Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage Russische

Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den tödlichen russischen Artillerieüberfall auf die Stadt Cherson im Süden des Landes verurteilt. Während an den Fronten weiter heftige Kämpfe toben, lotet Chinas höchster Außenpolitiker an diesem Mittwoch in Moskau die Chancen eines Friedensplans seines Staats- und Parteichefs aus.

«Dieser russische Angriff hatte keinen militärischen Zweck», sagte Selenskyj am Dienstag in seiner allabendlichen Videoansprache. «Genau wie Tausende ähnlicher russischer Angriffe, die eine echte Botschaft Russlands an die Welt sind.» Bei dem Artillerieüberfall auf ein Wohnviertel und eine Bushaltestelle in Cherson waren mindestens sechs Menschen getötet und zwölf verletzt worden. Weiterlesen

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage am Abend

Kiew/Moskau/Berlin (dpa) – Bei einem mutmaßlichen Autobombenanschlag in der Nähe von Moskau ist nach Angaben russischer Ermittler am Samstagabend die Journalistin und Politologin Darja Dugina getötet worden. Sie war die Tochter des rechtsnationalistischen Ideologen Alexander Dugin, der als Vertrauter und Ideengeber des russischen Präsidenten Wladimir Putin gilt – auch für den Angriff auf die Ukraine. Die 29-Jährige vertrat ähnliche Positionen wie ihr Vater, verteidigte den russischen Angriffskrieg und bezeichnete Ukrainer als «Unmenschen». Die Ermittler ließen offen, ob der mutmaßliche Mordanschlag Duginas Vater gegolten haben könnte.

Ukraine weist Beteiligung an Explosion zurück

Unter russischen Nationalisten und prorussischen Kräften in der Ukraine löste der Anschlag Entsetzen aus. Sie machten die ukrainische Seite für Duginas Tod verantwortlich. Kiew wies eine Beteiligung an dem mutmaßlichen Anschlag zurück. «Die Ukraine hat natürlich mit der gestrigen Explosion nichts zu tun, weil wir kein krimineller Staat sind – wie die Russische Föderation – und schon gar kein Terrorstaat», sagte Präsidentenberater Mychajlo Podoljak dem Internetportal Ukrajinska Prawda zufolge am Sonntag. Weiterlesen

Krieg gegen die Ukraine: So ist die Lage

Russische Invasion
Von Friedemann Kohler, Ulf Mauder und Mirjam Schmitt, dpa

Kiew (dpa) – Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat den jüngsten russischen Beschuss auf die südukrainische Stadt Mykolajiw verurteilt und eine Reaktion seiner Armee angekündigt. «Heute fand einer der brutalsten Bombenangriffe auf Mykolajiw und die Region statt», sagte Selenskyj in seiner Videoansprache in der Nacht zum Montag. Zugleich betonte er: «Kein russischer Angriff bleibt von unseren Militärs und Geheimdienstlern unbeantwortet.»

Selenskyj erinnerte in diesem Zusammenhang auch an Olexij Wadaturskyj, den Besitzer eines der größten ukrainischen Getreidehandel-Unternehmen, der in Mykolajiw getötet wurde. Wadaturskyj wurde 74 Jahre alt. Den ukrainischen Angaben zufolge starb in der Nacht zum Sonntag auch seine Frau Rajissa. Weiterlesen

Moskaus Truppen durch US-Waffen unter Druck

Kiew/Berlin/Moskau (dpa) – Aus vollen Rohren feuern die ukrainischen Soldaten schon seit Tagen mit den Mehrfachraketenwerfern vom Typ Himars, die sie aus den USA bekommen haben. In den Gebieten im Osten und im Süden ihres Landes, die jetzt unter russischer Kontrolle sind, sprengen sie Waffen- und Munitionsdepots sowie Treibstofflager in die Luft. Auf Videos zeigen sie stolz, wie Ziele in den Gebieten Luhansk, Donezk und Cherson in Flammen aufgehen. Bilder, die nach bald fünf Monaten Krieg trotz massiver Verluste in den eigenen Reihen die Kampfmoral heben sollen.

Auch Präsident Wolodymyr Selenskyj lobt die vom Westen gelieferten schweren Waffen als effektiv. Und er fordert mehr davon – und auch Raketen mit höherer Reichweite: statt 70 bis zu 300 Kilometer. Selenskyj kündigt immer wieder eine Offensive an, um verlorene Gebiete zurückzuholen und den russischen Vormarsch zu stoppen. Aber ungeachtet der punktuell erfolgreichen Schläge gegen die Logistik, die als Schwachpunkt der russischen Streitkräfte gilt, sehen selbst ukrainische Experten keinen Durchbruch.

Die Zerstörung von Munitions- und Treibstoffdepots in der Nähe der Front wirkt nach Einschätzung des ukrainischen Militäranalysten Oleh Schdanow vor allem kurzfristig. «Das senkt die Kampfaktivität der russischen Einheiten sehr drastisch», sagt er im ukrainischen Fernsehen. «Das macht uns die Verteidigung leichter. Und wir erhalten die Möglichkeit, an einzelnen Abschnitten zu Gegenangriffen überzugehen. Wie sehr auch Russland sich abmüht: Wir zwingen ihnen den Charakter der Kriegsführung auf.»

