Rot/Grün macht 754 Mio. neue Schulden

Hoher Schuldenstand und ungewöhnlich hohe Zinsausgaben belasten den Landeshaushalt

ritter_03_16„Trotz hoher Steuereinnahmen, eines historisch niedrigen Zinsniveaus und Fortschritten beim Abbau des strukturellen Defizits bleibt die Haushaltslage des Landes wegen der hohen Gesamtverschuldung äußerst angespannt“, stellte Klaus P. Behnke, Präsident des Rechnungshofs, bei der Veröffentlichung des aktuellen Jahresberichts fest.

„Im Haushaltsjahr 2014, für das die Landesregierung Entlastung beantragt hat, mussten allein zum Ausgleich des Kernhaushalts neue Schulden von 616 Mio. Euro aufgenommen werden. Hinzu kamen Kredite von 138 Mio. Euro für die Landesbetriebe, sodass sich die Neuverschuldung insgesamt auf eine dreiviertel Mrd. Euro belief. Die Gesamtverschuldung des Landes stieg dadurch auf nahezu 37,5 Mrd. Euro. Hinzu kommen noch die Schulden der Kommunen mit über 8 Mrd. Euro = Gesamt 45,5 Mrd. Euro.

Die erheblichen Haushaltsbelastungen spiegeln sich in den Rechnungsergebnissen 2014 und den Ländervergleichen wider: Zwar schloss der konsumtive Haushaltsteil, der die laufenden Einnahmen und laufenden Ausgaben umfasst, insbesondere infolge eines erneuten Anstiegs des Steueraufkommens mit einem Überschuss von 384 Mio. Euro ab. Dieser reichte jedoch bei Weitem nicht aus, die Investitionsausgaben einschließlich der ihnen zugeordneten Zuführungen an den Pensionsfonds sowie die Tilgungsausgaben zu decken.

Das Verhältnis der neuen Schulden am Kreditmarkt zu den Gesamtausgaben des Landes (Kreditfinanzierungsquote) lag mit 4,1 % um mehr als das Doppelte über der Durchschnittsquote von 2,0 % bei allen anderen Flächenländern. Lediglich die Konsolidierungshilfeländer Saarland und Schleswig-Holstein wiesen höhere Fremdfinanzierungsanteile als Rheinland-Pfalz aus.

Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 8.157 Euro lag Rheinland-Pfalz um 40,8 % über dem Durchschnitt der anderen Flächenländer (5.795 Euro). Höhere Schulden je Einwohner hatten nur die Konsolidierungshilfeländer Saarland, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt. Die Zinsausgaben (950 Mio. Euro) überschritten mit 237 Euro je Einwohner den Durchschnittswert der anderen Flächenländer (171 Euro) um 38,6 %. Lediglich das Saarland, Schleswig-Holstein, Sachsen-Anhalt und Thüringen hatten – gemessen an der Zahl der Einwohner – höhere Zinsausgabenbelastungen.

Der Anteil der Investitionsausgaben an den Gesamtausgaben betrug in Rheinland-Pfalz 9,4 %. Wären die Zuführungen an den Finanzierungsfonds für die Beamtenversorgung entsprechend der Handhabung in anderen Ländern nicht als Investitionen, sondern als besondere Finanzierungsausgaben gewertet worden, hätte sich die Investitionsquote des Kernhaushalts lediglich auf 6,2 % belaufen. Damit wäre die Durchschnittsquote der anderen Flächenländer um fast vier Prozentpunkte unterschritten worden. Dies deutet, auch wenn der Ländervergleich infolge unterschiedlicher Aufgabenauslagerungen und landesspezifischer Besonderheiten beeinträchtigt ist, auf eine unterdurchschnittliche Investitionstätigkeit hin.

Das strukturelle Defizit belief sich Ende 2014 noch auf 388 Mio. Euro. Zu der bisherigen Defizitverringerung trugen u.a. Zuwächse bei den als konjunkturneutral angesehenen Steuereinnahmen, das günstige Zinsniveau und moderate Personalausgabensteigerungen bei. In der aktuellen Finanzplanung hat die Landesregierung ihre Konsolidierungsplanung fortgeschrieben. Sie geht davon aus, dass der Haushalt bis 2020 entsprechend den verfassungsrechtlichen Vorgaben strukturell ausgeglichen und darüber hinaus ein „Sicherheitspuffer“ von 206 Mio. Euro realisiert werden kann. Gleichzeitig lassen die Plandaten einen Anstieg der Gesamtverschuldung auf fast 40 Mrd. Euro erwarten.

Den offenen Handlungsbedarf ab 2017 hat die Landesregierung mit 420 Mio. Euro beziffert und – ohne konkrete Festlegungen – zu erwirtschaftende Konsolidierungsbeiträge von 180 Mio. Euro bei den Personalausgaben sowie von 240 Mio. Euro als Globale Minderausgaben in der Finanzplanung berücksichtigt.

Präsident Behnke: „Die Konsolidierungsplanung ist sehr ambitioniert. Kürzungen oder andere Einschnitte in Bezüge und Versorgung dürften angesichts der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht unproblematisch sein. Insoweit können Konsolidierungsbeiträge im Wesentlichen nur durch einen Stellenabbau verwirklicht werden. Um Ausgaben von 180 Mio. Euro zu vermeiden, müssten insgesamt nahezu 2.800 besetzte Stellen der Besoldungsgruppe A 12 eingespart werden. Können die Globalen Minderausgaben nicht oder nur teilweise bei den sonstigen Ausgaben erwirtschaftet werden, erhöht sich der Konsolidierungsdruck auf die Personalausgaben weiter. Außerdem dürfen notwendige Investitionen und erforderliche Unterhaltungs- sowie Instandsetzungsausgaben u.a. für Gebäude, Brücken und Straßen nicht vernachlässigt werden. So hatte der Rechnungshof in seiner Beratenden Äußerung vom 18. August 2015 zur Erhaltung des Landesstraßennetzes auf einen Investitionsbedarf allein im Bereich der schlechten und sehr schlechten Streckenabschnitte sowie für die Durchführung sonstiger dringlicher Straßenbaumaßnahmen von nahezu 970 Mio. Euro hingewiesen. Ein solches verdecktes Finanzierungsdefizit stellt für den Haushalt ebenso ein Risiko dar wie die Verschuldung und belastet zudem künftige Generationen“.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen