Bund der Steuerzahler hakt nach

René Quante interessiert sich für Prozessführung der VG Bernkastel-Kues – Anwalt feiert Karneval

Bernkastel-Kues. In den Gerichtsverfahren der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues gegen einen entlassenen Mitarbeiter addieren sich die Besonderheiten weiter auf. Inzwischen ist auch der rheinland-pfälzische Bund der Steuerzahler hellhörig geworden. Juristisch kann Geschäftsführer René Quante den Fall nicht bewerten. „Das ist eine Sache der Gerichte.“ Was ihn interessiert, ist der augenscheinlich laxe Umgang mit Steuergeldern.

Im Herbst 2011 sprach Verbandsbürgermeister Ulf Hangert eine Verdachtskündigung gegen Erich Klassen aus, der über 40 Jahre in der Verwaltung treue Dienste geleistet hatte. Plötzlich stand er im Verdacht, 1.570 Euro aus der Kasse genommen zu haben. Die Kündigungsschutzklage wird am 8. Mai 2014  in zweiter Instanz beim Landesarbeitsgericht verhandelt.

Forderung ohne Beweise

Im März 2012 bezifferte die VG ihren Schaden auf fast 185.000 Euro und verlangt seitdem von Erich Klassen in dieser Höhe eine Schadensersatzzahlung, ohne die Summe je belegt zu haben. Dass Ulf Hangert damit die Familie in den Ruin treibt, scheint ihn nicht zu tangieren. Keine Gehaltszahlungen mehr, die Kreditwürdigkeit ist dahin, Nachbarn wechselten die Straßenseite: Dabei gilt rein juristisch die Unrechtsvermutung bis zum Beweis des Gegenteils auch für Herrn Klassen.

Herr Hangert als Behördenleiter müsste das klar sein: Arbeitgeber haben gegenüber den Beschäftigten eine Treue- und Sorgfaltspflicht – und das ebenfalls bis zum Beweis des Gegenteils. Sollte Erich Klassen die Kündigungsschutzklage gewinnen, wäre er bis heute nahtlos Verwaltungsangestellter der Verbandsgemeinde. Die 185.000 Euro, die Klassen veruntreut haben soll, wurden im Übrigen nie herangezogen, um die Kündigung zu begründen.

Warum beschränkt sich Ulf Hangert auf eine Verdachtskündigung wegen 1.570 Euro, wenn im Parallelprozess behauptet wird, Erich Klassen habe 185.000 Euro veruntreut? Eine mögliche Antwort ist folgende: Dann wäre er vielleicht schon an der Darlegungspflicht gegenüber dem Personalrat gescheitert. Ihm gegenüber wäre der Bürgermeister zu Rede und Antwort verpflichtet gewesen.

Am 19. Februar blieben Ulf Hangert und sein Rechtsanwalt dem Gerichtssaal fern. Es ging um die Schadensersatzklage im Parallelprozess. Wiederum ließen sie eine Chance ungenutzt, die behaupteten fast 185.000 Euro Schaden zu beweisen. Stattdessen erging ein Versäumnisurteil gegen die Verbandsgemeinde: Nach dem deutschen Prozessrecht verliert automatisch die Partei, die nicht im Gericht erscheint. Die Kosten trägt die VG. Am vergangenen Freitag erhob Hangert Einspruch gegen dieses Versäumnisurteil.

Kanzlei geschlossen wegen Karneval

Anwalt Bergweiler bat um eine Fristverlängerung von 14 Tagen, um die in der Presse angekündigten „erwarteten neuen Erkenntnisse“ vorzutragen. Begründung: Über Karneval sei die Kanzlei tageweise geschlossen gewesen. In Klassens Lage ist dies blanker Zynismus. Dem Antrag wurde stattgegeben, was juristisch korrekt ist und an dem vom Arbeitsgericht Trier bereits festgesetzten Verhandlungstermin nichts ändert. Mit dem nächsten  Verhandlungstag am 18. Juni 2014 in Bernkastel-Kues belegt Richterin Dr. Thum ihr Interesse am zügigen Fortgang des Verfahrens.

Die Anwälte Klassens, Dr. Margit Bastgen und Michael Mies, legten zudem ein anonymes Bekennerschreiben zu den Akten, in dem ein Unbekannter sich der Tat bezichtigt und Hangert auffordert, das Verfahren gegen Klassen einzustellen. „Ich habe schwere Schuld auf mich geladen“, schreibt er in Druckschrift. Das Schreiben war sowohl an Ulf Hangert als auch an die Kanzlei Dr. Bastgen adressiert. Anlass zu Ermittlungen sieht die Staatsanwaltschaft keine.

