Offener Brief zur Kommunal- und Verwaltungsreform in Rheinland-Pfalz von Ortsbürgermeister Ossi Steinmetz, OG Bausendorf, VG Kröv-Bausendorf

Gehofft, gebangt, gekämpft und doch verloren?
Ein oft zitierter Satz bei dem Gott bei den Betroffenen das Amen, meist unerwartet, gesprochen hat. In unserem Fall haben das Amen hochkarätige, für meine Begriffe selbstherrliche und von der Realität weit entfernte Minister und Staatssekretäre der Rot-Grünen Landesregierung auf den Weg gebracht und damit gesprochen, dies unter Zugrundelegung bzw. Berufung auf die Festlegung: „dem Gemeinwohl dienend“, was sich übrigens wie ein roter Faden durch die 104 Seiten des Gesetzentwurfes zieht. An dieser Stelle eine Definition des Begriffs „Gemeinwohl“ durch die Bundeszentrale für politische Bildung: „Das allgemeine Wohl betreffend. Dabei wird in der Regel übersehen, dass in pluralistischen Gesellschaften die konkrete inhaltliche Bestimmung des Gemeinwohls immer von den Interessen und Zielen derjenigen abhängig ist, die sich auf das Gemeinwohl berufen und das Gemeinwohl bestimmen (wollen) und/oder derjenigen, denen die Verwirklichung des Gemeinwohls nutzt.“

Außerdem beruft man sich an mehreren Stellen auf ein nicht nachvollziehbares, nicht genügend belegtes und somit für mich zweifelhaftes Gutachten von Prof. Dr. Martin Junkernheinrich, Techn. Universität Kaiserslautern, vom August 2012. Eine Gegendarstellung von Prof. Johannes Dietlein, Uni Düsseldorf, im Auftrag des Gemeinde- und Städtebundes mit einem weitaus anders lautenden Ergebnis und Fazit blieb bei der Entscheidung unberücksichtigt. Im Klartext, seit ein paar Tagen liegen einer Reihe von Verbandsgemeinden in Rheinland-Pfalz Gesetzentwürfe vor, die für bewährte und gut funktionierende Einheiten das „Aus“ bedeuten. Hierzu gehört auch die Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf.

Wir haben gehofft, dass die im Jahre 2009 von der Rot-Grünen Landesregierung angekündigte Kommunal- und Verwaltungsreform nach Ablauf der Freiwilligkeitsphase, die in ihren jetzigen Festlegungen für mich Stückwerk darstellt, in ihrer Umsetzung gestoppt wird. Wir haben gehofft, dass bis zum Jahre 2019 eine Reform aus einem Guss unter Einbeziehung der Landkreise auf den Weg gebracht wird, die dann auch für alle Beteiligten nachvollziehbar wäre und auch mit Sicherheit akzeptiert würde. Zu erkennen ist ferner, dass kein klares und einheitliches Konzept vorliegt, da in der Vergangenheit Ausnahmen (Aufschub von Fusionen bis zum Jahr 2019, z. B. Thalfang) zugelassen wurden.

Wir haben gehofft, dass unsere Argumentationen im Verbandsgemeinderat, in den Fraktionen und den Ausschüssen und in allen 10 Orts­­gemeinderäten mit einstimmigen Beschlüssen und den entsprechenden Begründungen, teilweise unter Aufzeigung von Alternativen, Berücksichtigung bei der Entscheidung finden. Dies waren Stunden und Tage von ehrenamtlich tätigen Kommunalpolitikern, die wir uns aus Sorge um die Einheit und den Fortbestand einer gewachsenen, erfolgreich arbeitenden und leistungsfähigen Verbandsgemeinde mit Gemeinsamkeiten aus der Geschichte und gemeinsamen kirchlichen Bindungen gemacht haben. Schon frustrierend, wenn diese Bemühungen unberücksichtigt bleiben. Es taucht für uns alle die Frage auf, ob es bei einem solch rigorosen und diktatorischen Vorgehen der Rot-Grünen Landesregierung noch Sinn macht, sich ehrenamtlich in der Kommunalpolitik zu engagieren. Ist das so gewollt?

Wir haben gehofft, dass der so hoch gepriesene Bürgerwille, durch die Landesregierung propagiert bis in ihre Spitzen einschließlich der Ministerpräsidentin Malu Dreyer, nachweislich in unserem Fall resultierend aus einem gesetzlich verankerten Bürgerbegehren mit einer Abstimmungsbeteiligung von 57.5 % in der VG Kröv-Bausendorf und einem „Nein“ von 93 % gegen eine Zwangsfusion mit Traben-Trarbach Berücksichtigung findet.

Wir haben gehofft, dass Bürgerbefragungen, Aussprachen und Abstimmungen in Bürgerversammlungen in einigen Ortsgemeinden mit einem einstimmigen Votum gegen eine Zwangsfusion mit Traben-Trarbach Gehör finden. Nichts von Allem, auch hier Fehlanzeige. Ist das gelebte Demokratie vor dem Hintergrund der vor 200 Jahren von Stein-Hardenberg eingeläuteten kommunalen Selbstverwaltung mit dem zentralen Thema „Mitwirkungsmöglichkeiten der Bürger im Staat“, und dem Ziel „Belebung des Gemeingeistes und des Bürgersinns“? Nein, diese Bemühungen und Bestrebungen werden zum Beginn des 21. Jahrhunderts in Rheinland-Pfalz mit Füßen getreten.

Wir haben gebangt um den Fortbestand und haben Stellungnahmen seitens der Verbandsgemeinde Kröv-Bausendorf und den Ortsgemeinden am 11.01.2013 dem Staatsminister Roger Lewentz, Innenministerium, zukommen lassen. Wir haben am 22.11.2012 das persönliche Gespräch und den Austausch mit dem Innenminister gesucht und auch bekommen. Mir klingen noch die Worte im Ohr, wir sollten die Kommunal- und Verwaltungsreform in ihrer Planung nicht nur kategorisch ablehnen, sondern wenn, zumindest Alternativen, einen sogenannten Plan B, aufzeigen, eine ernsthafte Prüfung wurde uns zugesagt. Auch das haben ein Großteil der Ortsgemeinden in der VG Kröv-Bausendorf bei ihren Abstimmungen getan. Leere Versprechungen, nichts ist daraus geworden.

Nun sind wir bei der letzten Stufe unserer Bemühungen angelangt. Wir haben bisher mit stichhaltigen Argumenten versucht, die Rot-Grüne Landesregierung zu überzeugen und gebeten, zum jetzigen Zeitpunkt unter Berücksichtigung und Einbeziehung eines eindeutigen Bürgervotums von einer Zwangsfusion abzusehen. Dies ist uns scheinbar, und auch de facto bisher nicht gelungen.
Jetzt wollen und werden wir kämpfen mit allen uns zustehenden rechtlichen Mitteln. Nur verursacht dieser Schritt neben einer enormen Kraftanstrengung und einem hohen Zeitaufwand auch unnötig Kosten für die betroffenen Kommunen, von einem weiteren Vertrauensverlust für die Rot-Grüne Landesregierung ganz abgesehen. Ist das nicht auch ein weiterer Schritt in Richtung Verlust des demokratischen Grundverständnisses in Rheinland-Pfalz?

Zum letzten Verb in meiner Aufzählung in abgeänderter Form: Wir geben uns nicht verloren!

An dieser Stelle noch ein Appell an unsere Volksvertreter, unsere Abgeordneten im Landtag, insbesondere an die in der Verantwortung stehenden Abgeordneten, die nach Prüfung der Stellungnahmen der einzelnen Verbandsgemeinden und Gemeinden im Rahmen der Gesetzentwürfe die vorgesehenen Fusionen als Gesetz zu beschließen haben. Denkt daran, bei wem Ihr um die Gunst geworben habt und wer Euch schließlich das Vertrauen geschenkt hat in der Erwartung, dass auch die Meinung unserer Bürgerinnen und Bürger Berücksichtigung findet. Das „Volk“, inzwischen sensibler und kritischer geworden, erwarten eine plausible und nachvollzieh­bare Entscheidung.
Das „Volk“ ist inzwischen durch Entscheidungen der jetzigen Rot-Grünen Landesregierung, vorhersehbar aber fairer Weise auch unvorhersehbar, bei denen viel Porzellan zerschlagen wurde und Vertrauen verloren gegangen ist, sensibilisiert, allerdings auch zu sinnvollen und auch nachvollziehbaren Veränderungen bereit. Im Falle einer Entscheidung des Landesparlaments für die vorgesehenen Zwangsfusionen per Gesetz ist es mir ernsthaft bang um den Fortbestand demokratischer Spielregeln als Grundlage unserer freien und demokratischen Grundordnung, auch und gerade in unserem schönen, lebens- und liebenswerten Bundesland Rheinland-Pfalz.

Ossi Steinmetz, OG Bausendorf,
VG Kröv-Bausendorf

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