Vorschläge zur Verstetigung der Entwicklung von Landes- und Kommunalfinanzen

Zweiter Anlauf  zur Einführung von Gleichmäßigkeitsgrundsätzen ins Landesfinanzausgleichsgesetz

Am 14. und 21.01.2009 hatte Hans-Peter Stölben aus Daun in der „Eifel-Zeitung“ unter der Überschrift „Vorschläge zur Verstetigung der Entwicklung von Landes-und Kommunalfinanzen“ beschrieben, wie unterschiedlich in Rheinland-Pfalz und im Freistaat Sachsen das Verhältnis der Landes-und Kommunalfinanzen geregelt ist und wie sich dieses Verhältnis darstellt und entwickelt hat.Die Beiträge befassten sich schwerpunktmäßig mit den verfassungsrechtlichen Hintergründen staatlicher und kommunaler Aufgaben- und Finanzverteilung, dem Kommunalen Finanzausgleich, dem Überborden der „Zweckzuweisungen“ innerhalb und außerhalb des Kommunalen Finanzausgleichs in Rheinland-Pfalz. All dieses kann im Internet nochmals nachgelesen werden und gilt in den Grundzügen heute noch. Der Beitrag soll deutlich machen, wie im Freistaat Sachsen eine solche Überschrift wie in der Eifel-Zeitung  vom 18.01.2015 „Hauskonsolidierung des Landes geht zu Lasten der Kommunen“  von vorneherein so nicht möglich wäre.

Was ist im Freistaat Sachsen geschehen und hat diesem Verteilungskampf zwischen Land und Kommunen die Luft rausgenommen? Als erstes und einziges Bundesland, wo allein die selbstverwaltungsfreundlichen Schlüsselzuweisungen 2013 satte 81 v.H. der Finanzausgleichsmasse = der Betrag, der den kommunalen Gebietskörperschaften an Landeszuweisungen  aus dem Kommunalen Finanzausgleich zur Verfügung steht- ausmachen,(in Rheinland-Pfalz rd. 48 v.H.) hat man seit 1996 Gleichmäßigkeitsgrundsätze im Gesetz verankert und diese im Laufe der Jahre verfeinert.  Danach ist bei der Einführung dieser Grundsätze zunächst zwischen Land und Kommunen aufgrund der Haushaltsstatistiken eines Basisjahres Einvernehmen hergestellt worden, wie die Aufgaben und die daraus resultierenden Ausgaben sowie die Einnahmen in Relation zueinander stehen. Innerhalb der kommunalen Familie musste dies selbstverständlich für jede Körperschaftsebene geschehen.

Es müsste also ein echter Schnitt gemacht und aufbauend auf einem Basisjahr die Gleichheitsgrundsätze angewendet werden. Dies wären bei den Kommunen   in Rheinland-Pfalz kreisfreie Städte, große kreisangehörige Städte, verbandsfreie Gemeinden, Landkreise, Verbandsgemeinden und Ortsgemeinden. In Sachsen ist hierbei für den Kommunalbereich festgelegt, welche Aufgaben zum Bereich der Kernverwaltung zählen. Nur diese werden bei der statistischen Auswertung berücksichtigt.

Alle drei Jahre ist zu überprüfen, ob aufgrund von Veränderungen im Aufgabenbestand und aufgrund der Entwicklung der notwendigen Ausgaben und der originären Einnahmen im Verhältnis zwischen dem Freistaat und den Kommunen das Finanzverteilungsverhältnis nach dem vertikalen Gleichmäßigkeitsgrundsatz anzupassen ist. Gleiches gilt natürlich auch für die kommunalen Ebenen. Für die Überprüfung evtl. nötiger Anpassungen werden ausgabeseitige Kriterien, objektive Indikatoren und die Entwicklung der Deckungsquoten herangezogen.

Diese Überprüfungen sind in Sachsen einem im Finanzausgleichsgesetz verankerten Beirat vorbehalten, dem je zwei Vertreter des Staatsministeriums der Finanzen und des Staatsministeriums des Innern sowie zwei Vertreter der Landkreise und drei Vertreter der übrigen kommunalen Gebietskörperschaften angehören. Die kommunalen Vertreter sind damit in der Überzahl. Sie werden auf Vorschlag der kommunalen Spitzenverbände vom Staatsministerium der Finanzen berufen (Anmerkung: Der kommunale Finanzausgleich ist in Sachsen beim Finanzministerium und nicht beim Innenministerium angesiedelt. In Sachsen existieren keine Verbandsgemeinden.)

Der vertikale Gleichmäßigkeitsgrundsatz liest sich im Sächsischen FAG wie folgt:
„Die Entwicklung der Gesamteinnahmen der sächsischen Kommunen aus Steuern (Realsteuern abzüglich Gewerbesteuerumlage, Gemeindeanteile an der Einkommensteuer und Umsatzsteuer sowie andere Steuern) sowie den Zuweisungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich soll sich gleichmäßig zur Entwicklung der dem Freistaat verbleibenden Finanzmasse aus Steuern sowie dem Länderfinanzausgleich einschließlich Bundesergänzungszuweisungen, abzüglich der den Kommunen zufließenden Finanzmasse im kommunalen Finanzausgleich, also zu seinen Gesamteinnahmen netto gestalten (Gleichmäßigkeitsgrundsatz Stufe 1 = vertikal).“

Es folgen zwei horizontale Gleichmäßigkeitsgrundsätze:
„Der für Schlüsselzuweisungen (= sagenhafte 81 v.H. der Finanzausgleichsmasse) zur Verfügung stehende Teil der Finanzausgleichsmasse (Gesamtschlüsselmasse) wird so zwischen dem kreisangehörigen Raum (kreisangehörige Gemeinden und Landkreise) und dem kreisfreien Raum (kreisfreie Städte) aufgeteilt, dass sich die Finanzkraft je Einwohner gleichmäßig entwickelt“.(Gleichmäßigkeitsgrundsatz Stufe 2 = horizontal).

Weiter: „Die Aufteilung des Anteils der Gesamtschlüsselmasse für den kreisangehörigen Raum erfolgt für die kreisangehörigen Gemeinden (Anmerkung: in Rheinland-Pfalz müssten die Verbandsgemeinden dazu kommen) und die Landkreise nach dem Grundsatz der gleichmäßigen Entwicklung der Schlüsselzuweisungen je Einwohner“ (Gleichmäßigkeitsgrundsatz Stufe 3 = horizontal)
Anmerkung:
Die großen kreisangehörigen Städte und die verbandsfreien Gemeinden zählen zu dem kreisangehörigen Raum. Ein eventueller Mehrbedarf großer kreisangehöriger Städte wäre in der Bedarfsmesszahl auszudrücken.

Aufgrund der Einführung dieser drei Gleichmäßigkeitsgrundsätze kann der Verbundsatz, also das Beteiligungsverhältnis der Kommunen an der Verbundmasse, nicht mehr im Finanzausgleichsgesetz selbst festgesetzt werden. In Sachsen geschieht dies im Haushaltsgesetz. Die Verbundmasse ist der Betrag, der zwischen Land und Kommunen zur Verteilung im Finanzausgleich kommt. Der Verbundsatz drückt das Beteiligungsverhältnis der Kommunen an der Verbundmasse aus.

Schlussbemerkung:
Der Sächsische Kommunale Finanzausgleich ist inhaltlich und systematisch natürlich nicht mit dem in Rheinland-Pfalz identisch. Fakt ist und bleibt jedoch, dass das ständige Tauziehen, Gezänke und Gezetere über die Finanzverteilung in Sachsen nach Einführung der drei Gleichmäßigkeitsgrundsätze im wesentlichen verstummt ist. Zumindest dies sollte auch in Rheinland-Pfalz zu einem Nachdenken führen. Durch die Gleichmäßigkeitsgrundsätze bedingt heißt die Devise für Landes- und Kommunalfinanzen: Im Gleichschritt marsch! Natürlich positiv wie negativ. Land und Kommunen sitzen in einem Boot und bilden in guten wie in schlechten Tagen eine echte Schicksalsgemeinschaft.

Lt. Kommunalbericht 2014 (Seite 27)des Rechnungshofes Rheinland-Pfalz haben die Kommunen im Land 2013 insgesamt Zuweisungen in Höhe von 6654 Mio. Euro erhalten. Hiervon gewährte das Land aus eigenen Haushaltsmitteln 3483 Mio. Euro. Weitere 3171 Mio. Euro waren Zuweisungen des Bundes und der EU, die ebenfalls über den Landeshaushalt abgewickelt werden. Von  diesen insgesamt 6654 Mio. Euro waren lediglich 1058 Euro Schlüsselzuweisungen als allgemeine Deckungsmittel aus dem Kommunalen Finanzausgleich. Von diesen Schlüsselzuweisungen  standen 52 Mio. Euro für Investitionen bereit.

