Zukunft: Rheinland-Pfalz hinkt hinterher

Hermann Simon
Hermann Simon

Von Hermann Simon. Was bestimmt die Zukunft unserer Wirtschaft und unserer Wettbewerbsfähigkeit? Es sind vor allem Neugründungen von Technologieunternehmen und Innovationen. Das Silicon Valley liefert den besten Beweis für die herausragende Bedeutung dieser Wachstumstreiber. Wie sieht es diesbezüglich in Rheinland-Pfalz aus? Nicht zum Besten, wie ausgewählte Statistiken belegen. Zum einen betrachten wir die Investitionen des in Bonn ansässigen High Tech-Gründerfonds. Dieser Fonds, dessen Investoren die Bundesrepublik Deutschland sowie große Privatunternehmen sind, hat seit 2012 mehr als 500 Millionen Euro in 489 neu gegründete Technologieunternehmen investiert.

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Dieses für deutsche Verhältnisse sehr große Volumen von sogenanntem Venture Capital spiegelt das technologisch-unternehmerische Potenzial der einzelnen Bundesländer wider. Abbildung 1 zeigt die Investitionen des High Tech-Gründerfonds pro Million Einwohner und deckt eklatante Unterschiede zwischen den Bundesländern auf.

Berlin liegt mit deutlichem Abstand vor Hamburg an der Spitze, gefolgt von Bayern. Erstaunlich gut schneiden die neuen Länder Thüringen und Sachsen ab, sie liegen noch über dem deutschen Durchschnitt. Rheinland-Pfalz rangiert an drittletzter Stelle, nur Sachsen-Anhalt und das Saarland sind noch schwächer, wenn es um High Tech-Investitionen in Start Up-Unternehmen geht.

Ein etwas anderes Bild ergibt sich bei der Innovationsstärke, die wir anhand der Patentanmeldungen beim Deutschen Patentamt im Jahre 2014 messen. Abbildung 2 zeigt die Anmeldungen pro Million Einwohner und deckt ebenfalls große Unterschiede zwischen den Bundesländern auf.

Bei Patentanmeldungen pro Einwohner führt Baden-Württemberg vor Bayern. Alle anderen Bundesländer fallen deutlich zurück. Rheinland-Pfalz belegt hier etwa gleichauf mit Thüringen, Berlin und Sachsen einen mittleren Platz, der jedoch weniger als die Hälfte des Bundesdurchschnitts von 596 ausmacht.

grafik2_32_15Fasst man beide Indikatoren zusammen, so muss man feststellen, dass Rheinland-Pfalz weit unter seinen Möglichkeiten bleibt. Obwohl das Land 4,9% der deutschen Bevölkerung aufweist, entfallen nur 1,8% der Investitionen des High Tech-Gründerfonds und lediglich 2,1% der deutschen Patente auf Rheinland-Pfalz.

Was sind die Ursachen dieses schlechten Abschneidens? Ohne Zweifel trägt eine seit Jahrzehnten fehlgeleitete Politik einen wesentlichen Teil der Verantwortung. Statt zukunftsgerichtet zu investieren, sind dreistellige Millionenbeträge in letztlich aussichtslosen Prestigeprojekten versenkt worden. Die entstandenen Lücken in Bildung, Forschung und Innovationsfähigkeit zeigen sich heute und dürften in Zukunft noch deutlicher zu Tage treten.

Es ist aber auch ein Mangel an unternehmerischer Initiative zu diagnostizieren. Der High Tech-Gründerfonds kann nur dort investieren, wo Unternehmensgründungen mit technischer Grundlage stattfinden. Offensichtlich fehlt es diesbezüglich in Rheinland-Pfalz an Kompetenzen und dem Mumm, eigene Unternehmen zu gründen. Wenn ein Großteil der jungen Generation lieber beim Staat oder bei Großunternehmen arbeitet, dann ist es um die wirtschaftliche Zukunft einer Region nicht gut bestellt.

Man kann nur hoffen, dass die Politik, das Bildungssystem und die Gesellschaft insgesamt aus diesen Versäumnissen lernen und das Ruder herumreißen. Das kann nur heißen, Rheinland-Pfälzer müssen mehr Unternehmen mit technologischem Potenzial gründen und verstärkt innovieren.

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