Antrag der Fraktionen der SPD und Bündnis 90/DIE GRÜNEN: Steigende Mietpreise bremsen – dem Mangel an Wohnraum begegnen

Der Landtag stellt fest:

Rheinland-Pfalz. Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels stellt sich die Bevölkerungsentwicklung von Rheinland-Pfalz sehr ambivalent dar: Während der ländliche Raum zum überwiegenden Teil deutlich an Einwohnern verliert, wächst die Bevölkerungszahl in einigen wenigen Städten und deren direktem Umland. Diese Unterschiede in der Anziehungskraft von Regionen haben entsprechende Auswirkungen auf den Wohnungs- bzw. Mietmarkt. Vor allem in großen Universitätsstädten, wie Mainz, Koblenz, Trier und Landau bewerten Einwohner den aktuellen Wohnungsmarkt schon heute als schlecht oder sehr schlecht.

Hinzu kommt die Bedeutung eines ausgewogenen Wohnungsmarktes für  die Lebensqualität in einer Stadtgesellschaft. Vermieden werden sollten übermäßige sozialräumliche Differenzierungsprozesse. Diese Tendenzen gefährden den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Die Segregation, also die räumliche Zersplitterung der Stadtgesellschaft in kleine sozial homogene Gruppen, kann insbesondere auf die Mietpreisentwicklung zurückgeführt werden. Besonders betroffen von der Verringerung der niedrigpreisigen Wohnlagen der Städte sind Studierende, Migrantinnen und Migranten sowie Geringverdienende.

Die Ende 2012 von CDU/CSU und FDP im Bundestag durchgesetzte Mietrechtsnovelle gibt nicht die richtigen Antworten auf diese Entwicklungen. Sie erleichtert die Durchsetzung energetischer Sanierungsmaßnahmen zu Lasten der Mieterinnen und Mieter, ohne für einen fairen Interessenausgleich zu sorgen. Sie bietet keine ausreichende Lösung für die Probleme der Menschen, die von Mietsteigerungen betroffen sind, vor allem die Mieterinnen und Mieter in den Ballungsräumen. Und sie ignoriert die konkreten Handlungsprobleme in den Kommunen. Zum 1. Mai dieses Jahres ist für die Länder die rechtliche Möglichkeit zur Herabsetzung der Kappungsgrenze von Mieterhöhungen bis zur örtlichen Vergleichsmiete auf 15 Prozent in drei Jahren in Gebieten in Kraft getreten, in denen eine angemessene Mietraumversorgung der Bevölkerung gefährdet ist.

Allerdings gilt diese Möglichkeit nicht für Neuvermietungen. Diese Regelung ist keine optimale Lösung. Die Vorstellungen von Rheinland-Pfalz gehen weiter, die Möglichkeit für eine Mieterhöhung sollte bei Wiedervermietung auf 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Bekämpfung des Wohnraummangels begrenzt werden. Trotzdem sollte die Chance genutzt werden, die bestehende Regelung in Anwendung zu bringen. Nicht nur steigende Kaltmieten sind der Verursacher für beträchtliche Mieterhöhungen, sondern auch die stark anwachsenden Nebenkosten. Zum Beispiel tragen vor allem steigende Heizölpreise einen bedeutenden Teil dazu bei. Auch aus diesem Grund sollte die energetische Sanierung stärker gefördert werden.

Ein Beitrag zu einer verbesserten Mietpreisgerechtigkeit – auch im Sinne energieeffizienten Wohnens – ist daher die Einführung eines „ökologischen Mietspiegels“. Der „ökologische Mietspiegel“ ist eine Weiterentwicklung des qualifizierten Mietspiegels nach § 558 d des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) und berücksichtigt die energetische Beschaffenheit von Gebäuden in der Berechnung ortsüblicher Vergleichsmieten. Das besondere eines ökologischen Mietspiegels ist, dass durch diesen das Investor-Nutzer-Dilemma im Bereich der energetischen Sanierung entschärft werden kann. Zum einen profitieren Mieter einer energetisch sanierten Wohnung von einem verbesserten Wohnklima und geringerem Energieverbrauch und somit von geringeren Energiekosten. Zusätzlich wird die Mieterhöhung aufgrund der energetischen Sanierung durch die geringeren Energiekosten ausgeglichen. Konkret bedeutet dies, dass der ökologische Mietspiegel so auch zu einer verbesserten Mietpreisgerechtigkeit beiträgt.

Eine Anhebung der Modernisierungsumlage ist abzulehnen, denn die Lasten der energetischen Gebäudesanierung sollen nicht vorrangig auf die Mieter abgeladen werden. Die Modernisierungsumlage sollte sich auf die energetische Modernisierung und altersgerechten Umbau konzentrieren und auf neun Prozent abgesenkt werden. Bisher kann der Vermieter nach geltendem Recht jährlich maximal 11 Prozent der Kosten für die Modernisierungen auf die Miete umlegen. Die Erhöhung der Kaltmiete sollte mit einer Senkung der Nebenkosten kompensiert werden.

Ein weiterer Beitrag im Bereich des energieeffizienten Bauens ist die Ausweitung des KfW-Förderprogramms zur energetischen Sanierung. Um die Ziele der Bundesregierung, den Wärmebedarf im Gebäudesektor bis zum Jahr 2020 um 20 Prozent und bis 2050 um 80 Prozent zu reduzieren, zu erreichen, muss sich die Sanierungsrate von Bestandsgebäuden verdoppeln und somit auf mindestens 2 Prozent pro Jahr ansteigen. Dies ist mit der aktuellen Fördermittelausstattung durch die Bundesregierung nicht realisierbar.

Durch die extrem angespannte Marktlage steigen zusätzlich die Maklerkosten, ohne dass dem eine verbesserte Leistung der Makler entgegensteht. Für Geringverdiener sind die Kosten hierfür oft unerschwinglich. Daher sollte zukünftig derjenige die Maklerrechnung bezahlen, der die Vermittlung in Auftrag gibt. Wer bestellt, soll auch bezahlen, das gilt auch in diesem Zusammenhang.

Dem knappen Angebot an Wohnraum kann begegnet werden. Daher begrüßt der Landtag die bereits bestehenden Programme zur Förderung des sozialen Wohnbaus in Rheinland-Pfalz. Die Investitions- und Strukturbank Rheinland-Pfalz (ISB), als Förderbank des Landes, ist mit der Umsetzung der Wohnungsbauprogramme beauftragt und unterstützt Bürgerinnen und Bürger beim Bau oder Kauf von selbst genutzten Immobilien, bei der Schaffung von Mietwohngebäuden und bei der Modernisierung von Wohnimmobilien. So bietet die ISB zum Beispiel zinsgünstige Darlehen zum Kauf selbstgenutzter Immobilien an. Auch Investitionen in die Modernisierung und Förderung der Energieeinsparung sowie Barrierefreiheit werden von diesen zinsgünstigen Darlehen der ISB unterstützt.

Der Landtag begrüßt ausdrücklich die Vorlage eines  Gesetzentwurfes zur Novelle des Wohnraumförderungsgesetzes durch die Landesregierung. Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nimmt die Landesregierung die Möglichkeit nach der Föderalismuskommission I wahr, bundesrechtliche Vorschriften auf Landesrecht zu übertragen, um damit eigenständig die soziale Wohnraumförderung in Rheinland-Pfalz zu regeln. Der Fokus der Novellierung liegt auf der Förderung von Wohnraum im Hinblick auf den demographischen Wandel und auf der Verfolgung von Klimaschutzzielen beziehungsweise der energetischen Sanierung zum Beispiel mithilfe von ökologischen Baustoffen und einer ressourcenschonenden Bauweise.

Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

• die neu geschaffene Verordnungsermächtigung für die Bundesländer gemäß § 558 Abs. 3 BGB schnellstmöglich als ersten Schritt zu nutzen und die Mietpreissteigerung in Gebieten, in denen eine angemessene Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnraum gefährdet ist, auf 15 Prozent bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete innerhalb von drei Jahren einzuschränken;
• sich auf Bundesebene für die Einführung einer Mietobergrenze bei Wiedervermietungen in Höhe von 10 Prozent über der ortsüblichen Vergleichsmiete zur Bekämpfung des Wohnraummangels einzusetzen;
• auf Grundlage eines Gutachtens für die Dauer von fünf Jahren Gebiete zu bestimmen, in denen die ausreichende Versorgung der Bevölkerung mit Mietwohnungen besonders gefährdet ist – für die § 558 Abs. 3 BGB entsprecht zutrifft;
• für eine bundesweite Absenkung der Kappungsgrenzen und eine Ausweitung auf Neuvermietungen einzutreten, um stark steigende Mietpreise in Ballungsräumen zu begrenzen;
• sich auf Bundebene für eine Erhaltung bzw. Aufstockung der Mittel für das Programm „Soziale Stadt“ stark zu machen und die von der schwarz-gelben Bundesregierung durchgeführten Kürzungen in diesem Bereich zurück zu nehmen;
• sich für eine Novellierung des § 558 d BGB auf Bundesebene stark zu machen und die Einführung eines „ökologischen Mietspiegels“ zu fordern, der die energetische Beschaffenheit von Gebäuden in der Berechnung ortsüblicher Vergleichsmieten berücksichtigt;
• sich für eine gesetzliche Regelung einzusetzen, die die Übernahme der Maklergebühr durch den Auftraggeber festschreibt;
• weiterhin die soziale Wohnraumförderung zu unterstützen, um das zu knappe Angebot an geeigneten Wohnungen zu verbessern;
• sich weiterhin auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass das KfW-Gebäudesanierungsprogramm mit einer Mittelausstattung von 2 Milliarden Euro jährlich ausgestattet und verstetigt wird.

Fraktion der SPD, Fraktion Bündnis 90/DIE GRÜNEN

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen