Neustart für Wiener Opernball – Jane Fonda: «Ich liebe es»

Von Albert Otti und Matthias Röder, dpa

Wien (dpa) – «Alles Walzer!» – alles wie früher? Nicht ganz. 5000 Gäste feierten am Donnerstagabend auf dem Wiener Opernball ein rauschendes Fest im Walzer-Takt. Zwei Mal war das gesellschaftliche Top-Event der Alpenrepublik wegen der Corona-Pandemie ausgefallen. Nun drängten sich prominente und weniger prominente Besucher wieder in der zum Ballsaal umgebauten Staatsoper.

Neu war, dass dieses Mal ein Teil der Einnahmen für soziale Zwecken gespendet wird. Die Staatsoper rechnet mit mehreren Hunderttausend Euro für Menschen in Not. Das hielt die Kommunistische Jugend Österreich aber nicht davon ab, im Umfeld der Staatsoper unter dem kämpferischen Motto «Eat the Rich!» zu demonstrieren. Es blieb aber alles friedlich.

Hollywood-Star Jane Fonda zu Gast

Unter den Gästen war wie immer der österreichische Unternehmer und Gesellschaftslöwe Richard «Mörtel» Lugner mit seinem Stargast Jane Fonda. Die 85-jährige zweifache Oscar-Gewinnerin – sie erhielt für ihren insgesamt eineinhalbtägigen Auftritt an der Seite von Lugner eine unbekannte, aber stolze Summe – trug bei ihrem Gastspiel in der Loge des 90-Jährigen ein langärmeliges weißes Kleid mit cremefarbenen Blumenornamenten.

Nach anfänglicher Skepsis zeigte sie sich beeindruckt von dem Geschehen auf dem Parkett. «Diese Art des Tanzens gibt es in meinem Land nicht», sagte sie. «Ich liebe es», sagte sie der Deutschen Presse-Agentur. Im ORF erzählte sie, dass sie eigentlich vor hatte, in Hosen zu erscheinen, weil sie einen Opern- statt einen Ballabend erwartet hatte. Deshalb musste sie ihre weiße Robe ausleihen. «Ich bin Aschenputtel», scherzte sie. «Um Mitternacht ist dann alles weg: mein Kleid, mein Schmuck».

Protestbanner: «Ihr tanzt, wir brennen»

Nach dem festlichen Einzug von 144 jungen Paaren zu einer Polonaise von Frédéric Chopin klatschte die US-Amerikanerin, offenkundig ganz begeistert von dem opulenten Bild, das an alte Kaiser-Zeiten erinnert. Später umarmte die Hollywood-Ikone herzlich ein junges Paar mit Down-Syndrom, das beim Einzug mitgemacht hatte. Nach rund drei Stunden in der Oper war dann Schluss. Im Blitzlichtgewitter der Fotografen verließ die 85-Jährige unmittelbar nach Ende ihres Vertrags mit Lugner gegen Mitternacht die Loge.

Die Klimaaktivistin Fonda hatte schon am Vortag deutlich zu erkennen gegeben, dass sie alle Proteste der jungen Generation sehr gut verstehe. Eine Gesinnungsgenossin – die österreichische Klimaaktivistin Lena Schilling – nutzte jedenfalls den roten Teppich vor der Oper für ein politisches Statement. In Abendrobe und Frack gekleidet hielten sie und ein Begleiter ein Banner mit der Aufschrift «Ihr tanzt, wir brennen» in die Kameras.

Linder verzichtet beim Ball auf Alkohol

Das Event gilt als gesellschaftlicher Höhepunkt der Ball-Saison in Wien. Für Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Kanzler Karl Nehammer war der Termin Pflicht, die Kanzlergattin Katharina zog aber nach den Worten ihres Mannes einen Termin zum Baubeginn einer von ihr unterstützten Wasser-Pipeline in Tansania vor.

