Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen muss geschützt werden!

Aktuell unterliegen Kinder und Jugendliche in höchstem Maße den Kontaktbeschränkungen im Rahmen der COVID-19 Pandemie. Schulen und Kindertagesstätten sind weitestgehend geschlossen, Freizeiteinrichtungen im Rahmen von Sport und Kultur bereits seit November 2020 nicht zugänglich. Auch im privaten Bereich können kaum Kontakte zu Gleichaltrigen aufrechterhalten werden.

In einem offenen Brief wenden sich Psycholog:innen, Kinder- & Jugendlichenpsychotherapeut: innen und Kinder- & Jugendpsychiater:innen aus ganz Deutschland nun an die Regierung. “In wissenschaftlichen Studien, im Versorgungsalltag und in Schilderungen betroffener Kinder und Jugendlicher und deren Eltern und Familien wird seit Pandemiebeginn ein Anstieg psychischer Belastungen bei Kindern und Jugendlichen deutlich”, so Prof. Dr. Julia Asbrand, die an der Humboldt Universität zu Berlin tätig ist. Bundeslandübergreifend zeigen sich in der kinder- und jugendpsychiatrischen und -psychotherapeutischen Versorgung vermehrt Angststörungen, Depressionen, Schlafstörungen, Essstörungen und Substanzmissbrauch.

Zudem wird ein Anstieg von Patient:innen berichtet, die aufgrund von akuter Suizidalität oder nach häuslicher Eskalation kinder- und jugendpsychiatrisch versorgt werden müssen. “Der Fokus in der stationären Kinder – und jugendpsychiatrischen Behandlung liegt darauf, diesen stark belasteten Kindern und Jugendlichen zeitnah Hilfe anzubieten, trotz der Herausforderungen durch Hygieneregeln, Abstandsgebote und der Tatsache, dass auch die Therapeutinnen und Therapeuten selbst in die Betreuung ihrer eigenen Kinder eingebunden sind”, ergänzt auch Prof. Dr. Dr. Martin Holtmann, Ärztlicher Direktor der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik der LWL-Universitätsklinik Hamm der Ruhr-Universität Bochum, “und das während andere gesundheitsrelevante Ressourcen wie Sozialkontakte zu Gleichaltrigen, Musik oder Sport im Verein nicht nutzbar sind.”

Die Probleme zeigen sich über alle Altersgruppen hinweg: “Wir beobachten vermehrt Trennungsängste und Verhaltensauffälligkeiten, Aggressionen oder Schlafstörungen, bei Kleinkindern, eine Zunahme von Schulängsten durch fehlende Kontinuität”, fasst Dr. Klaus Riedel, Sprecher der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut:innen Ostwestfalen-Lippe die Beobachtungen aus seinem beruflichen Alltag zusammen. Besonders die Altersgruppe der jüngeren Adoleszenten müsse dabei als stark gefährdet hinsichtlich missbräuchlicher Medien- und Internetnutzung und der Entwicklung von Essstörungen angesehen werden. “Für sie gibt es durchgehend keine Notbetreuungsangebote. Oft werden sie sich selbst überlassen – in einem Lebensalter, in dem sie um Autonomie ringen und sich von den Eltern oft nicht leicht anleiten lassen”, so Riedel.

So tragisch es ist, dass all diese Auswirkungen und Entwicklungen bereits lange absehbar sind, mittlerweile durch eine Vielzahl von Befunden gestützt werden, so klar sind nun auch die konkreten Forderungen: Nötig sei ein Gremium, das sich explizit mit Kindern und Jugendlichen und ihrer Situation befasst, als fester Bestandteil in der Beratung der Regierung. Die sichere Öffnung von Kitas und Schulen entsprechend der aktualisierten Vorschläge der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und der Deutschen Gesellschaft für Krankenhaushygiene (DGKH) sowie die Ermöglichung von Freizeitangeboten seien unaufschiebbar. Zudem bedürfe es einem niedrigschwelligen Zugang zu unterstützenden psychosozialen Angeboten, nach Möglichkeit auch aufsuchend, und nicht zuletzt einer Verstärkung in der Jugendhilfe und in den Jugendämtern.

“Die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendliche ist ein fundamentaler Baustein der Zukunft unserer Gesellschaft! Die Not von Kindern und Jugendlichen muss endlich Gehör finden!” bekräftigt Prof. Dr. Tobias Hecker, Psychologe und Psychotherapeut für Kinder, Jugendliche und Erwachsene an der Universität Bielefeld und einer der Hauptinitiatoren des offenen Briefs an die Landes- und Bundesregierungen, abschließend.

Link zum offenen Brief: http://offener-brief-kiju.de/

 

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