Kein schneller russischer Durchmarsch im Donbass

Damit sei der russische Plan der «Schlacht um den Donbass» torpediert worden, meint Schdanow. Statt eines schnellen Durchmarsches mit einer Einkesselung der ukrainischen Truppen schafften sie nur wenige Kilometer – mit großen Verlusten. Der Beschuss durch russische Artillerie sei weniger geworden. Schdanow meint, dass Russlands Luftabwehr gegen die Himars-Raketen keine Chance habe. Die Angreifer verwenden Raketen sowjetischer Bauart, die auch wegen fehlender moderner Navigationssysteme ihre Ziele immer wieder verfehlen.

Auch kremlkritische russische Medien berichten, dass Moskau kaum Zeit gehabt habe, die jüngste Eroberung des Gebiets Luhansk zu feiern. Russland habe zwar einen Vorteil durch seine Artillerie und Munitionsvorräte. Aber das US-System Himars mit seinen durch GPS punktgenau platzierten Raketen versetze den russischen Einheiten empfindliche Schläge, heißt es in einer Analyse des Portals Meduza.

Russland müsse nun die Versorgung seiner Truppen im Donbass und in der Region Charkiw im Osten sowie in den Gebieten Saporischschja und Cherson im Süden mit Waffen, Munition und Treibstoff neu ausrichten. Es sei nicht klar, ob dies ohne eine größere Mobilmachung gelinge. Inzwischen gibt es immer mehr Initiativen russischer Provinzbehörden, Freiwillige für den Krieg zu gewinnen.

Das Himars-System bedrohe die Sicherheit der «Volksrepublik Luhansk», räumte in dieser Woche auch Leonid Passetschnik ein. Er ist der Chef der von Russland als Staat anerkannten Region. «Zum Glück haben sie nicht viele solcher Waffen. Deshalb gibt es überhaupt gar keinen Grund zur Panik.»

Kiew hofft auf weitere Waffen aus dem Westen

Doch die Ukraine hofft auf noch mehr solcher und anderer Waffen vom Westen. Auch die Panzerhaubitze 2000 ist inzwischen an der Front. Deutschland hat bisher sieben Stück der Artilleriewaffe geliefert, die Niederlande fünf – und gemeinsam wollen beiden Staaten die Zahl auf insgesamt 18 Haubitzen erhöhen, genug für ein komplettes ukrainisches Artilleriebataillon. Die dafür in Deutschland ausgebildeten Soldaten seien jetzt im Einsatz, wird der Deutschen Presse-Agentur erklärt.

Zeitgleich und ohne Öffentlichkeit läuft in Deutschland das Training von Ukrainern am Raketenwerfer Mars II, dem nächsten Waffensystem, das aus Deutschland bereitgestellt werden soll. Die Kriegstechnik soll es den Ukrainern ermöglichen, auch auf größere Entfernungen genau zu treffen und der grundsätzlichen russischen Überlegenheit etwas entgegenzusetzen. Ob sich mit dem Einsatz der westlichen Waffen auch russische Truppen zurückdrängen lassen, wird sich erst noch zeigen.

Bundeskanzler Olaf Scholz hat weitere Waffenlieferungen in die Ukraine als Teil des sogenannten Ringtauschs für die kommenden Wochen angekündigt. Die Bundesregierung habe Vereinbarungen mit mehreren Ländern «soweit konkretisiert, dass sie unmittelbar mit Auslieferung verbunden sein werden», sagte der SPD-Politiker im Bundestag.

Lambrecht bei Lieferung aus Bundeswehr-Beständen zurückhaltend

Dagegen ist Berlin zögerlich, weitere Waffensysteme aus Beständen der Bundeswehr zu übergeben. So hat Verteidigungsministerin Christine Lambrecht einer Lieferung von Transportpanzern des Typs Fuchs eine Absage erteilt – wegen der Verteidigungsfähigkeit Deutschlands. Es sei «unverantwortlich, die Bundeswehr gerade in diesen Zeiten ausplündern zu wollen».

Dabei könnte die Störung der russischen Logistik nach Einschätzung von Militärexperten zwar die Voraussetzung schaffen für eine ukrainische Gegenoffensive. Aber im Moment liegt die Initiative weiter bei den russischen Truppen, die sich langsam im Donezker Gebiet vorarbeiten – nun an der Linie zwischen den Städten Siwersk, Soledar und Bachmut.

Auch die Hoffnungen auf eine baldige Rückeroberung von Cherson und des Südens, der in den ersten Kriegstagen verloren ging, sind gering. Die ständigen Berichte Kiews über angeblich laufende Offensiven wurden selbst dem für Gegenpropaganda geschaffenen staatlichen Zentrum für strategische Kommunikation und Informationssicherheit zu viel. Tatsächlich gebe es nur drei befreite Dörfer: Tawrijske, 30 Kilometer westlich von Cherson, und Potjomkyne sowie Iwaniwka, mehr als 100 Kilometer nordöstlich der Gebietshauptstadt. Der Regierungsbezirk hat insgesamt mehr als 650 Siedlungen.

Von Andreas Stein, Carsten Hoffmann und Ulf Mauder, dpa

 

 

Putin warnt Scholz und Macron vor Lieferung schwerer Waffen

Moskau/Berlin/Paris (dpa) – Der russische Präsident Wladimir Putin hat bei einem Telefonat mit Kanzler Olaf Scholz (SPD) und mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron vor der Lieferung schwerer Waffen an die Ukraine gewarnt.

Das berge das Risiko einer weiteren Destabilisierung der Lage und der Verschärfung der humanitären Krise, sagte Putin einer in Moskau am Samstag vom Kreml veröffentlichten Mitteilung zufolge. Scholz und Macron forderten in dem 80-minütigen Gespräch erneut ein Ende des Krieges, wie der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Hebestreit, mitteilte. Weiterlesen

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