Antonius Mönch

Es gehört zu den Launen der Geschichte, dass ausgerechnet 1933, als die schlimmsten Judenfeinde die Macht im Reich errangen, der Sohn einer Jüdin das Amt eines Weihbischofs von Trier bekleidete. Dr. Dr. Antonius Mönch, dessen Mutter fast 100 Jahre zuvor als 15-Jährige vom jüdischen zum katholischen Glauben übergetreten war, war schon seit fast zwei Jahrzehnten im Bischofsamt. Er blieb dies noch zwei weitere Jahre, ehe er 1935 einem Schlaganfall erlag. Kein Wunder, dass sich dieser Weihbischof antisemitischen Anfeindungen ausgesetzt sah. Sein Beichtstuhl im Dom wurde mit faulen Eiern beworfen und beschmiert, andere machten sich über Besonderheiten des Mannes aus dem Ahrgebiet lustig  – zum Beispiel sein Lispeln. Für diese „unfeinen Menschen“, wie sich der damalige Bischof Bornewasser allzu vornehm ausdrückte, war Antonius Mönch in erster Linie „Halbjude“. Die meisten Trierer ließen sich allerdings davon kaum beindrucken. Trotz NS-Diktatur defilierten Zehntausende im Februar 1935 an dem Aufgebahrten vorbei und erwiesen ihrem beliebten Weihbischof die letzte Ehre.

Antonius Mönch wurde 1870 in Niederholzweiler als zweitjüngstes von acht Kindern des katholischen Lehrers von Vettelhoven Johann Ludwig Mönch und dessen bereits 45 Jahre alten Ehefrau Anna Maria (geborene Kaufmann) geboren. Der zunächst in der Schule seines Vaters, dann in Ahrweiler unterrichtete Antonius trat als 17-Jähriger in das Bischöfliche Konvikt in Trier ein und besuchte das berühmte Friedrich-Wilhelm-Gymnasium. Mit einem Durchschnitt von 1,7 machte Mönch 1891 Abitur. Wie die große Mehrheit seiner Mitschüler studierte er Theologie, aber bald schon gehörte er zu der erlesenen Minderheit, die zum Studium nach Rom durfte. An der päpstlichen Universität erwarb er die dort üblichen Studienabschlüsse: 1894 den philosophischen, 1898 den theologischen Doktorgrad. Mit 27 Jahren wurde der Eifler, dessen Mutter einst amtlicherseits als „sittlich gut, aber arm“ bezeichnet worden war, Priester. Zurück in der Heimat folgten Jahre seelsorgerischen Wirkens. Wie viel sein Bischof von ihm hielt, konnte man 1907 erkennen, als Mönch Pfarrer von Neunkirchen/St. Marien wurde, der damals größten Pfarrei im Bistum. Die Konfrontation mit der industriellen Lebenswelt an der Saar trug dazu bei, dass sich Mönch immer stärker sozialen und karitativen Fragen widmete. Der Einsatz für die karitativen Einrichtungen der Trierer Kirche wurde ihm zu einem Hauptarbeitsgebiet. 1916 wurde er erster Vorsitzender des neu gegründeten Diözesan-Caritasverbandes, nach dem Weltkrieg zeitweise sogar Vizepräsident des Deutschen Caritasverbandes. Darüber hinaus wurden dem als Fachmann anerkannten Eifler wichtige weitere Aufgaben in der Caritas übertragen. Das damit verbundene Arbeitspensum konnte er nur schaffen, weil ihm die Sorge um Krankenhäuser, Heime und gute Fachkräfte tiefstes Herzensanliegen war. „Allen ohne Ausnahme empfehle ich noch aus dem Grabe die Caritas“, lautete der letzte Satz seines Testamentes und eine von ihm 1928 begründete Zeitschrift nannte er „Caritas ruft“. Die Aktionen des NS-Staates gegen die katholische Caritas verdüsterten ihm seine letzten Lebensjahre stärker als die persönlichen Angriffe.

So stark sich Mönch auch karitativ engagierte, so war er doch seit 1915 in erster Linie Weihbischof. Während seiner langen Amtszeit beeindruckte der körperlich sehr kleine Theologe mit enormer Energie. Wie sein Biograph Martin Persch dokumentierte, firmte er in dieser Zeit fast 340 000 Firmlinge und erteilte rund 1000 Priester-, Diakonats- und Subdiakonatsweihen. Zahlreiche Korrespondenzen waren täglich zu erledigen und öfters visitierte der Weihbischof im Jahr an die 200 Pfarreien. Hinzu kamen umfangreiche Verpflichtungen als Domkapitular und als Geistlicher Rat. Bei der Heilig-Rock-Wallfahrt 1933 kontaktierte Mönch als Leiter des Presseausschusses Medienvertreter im In- und Ausland. Im gleichen Jahr stand er in der engeren Wahl, Bischof von Münster zu werden, doch hinderte wohl Mönchs jüdischer Hintergrund eine Entscheidung zu seinen Gunsten. Freuen konnte er sich aber darüber, dass 1933 mit dem Eifeler Nikolaus Bares ein alter Schulfreund und Weggefährte Bischof von Berlin wurde. Als dieser im März 1935 nur wenige Wochen nach Antonius Mönch starb, hatte nicht nur die Eifel zwei eindrucksvolle Persönlichkeiten innerhalb eines Monats verloren.

Verfasser: Gregor Brand

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