliche Genehmigungserfordernis begründeten, werde bei weitem überschritten.

Eine Einhausung – insbesondere des Prallbrechers und der Siebanlage – sei nicht vorgesehen. Vor diesem Hintergrund reichten auch die im Genehmigungsbescheid aufgenommenen Nebenbestimmungen nicht, um von einer atypischen Anlage auszugehen. Vielmehr weise die genehmigte Anlage in der Gesamtschau aller Umstände ein industriegebietstypisches Störpotenzial aus und sei damit in einem Gewerbegebiet nicht zulässig.

Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung bei dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen.

VG Trier, Urteil vom 21. Juni 2023 – 9 K 407/23.TR –

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