Größenwahn bis zum bitteren Ende

karrikatur_kinderwagen_36_14Die Herrschaften in der Mainzer Staatskanzlei sollten einmal in einen durchschnittlichen Kindergarten, in ein Krankenhaus oder eine Schule gehen oder einmal mit ihren Dienst-Limousinen über die Landesstraßen in der Eifel-Mosel-Region fahren. Dann wüssten sie schon in der ersten Sekunde, wozu die reichlich sprudelnden Steuergelder nicht verwendet worden sind. Erinnern Sie sich? Kurt Beck hat vor seinem Abschied in den Vorruhestand die ca. 600 Millionen-Investition am Nürburgring als große Chance für die Region angepriesen. Über 1.000 neue Jobs wurden in Aussicht gestellt.
Und dann rollte die Maschinerie, die öffentliche Gelder in Beck’s völlig sinnloses Prestige-Objekt „Nürburgring 2009“ vorantreiben sollte. Jeder einzelne Steuer-Cent, der für diese Aufwallung des politischen Größenwahns der damaligen SPD-Regierung ausgegeben wurde, war eine Steuerverschwendung erster Güte.

Die Beton- und Kirmesbauten brachten der traditionsreichen Rennstrecke in der Eifel nichts. Oft genug gewarnt, blind vor Größenwahn, wurde gebaut.  Der Nürburgring wurde zur Kulisse für einen globalen VIP-Tross regelrecht degradiert. Geschäfte haben nur die gemacht, die von der „SPD-Lobby“ dazu ermächtigt wurden, kurioserweise oft Österreicher und Herrschaften, deren Eignung scheinbar vollkommen unwichtig war.

Kurz Beck, eigentlich auf den ersten Blick ein sympathischer Zeitgenosse und durchaus charmanter und geselliger Politiker – hat offenkundig aus seinem Versagen nichts gelernt. Der Finanzskandal am Nürburgring war nicht der einzige Finanzskandal unter Kurt Beck. Der Nürburgring ist in Fehlplanungen, Korruption und immer neue Verschwendungs-Orgien versunken.  Viele beteiligte Politiker, die direkt oder indirekt  an diesem Desaster beteiligt waren, sind noch immer in politischen Ämtern, manch einer sogar als Minister oder noch mehr.

Ein Blick auf die vor fünf Jahren neu errichteten Gebäude am Nürburgring macht deutlich, welchen Schaden die Landesregierung auf internationaler Ebene den Steuerzahlern unseres Landes zugefügt hat. Immer wieder wurde das Monster-Projekt am Nürburgring von Beck’s „Polit-Gladiatoren“ als wunderbare Faktoren der Wirtschaftsbelebung für die Eifel präsentiert.

nuerburgring_titel_36_14In der Regel folgen solche politisch motivierten Gigantismus-Bauten seit jeher dem Geschäftsmodell „Bail-out“. Der Begriff Bail-out (englisch aus der Klemme helfen) bzw. Rettungsschirm bezeichnet in den Wirtschaftswissenschaften den Vorgang der Schuldenübernahme und Tilgung oder Haftungsübernahme durch Dritte, insbesondere durch den Staat oder staatliche Institutionen, im Fall einer Unternehmenskrise. Nichts anderes ist auch am Nürburgring passiert.

Es ist daher kein Wunder, dass nun auch die Landesregierung den Nürburgring wie nach einer Heuschrecken-Plage hinterlassen hat. Gigantische Betonbauten  als Ruinen der Neuzeit, bankrotte Pächter und Mieter und wahrscheinlich ein Schuldenberg, der die 1-Milliarden Euro-Grenze übersteigen wird. Gebracht haben die Beton- und Kirmesbauten dem Rennsport und den Menschen rund um den Nürburgring nichts. Kassiert haben etliche merkwürdige Typen und zweifellos auch korrupte Funktionäre. Erst vor fünf Jahren war der „Neue Nürburgring“ eröffnet worden. Schauen sie sich diese Bauten mal an. Der Zerfall ist seit Jahren deutlich sichtbar.

Über die Gastronomiebauten macht sich der Schimmel her.  Das Bild von heute: leere Betonhallen, abblätternde Farben und Putze, gesperrte Eingänge. Der Großteil der „Neubauten“ blieb seit 2009 weitgehend ungenutzt und verrottet, weil die Wartungs- und Heizkosten zu hoch sind. Die Geschwindigkeit des Verfalls und der Verwahrlosung machen die Tragödie auch im Bereich des Motorsports deutlich.

In dem Glauben die Beton- und Kirmesbauten könnten das Wachstum der Eifel ankurbeln und ihr ein modernes Image im Ausland verleihen, griff die damalige SPD-Alleinregierung unter Kurt Beck tief in die Taschen der Steuerzahler. Über 600 Millionen Euro wurden regelrecht versenkt – mehr als doppelt so viel als zuvor veranschlagt. In einem Zweijährigen Gewaltakt wurde der Bau ohne Rücksicht auf die Wetterkariolen der Eifel errichtet. Folgeschäden wurden ohne Regressansprüche hingenommen.   Doch nach der Eröffnung im Juli 2009 war der Glamour vorbei. „Wie Himmel und Hölle“, sagte einmal eine bekannte Persönlichkeit der Rennsportszene. Nachbesserungen und  Reparaturen im zweistelligen Millionenbereich wurden notwendig.

Der Nürburgring ist nun auch für die Nachfolgerin von Kurt Beck zum Bumerang geworden – die gigantischen Kosten belasten die Haushalte bis heute. Und der Verkauf des Nürburgrings ist noch lange nicht in trockenen Tüchern. Offensichtliche Chancen, die Rennstrecke in eine sichere Zukunft zu führen, wurde nicht genutzt. Der Verkaufsprozess ist bis heute nicht transparent. Die handelnden Personen verschleiern die wahren Fakten.

Versuche, die Einrichtungen zu vermieten, waren gescheitert. Die gesamte Immobilie  Nürburgring mit allen Bauten und Grundstücken etc. befindet sich seit Jahren in einer Art Schwebezustand. Auch dem Tourismus brachte der „neue“ Nürburgring keinen Aufschwung ein. Auf den versprochenen Zuwachs der jährlichen Einnahmen warten die Hoteliers rund um den Nürburgring bis heute. Gewonnen hat die Region also nichts – daran verdient haben nur Funktionäre, die traditionell korrupte Bauwirtschaft und die Pächter, die sich zuvor als solvente Investoren vorgestellt hatten.

EAZ-Kommentar
Kurt Beck (SPD) hat aus seinen Fehlern nichts gelernt. Trotzig schwadroniert er immer mal wieder vom „Mut der Politik“, auch mal eine Niederlage bei einer Fehlentscheidung zu riskieren. Aber muss jede lokale Dummheit anderswo wiederholt werden? Kurt Beck hat es sich zum Schluss in jeder Hinsicht besonders einfach gemacht: Er entzog sich der politischen Verantwortung durch Flucht aufs vom Steuerzahler finanzierte Altenteil und kassiert in Beraterfunktion eines rheinland-pfälzischen Arzneimittelhersteller zusätzlich weiter. Für sein Wirken müssen Generationen von Rheinland-Pfälzern darben. Die Politik, für die Kurt Beck steht, ist dreist und richtet sich gegen die Bürger. Wie die jüngsten Entwicklungen in Berlin zeigen, gibt es gewisse Parallelen bei seinem Parteifreund Klaus Wowereit zu beobachten.  Erst wird ein Flurschaden im dreistelligen Millionenbereich oder wie in Berlin in Milliardenhöhe verursacht, dann verkündet man seinen Rücktritt und zieht sich schnell aus der Verantwortung zurück. So einfach ist das in der Politik – ob auf Landes- oder Kreisebene spielt da keine Rolle. Das Schnittmuster ist immer das Gleiche.

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