Fazit:
Die Schlüsselzuweisungen machen nur 30,3 v.H. der Landeszuweisungen und 15,9  v.H. der Gesamtzuweisungen aus. Das bedeutet, dass über 80 v.H. der insgesamt gewährten Zuweisungen
„zweckgebundene Zuweisungen“ sind, was mehr als 5500 Mio. Euro ausmacht.

Für diese Art von Fördermitteln zu verteilen bieten sich im Landeshaushalt über 90 Fördertöpfe an. Diese Art von Zuweisungen beschäftigen tausende Mitarbeiter von Land und Kommunen in teilweise sehr aufgeblähten. Antrags-, Bewilligungs- und Kontrollbürokratien. Man könnte ganze Flure von Ministerien und ADDs personell lichten, wenn man diese zweckgebundenen Zuweisungen die für größere Kommunalinvestitionen selbstverständlich erforderlich sind, auf das unbedingt notwendige Maß stutzen würde um im gleichen Umfang die selbstverwaltungsfreundlichen allgemeinen Deckungsmittel aufzustocken, Die massive Verstärkung müsste in „pauschale Investitionsschlüsselzuweisungen „ fließen. Hier könnten dann die Kommunen die Prioritätentscheidungen selbst treffen. Die Staatslenkungskunst in die Kommunen hinein durch den „Goldenen Zügel“ könnte so ein ganzes Stück zurückgedrängt werden..

Der Einspareffekt würde ein Mehrfaches ausmachen gegenüber dem was man vorgibt bei kommunalen Gebietsreformen einsparen zu können. Auch bei diesen Themen müsste die Treppe von oben herunter gekehrt werden. Eine echte Funktionalreform müsste sich zuerst diesem Thema verschreiben, zumal hier neben der Beachtung einheitlicher haushaltsrechtlicher Vorgaben( § 44 Landeshaushaltsordnung plus 50 Seiten Verwaltungsvorschrift hierzu) für jeden Fördertopf aus Ressortegoismus Zusatzrichtlinien zu beachten sind. Fast nach dem Motto: Jedem der 90 Fördertöpfe seine eigene Richtlinie. Ich habe den Glauben aufgegeben, dass sich etwas ändert. Es gibt Kleine Koalitionen, Große Koalitionen und die allergrößte ist die „Pfründekoalition“. Das System wird auch bei Regierungswechseln wie ein Staffelstab weitergegeben. Mit einem ernsthaften Versuch, hier etwas ändern zu wollen, rechne ich nicht mehr.
 
Anm.d.Red.: Hans-Peter Stölben war von 1976 bis 1991 Dozent für öffentliche Finanzwirtschaft mit den Fächern Finanzverfassung. Bundesstaatlicher Finanzausgleich und Kommunales Haushaltswesen an der Fachhochschule für Öffentliche Verwaltung Rheinland-Pfalz in Mayen und von 1993 bis 2004 Dozent an der Fachhochschule der Sächsischen Verwaltung in Meißen mit dem Zusatzfach „Staatliche Haushaltswirtschaft“ Zu diesen Themen hat Stölben einige Fachbücher verfasst und viele Beiträge in Fachzeitschriften veröffentlicht sowie die Lose-Blatt-Vorschriftensammlung. „ Kommunales Finanzwesen“ mitbegründet Hinzu kamen Lehraufträge bei Kommunalen Studieninstituten sowie Verwaltungs-und Wirtschaftsakademien( Potsdam, Magdeburg, Berlin Leipzig und vor allem Dresden). Der 40-seitige Beitrag im Buch „Staats- und Verwaltungsrecht Rheinland-Pfalz“ zum seinerzeit neukonzipierten kommunalen Finanzausgleich Rheinland-Pfalz aus 1978 stammt aus seiner Feder. Während der Zeit im Freistaat Sachsen entstand eine langjährige Verbindung mit dem damalige Referatsleiter im Finanzministerium des Freistaates Dr. Äelig, der für die kommunale Finanzausgleichs-Gesetzgebung zuständig war. Auf diesem Wege kamen auch zwei Unterredungen  und ein Schriftwechsel mit  dem damaligen Finanzminister und späteren Ministerpräsidenten Prof. Dr. Georg Milbradt zustande. Themen: Kommunale Gebietsreform und Kommunaler Finanzausgleich.

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