Bekennerschreiben eingegangen

Indes stellt René Quante eigene Recherchen an. Als Interessensvertreter der Steuerzahler möchte er wissen, warum Hangert einen Schadensersatz in beträchtlicher Höhe verlangt, ohne in den vergangenen zwei Jahren die Beweise dafür vorzulegen. Ihn interessiert, warum er stattdessen am Prozesstag abwesend war, noch dazu mit einem Anwalt, den nicht der Kommunale Arbeitgeberverband zahlt. Quante fragt konkret nach den bisher aufgelaufenen Kosten für sämtliche Prozesse und für den Trierer Anwalt.

Lauthals wetterte der stellvertretende Landesvorsitzende der CDU, Alexander Licht, beim politischen Ascherdonnerstag gegen die Verschwendung von Steuergeld auf dem Nürburgring. Auf den rot-grünen Gegner lässt sich gut schimpfen. In der eigenen Verbandsgemeinde, im eigenen Landkreis hält er dagegen die Füße erstaunlich still.

Viele Fragen bleiben offen

Die Fragen vom Chef des rheinland-pfälzischen Steuerzahlerbunds an Ulf Hangert finden unsere Leser hier im Anschluss online, ebenso einige der Fragen, die die Anwälte Dr. Margit Bastgen und Michael Mies M.A. stellen.

Die Fragen vom Rene’ Quante vom Bund der Steuerzahler:   

1)     Entspricht der geschilderte Sachverhalt den Tatsachen? Falls nicht, so bitten wir um Richtigstellung.

2)     Wieso hat die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues davon Abstand genommen, einen kostenlosen Anwalt vom Kommunalen Arbeitgeberverband mit der Vertretung zu beauftragen?

3)     Wieso führt die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues Prozesse, um Forderungen durchzusetzen, die sie weder belegen noch beweisen kann? Wer trägt für diese Entscheidung die Verantwortung?

4)     Sofern die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues rechtlich falsch beraten worden ist: Werden Regressansprüche gegen die Anwaltskanzlei König erhoben?

5)     Wie kommt es, dass keine Anwälte oder Vertreter der Verbandsgemeinde zum Prozess um die Schadensersatzforderung erschienen sind? Speziell vor dem Hintergrund, das sich die Verbandsgemeinde gegen einen kostenfreien Anwalt entschieden hat.

6)     Wie kann es sein, dass die Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues zwar ein Opfer von Veruntreuung geworden ist – unabhängig davon, welche Person sie begangen hat – aber selbst Jahre nach der Tat immer noch nicht in der Lage ist, die Höhe des Schadens konkret darlegen zu können?

7)     Wie hoch sind die bislang angefallenen Kosten der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues für die negative Feststellungsklage und die Aktivklage in Sachen Schadensersatz-anspruch? Ist hier mit weiteren Kosten zu rechnen? Falls ja, für was und in welcher geschätzten Höhe?

8)     Wie hoch sind die bislang angefallenen Anwaltskosten der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues für das Führen der Kündigungsschutzklage in beiden Instanzen?

9)     Inwiefern entspricht der Verzicht auf eine kostenlose Anwaltsvertretung und das Anstrengen aussichtsloser Prozesse den Grundsätzen von Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit im Sinne der Gemeindeordnung?

Die Fragen der Anwälte Dr. Margit Bastgen und Michael Mies M.A.

–          Wie kommt Ulf Hangert auf eine Schadenssumme von über 184.000 Euro, nachdem er Herrn Klassen wegen des Verdachts auf 1.570 Euro Veruntreuung gekündigt hatte?

–          Warum setzt die Polizei eine Mitarbeiterin ohne Kenntnisse im kommunalen Finanzrecht an die “Rekonstruktion” der Buchhaltung, in der schriftliche Belege in den Bereichen

Bußgeldbescheide und Führerscheine komplett fehlen?

–          Warum behauptet Ulf Hangert wider besseres Wissen vor dem Landesarbeitsgericht, die Aufsichtsbehörden hätten bei der Prüfung der VG-Kassen einen Fehlbetrag von über 184.000 Euro

festgestellt?

–          Warum behauptet er, die Staatsanwaltschaft habe den Zahlungsfluss von der Barkasse des Ordnungsamtes in die Hauptkasse überprüft? Dies ist nicht der Fall.

–          Wann und von wem wird Behördenchef Ulf Hangert zur Rechenschaft gezogen dafür, dass er seine Dienstpflichten verletzte und das Vermögen der Verbandsgemeinde Bernkastel-Kues

gefährdete?

–          Warum spielen Hangert und sein Rechtsanwalt auf Zeit, anstatt zielorientiert an der Aufklärung dieses Falles mitzuarbeiten?  Wer 185.000 Euro haben möchte, sollte doch ein ureigenstes

Interesse daran haben, zeitnah Beweise für diese Forderung vorzulegen!

 

 

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