Zu den prominenten Gästen zählte der deutsche Finanzminister Christian Lindner (FDP). Er war von seinem österreichischen Kollegen Magnus Brunner eingeladen worden. «Die Leute haben Spaß. Und gerade nach der Pandemie ist doch das, was zählt: Man kommt zusammen und feiert die Freiheit», sagte Lindner im ORF. Der FDP-Politiker trank nach eigenen Angaben auf dem Ball keinen Alkohol, weil er faste. «Ich bin also für den österreichischen Finanzminister der günstig möglichste Gast.»

Wiener Opernball auch als Charity-Event

Mit dabei war auch der US-Schauspieler Chris Noth («Sex and the City») und der österreichische Schauspieler Felix Kammerer, Hauptdarsteller im Oscar-nominierten Weltkriegsdrama «Im Westen nichts Neues». Physik-Nobelpreisträger Anton Zeilinger verfolgte die Eröffnung von der Loge des Bundespräsidenten aus.

23.600 Euro kostet die teuerste Loge am Opernball, sechs bis acht Gäste finden darin Platz. Für den 65. Wiener Opernball wurden die Eintrittspreise für die normale Laufkarte von 315 auf 350 Euro erhöht. Die Differenz – sowie ein Teil der Preise für Essen und Getränke – sollen gespendet werden. Obendrein hat der Maler Georg Baselitz zu diesem karitativen Zweck im Auftrag der Staatsoper ein Werk geschaffen, das für mindestens 150.000 Euro am 22. Februar versteigert werden soll.

Wien ist eine Ball-Hochburg. Die Wirtschaftskammer rechnete für die etwa 450 Bälle in dieser Saison mit einem neuen Rekord von 550.000 verkauften Tickets. Der Umsatz dürfte bei bis zu 170 Millionen Euro liegen.

Weiterlesen

65. Wiener Opernball auch als Charity-Event

Wien (dpa) – Nach zweimaliger Zwangspause wegen der Corona-Pandemie werden am Donnerstagabend wieder rund 5000 Gäste zum Wiener Opernball erwartet. Die Staatsoper ist zu einem riesigen Ballsaal umgebaut worden.

Ein Höhepunkt des gesellschaftlichen Top-Ereignisses in Österreich ist der Einzug von 144 jungen Paaren zu einer Polonaise von Frédéric Chopin. Die Riege der prominenten Besucher wird angeführt von Österreichs Bundespräsident Alexander Van der Bellen und Österreichs Regierungschef Karl Nehammer. Aus Deutschland wird unter anderem Finanzminister Christian Lindner (FDP) erwartet. An der Seite des Unternehmers und Gesellschaftslöwen Richard «Mörtel» Lugner wird Hollywoodstar Jane Fonda sein. Weiterlesen

Choreograph William Forsythe gibt sein Archiv nach Karlsruhe

Karlsruhe (dpa) – Choreograph William Forsythe hat dem Karlsruher Medienkunstzentrum ZKM sein Archiv übergeben. Der digitale Schatz, den der vielfach ausgezeichnete US-Ausnahmekünstler am Freitag an ZKM-Chef Peter Weibel überreichte, umfasst 4000 Videobänder und Datenträger sowie zahlreiche Notizen, Korrespondenzen und Fotos.

Das Archiv soll für die Öffentlichkeit zugänglich sein. Sie erhält damit Einblick in alle Schaffensperioden – von den Anfängen am Stuttgarter Ballett über die Ära am Ballett Frankfurt (1984–2004) und die Forsythe Company (2005–2015) bis hin zur Gegenwart. Weiterlesen

Quälerei und Spitzentanz: Ballettszene kämpft um ihren Ruf

Von Christiane Oelrich, dpa

Basel (dpa) – Hach, wie im Märchen: Wenn im Nussknacker-Ballett die Klara anmutig durchs Schneegestöber tanzt oder in Schwanensee die Ballerinas mit Feder-Tutu über die Bühne gleiten. In der Schweiz haben in diesem Jahr aber neue Enthüllungen ein schockierendes Licht auf die teils skandalösen Ausbildungsmethoden geworfen.

