Ein Jahr Patientenverfügungsgesetz

Berlin. „Patientenschutz ist nicht zum Nulltarif zu haben. Jetzt rächt sich, dass die Politik auf eine Regelung gesetzt hat, die den Staat nichts kosten sollte. Den Preis dafür zahlen die Bürger“, bilanziert der Geschäftsführende Vorstand der Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung, Eugen Brysch, ein Jahr nach Inkrafttreten des Patientenverfügungsgesetzes.

„Das Grundproblem ist, dass hohe gesetzliche Anforderungen an Vorsorgedokumente gestellt werden, ohne den Menschen dabei zu helfen, diese Ansprüche zu erfüllen“, fasst Brysch das Dilemma zusammen.
 
Die Politik hat gute Arbeit geleistet, was die Schriftlichkeit von Patientenverfügungen angeht: Sie müssen laut Gesetz konkret und detailliert sein. Damit wird klar gestellt, dass auf die Schnelle ausgefüllte Musterformulare, in denen etwa künstliche Ernährung generell ausgeschlossen werden soll, nicht ausreichen. „Da aber gleichzeitig keine individuelle Beratung beim Verfassen von Patientenverfügungen vorgeschrieben ist, erleben wir in der Praxis regelmäßig schwere Konflikte“, erklärt Brysch. Verfügungen, die ohne Beratung entstanden sind, genügen in den seltensten Fällen den hohen gesetzlichen Ansprüchen und können deshalb nicht umgesetzt werden. „Hier hat die Politik nahezu fahrlässig gehandelt und steht nun in der Verantwortung, die Menschen nicht länger allein zu lassen.“
 
Auch bei der Ermittlung des mutmaßlichen Willens muss dringend nachgebessert werden. Auf ihn kommt es an, wenn – wie in den meisten Fällen – keine oder keine hinreichend genaue Patientenverfügung vorliegt. „Das Gesetz geht hier noch nicht genügend in die Tiefe. Damit der Patientenwille nicht zum Spielball fremder Interessen wird, sind eindeutigere Regelungen nötig“, fordert Brysch. „Denn es muss klar sein: Dass auf bloßen Verdacht hin lebenserhaltende Maßnahmen beendet werden, darf nicht sein.“

Die Schiedsstelle Patientenverfügung

Mit Einführung des Patientenverfügungsgesetzes im vergangenen Jahr hat auch die von der Deutschen Hospiz Stiftung betriebene Schiedsstelle Patientenverfügung ihre Arbeit aufgenommen. An sie können sich sowohl Ärzte als auch Angehörige wenden, wenn es bei der Auslegung einer Patientenverfügung zu Meinungsverschiedenheiten kommt. Die Schiedsstelle ist bundesweit unter der Telefonnummer 02 31 / 7 38 07 – 30 zu erreichen oder im Internet unter www.die-schiedsstelle.de.

Für die Leistungen der Schiedsstelle erhebt die Patientenschutzorganisation Deutsche Hospiz Stiftung keinerlei Gebühren.

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen