EWSA-Präsidentin Christa Schweng und EU-Kommissarin Adina Vălean: Mobilität in der EU muss nachhaltig und intelligent sein

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss (EWSA) schließt sich der Forderung der Europäischen Kommission nach einer aktiven Beteiligung europäischer zivilgesellschaftlicher Organisationen zur Mitgestaltung des ökologischen und digitalen Wandels des Verkehrssystems der EU an.

Die Zukunft des Verkehrs in der EU muss nachhaltig, sozial und intelligent sein. Dies ist die Herausforderung, mit der ein Industriezweig konfrontiert ist, der in den letzten Jahren nicht nur mit den schweren Auswirkungen der COVID-19-Pandemie zu kämpfen hatte, sondern auch tiefgreifenden Veränderungen unterworfen war. In der Plenardebatte über die neue Verkehrsstrategie der Kommission am 28. April wies EWSA-Präsidentin Christa Schweng darauf hin, dass die EU eine Vision für ein Europa nach der COVID-19-Krise braucht, und eine nachhaltige, intelligente und widerstandsfähige Mobilität ist Teil dieser Vision. „Der Druck eines parallelen ökologischen und digitalen Wandels im Bereich Verkehr kommt zu einer Zeit, in der die gesamte Branche noch mit den Auswirkungen der Pandemie zu kämpfen hat. Wir alle wissen, dass Verkehr und Mobilität zu den Bereichen gehören, die am härtesten von der COVID-19-Pandemie betroffen sind. Aus diesem Grund fordert der EWSA dringende Maßnahmen zur Unterstützung dieser Branchen, damit sie die Krise überstehen können.“

Das deckt sich mit den Beobachtungen von Adina Vălean, EU-Kommissarin für Verkehr, die betonte, dass die Pandemie nichts an der Gesamtvision der Kommission für das Verkehrswesen geändert hat. Diese Vision ist fest im europäischen Grünen Deal verankert und beruht vor allem auf den Pfeilern Reduzierung der CO2-Emissionen und Digitalisierung. „Beim Übergang zu einem umweltfreundlicheren, intelligenteren und widerstandsfähigeren System der Mobilität darf niemand zurückgelassen werden – keine Region, keine soziale Gruppe, nicht die Menschen mit eingeschränkter Mobilität und auch nicht der ländliche Raum. Mobilität muss für alle verfügbar und erschwinglich sein. Der Verkehr muss weiterhin gute soziale Bedingungen und attraktive Arbeitsplätze bieten, gleichzeitig aber auch wettbewerbsfähig bleiben und auf die Herausforderungen der Digitalisierung reagieren.“

Der Verkehr in der EU verändert sich

Verkehr und Mobilität sind für Europas Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit entscheidend. Mehr als 11 Millionen Menschen sind unmittelbar in der Verkehrsbranche beschäftigt. Dort werden etwa 5 % des Bruttoinlandsprodukts der EU erwirtschaftet. Gegenwärtig verursacht der Verkehr etwa ein Viertel der gesamten Treibhausgasemissionen der EU. Um die im europäischen Grünen Deal vorgesehene Klimaneutralität zu erreichen, müssen die CO2-Emissionen bis 2050 um 90 % (bis 2030 um 55 %) gesenkt werden.

Schon vor der Pandemie vollzog sich in dieser Branche ein tiefgreifender technologischer, wirtschaftlicher und sozialer Wandel, der deren traditionelle Merkmale in Frage stellte. Digitalisierung und Automatisierung gehören zu den wichtigsten Megatrends. Es werden enorme wirtschaftliche Anstrengungen erforderlich sein, um die notwendigen Anpassungen der physischen und digitalen Infrastruktur (5G) vorzunehmen, was wiederum radikale Veränderungen nach sich zieht – das betrifft sowohl die Art und Weise, wie die Arbeit durchgeführt wird, als auch die Nachfrage nach bestimmten Kompetenzen.

Stellungnahme des EWSA: Schwerpunkt Binnenmarkt und Arbeitnehmer im Verkehrswesen

 

Der EWSA unterstützt den allgemeinen Ansatz, die Strategie der Kommission für nachhaltige und intelligente Mobilität mit den Zielen des europäischen Grünen Deals in Einklang zu bringen. In der von Stefan Back und Tanja Buzek erarbeiteten Stellungnahme, die am 27. April 2021 verabschiedet wurde, wird allerdings die Frage aufgeworfen, ob das Verhältnis zwischen technischen und verkehrspolitischen Maßnahmen bei diesem Ansatz ausgewogen ist.

Viele der vorgeschlagenen Nachhaltigkeits- und Digitalisierungsmaßnahmen werden weitreichende Auswirkungen auf den Binnenmarkt und die Beschäftigten im Verkehrssektor haben. Bedauerlicherweise werden diese Aspekte in der Strategie nur unzureichend berücksichtigt, was eine erfolgreiche Umsetzung beeinträchtigen könnte. Darüber hinaus wird ein nachhaltiger und digitaler Wandel des Verkehrs in der EU nur dann möglich sein, wenn die gesamte Branche und die damit verbundene industrielle Basis der EU wettbewerbsfähiger werden.

Es liegt auf der Hand, dass die Pandemie in ganz Europa zu einer Verschärfung der Lage Tausender Arbeitnehmer in der Verkehrsbranche geführt hat, die sich nun mit prekären Arbeitsverhältnissen konfrontiert sehen, was deutlich zeigt, dass die binnenmarktorientierte Verkehrspolitik in den letzten Jahrzehnten einen Verfall der Arbeitsbedingungen nicht hat aufhalten können. Um die Beschäftigten im Verkehrssektor vor den negativen Folgen zu schützen, ist nach Ansicht des Ausschusses dringend ein sozial tragfähiges und durch einen Krisenplan flankiertes Verkehrssystem erforderlich.

Während der Aussprache wies Baiba Miltoviča, Vorsitzende der Fachgruppe Verkehr, Energie, Infrastrukturen, Informationsgesellschaft (TEN), darauf hin, dass im Rahmen der Strategie sowohl die Vorteile als auch die Kosten der Mobilität für die Gesellschaft berücksichtigt werden. Stefan Back betonte, dass die Strategie weiterhin auf den Binnenmarkt im Bereich des Verkehrs ausgerichtet sein muss, und Tanja Buzek begrüßte zwar, dass die Schlüsselrolle der Beschäftigten im Verkehrswesen im Rahmen der Strategie Anerkennung findet, forderte aber konkretere Maßnahmen wie etwa eine soziale Taskforce.

Abschließend erklärte Christa Schweng: „Der EWSA ist bereit, seinen Beitrag zur Erholung und Umgestaltung des Verkehrswesens und der Mobilität in Europa zu leisten. Nur gemeinsam wird es uns gelingen, einen Übergang zu einer nachhaltigen, intelligenten und resilienten Mobilität zu vollziehen, der auch gerecht ist.“

Hintergrund – Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität

Im Dezember 2020 legte die Europäische Kommission ihre „Strategie für nachhaltige und intelligente Mobilität: Den Verkehr in Europa auf Zukunftskurs bringen“ vor. Hierbei handelt es sich um die erste übergreifende Strategie für ein umweltfreundlicheres und intelligenteres Verkehrswesen. In der Strategie werden die entscheidende Rolle und die Vorteile einer Mobilität im Interesse der Menschen und der EU-Wirtschaft unterstrichen, gleichzeitig werden aber auch die damit verbundenen Kosten für die Gesellschaft herausgestellt.

Die Mobilitätsstrategie zielt auf eine Umgestaltung des Verkehrssystems der EU im Einklang mit dem europäischen Grünen Deal und der digitalen Strategie der EU. In dem Aktionsplan der Strategie werden Maßnahmen vorgeschlagen, die zwischen 2021 und 2023 durchgeführt werden sollen.

 

 

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