Angststörungen, Magersucht, seelische Grausamkeit: Was Schülerinnen der beiden Schweizer Ausbildungsstätten für Profitänzerinnen und -tänzer in Zürich und Basel in diesem Jahr berichtet haben, lässt den Atem stocken: Eine berichtete, sie sei bei einem Gewicht von kaum mehr als 40 Kilogramm als «tanzender Hamburger» beschimpft worden. Eine andere wurde mit 15 heruntergemacht, weil ihre Bewegungen nicht sexy genug gewesen seien. Manche tanzten demnach unter Schmerzen.

Skandale häuften sich

An der Tanzakademie Zürich läuft eine Untersuchung. Das zweiköpfige Leitungsteam, das zu DDR-Zeiten an der Staatlichen Ballettschule in Berlin ausgebildet worden war, wurde beurlaubt. Die Ballettschule Theater Basel hat die Schulleiterin freigestellt. Sie schließt nun auch den ganzen Profi-Ausbildungsbereich, weil sie mit ihrem ramponierten Ruf keine öffentlichen Gelder mehr bekommt.

Das waren keine Einzelfälle: An der Wiener Ballettakademie gab es 2019 einen ähnlichen Skandal, 2020 machte die Staatliche Ballett- und Artistikschule Berlin mit Übergriffen Schlagzeilen.

Pädagogik und Körperbild als Baustellen

«Erstaunlich ist, dass wir es alle in der klassischen Tanzausbildung so lange hingenommen haben», sagt Anna Beke, Dozentin für Tanzgeschichte an der Ballett-Akademie in München, der Deutschen Presse-Agentur. «Es ist fünf vor zwölf, es muss etwas passieren, sonst wird das Vertrauen in diese Kunstform womöglich noch weiter erschüttert.» Baustellen sind sowohl die fragwürdige Pädagogik mancher Lehrer als auch das Körperbild, das jungen Mädchen und dem Publikum als Schönheitsideal für eine Ballerina vermittelt wird.

Zwischen Glanz und Qual: Die Balletszene

«Wir können nicht mehr so unterrichten wie vor 10, 20 oder 100 Jahren», sagt die Präsidentin des schweizerischen Tanzverbandes Danse Suisse, Kathleen McNurney. «Früher gab es Meister und Lehrlinge, es war völlig normal, dass ein Startänzer später Lehrer wird, auch ohne pädagogische Ausbildung – aber das geht nicht mehr.»

Eine Generation erhebt ihre Stimme

Und wieso werden skandalöse Ausbildungsmethoden erst jetzt infrage gestellt? «Das ist ein Generationenphänomen», sagt David Russo, Tänzer, Choreograph und Dozent an der Ballett-Akademie in München. Die Schieflage bestehe seit Langem. «Aber der gesellschaftliche Diskurs war noch nicht so weit entwickelt. Unsere Studierenden heute sind Millennials, das ist die Fridays-for-Future-Generation, das sind Menschen, die eine Meinung haben und sie auch äußern.»

«Sportliche Höchstleistungen gehen auch ohne Drill», betont er. Die Ballett-Akademie habe inzwischen ein pädagogisches Konzept, das die Gesundheit der Tänzerinnen und Tänzer in den Mittelpunkt stelle. Um dringend nötige Veränderungen ging es im November auch auf dem Symposium «Tanzausbildung im Wandel» in München.

Fortschrittliche Tanzakademien bieten Ernährungsberatung und Physiotherapie an und haben Vertrauenspersonen, an die sich Studierende bei Problemen wenden können. «Gesunderhaltung des Körpers ist bei uns jetzt fast ein größeres Thema als die Ausbildung», sagt Martina Räther, amtierende Schulleiterin der Staatlichen Ballett- und Artistikschule Berlin. Die Schule hat ein Kinderschutzkonzept und will noch in diesem Schuljahr einen Verhaltenskodex beschließen.

Bleibt das Idealbild der Ballerina, die schwerelos über die Bühne schwebt. Mit dieser Vorstellung setzen sich Schülerinnen auch selbst unter Druck, die jeden Tag stundenlang in einem Raum voller Spiegel – und Konkurrentinnen – üben.

Die Frage des Körperbilds

«Bodyshaming ist unbestreitbar ein Problem. Normalgewicht als zu dick zu betrachten, das geht nicht. Aber es ist immer eine Gratwanderung», sagt Räther. «Wie schlank muss ich sein? Wir müssen die Schülerinnen ja auch so ausbilden, dass sie später eine Anstellung bekommen.» Auch die Balletthäuser müssten andere Körperformen akzeptieren. Einig sind sich alle: «Auch mit ein paar Kilogramm mehr, mit Hüfte und Busen, kann eine Ballerina genauso schwerelos aussehen», sagt McNurney. Es sei nur eine Frage der Tanztechnik.

Die österreichische Choreographin Florentina Holzinger hat sich mit der harschen Tanzausbildung 2019 in ihrem Ballett «Tanz» befasst. Da sieht eine Ballettstunde auf der Bühne wie eine Horrorshow aus, mit nackten Tänzerinnen auf Spitzenschuhen, die zeigen, wie sie sich auf Höchstleistung trimmen. Holzinger setzte auch eine echte Selbstverletzung mit Fleischerhaken in Szene. «Mir ging es darum, zu zeigen, wie man die Kontrolle über seinen Körper zelebrieren kann, auch das Gewaltmoment, ohne ihm ausgeliefert zu sein», sagt Holzinger. Sie spaltet gerade an der Volksbühne in Berlin mit ihrer feministischen Show «Ophelia’s Got Talent» die Gemüter.

Klassisches Ballett mit männlichem Blick entwickelt

In Holzingers Shows haben Frauen das Zepter in der Hand. Das klassische Ballett sei im 19. Jahrhundert mit männlichem Blick entwickelt worden. «Wie kann man Frauenkörper inszenieren, um diesen Blick zu befriedigen? Das kann man fast mit Pornografie vergleichen.»

Überholte Bilder infrage stellen will auch Disney mit seinem Zeichentrick-Kurzfilm «Reflect». Er handelt von der kleinen Bianca, die tanzen will, aber deutlich mehr wiegt als die typische Ballerina. Zunächst unglücklich über ihren Körper befreit sie sich von ihrer Scham und stürzt sich dann begeistert in den Spitzentanz.

Für mehr Diversität setzen sich alle ein. «Es müssen bei Schwanensee nicht alle Schwäne genau gleich aussehen», sagt Holzinger. Das Publikum habe bislang gewisse Erwartungen, wie eine Ballerina auszusehen habe, sagt Räther. «Da muss sich auch etwas tun.»

Weiterlesen

Ballettschule gibt ukrainischen Kindern eine neue Heimat

Hamburg
Von Carola Große-Wilde, dpa 

Hamburg (dpa) – Konstantin Tselikov trägt eine schwarze Jogginghose und eine graue Trainingsjacke. Darunter ein orangefarbenes T-Shirt mit einer weißen Hand, die das Peace-Zeichen formt.

Frieden – das wünscht sich der aus der Ukraine stammende Ballettpädagoge der Ballettschule des Hamburg Balletts auch für seine Schützlinge. Seit vier Wochen trainiert Konstantin Tselikov, den alle nur Kostja nennen, auch einige Ballettschüler, die mit ihren Eltern vor dem Krieg in der Ukraine nach Hamburg geflohen sind. Insgesamt zehn ukrainische Kinder im Alter von sechs bis dreizehn Jahren hat die Ballettschule des weltberühmten Choreografen John Neumeier bereits aufgenommen – die Aufnahme weiterer Kinder wird geprüft. Weiterlesen

Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen
Eifelzeitung E-Paper Aktuelle Ausgabe kostenfrei als E-Paper lesen