Wahlbeobachter äußern vor Türkei-Wahl «große Besorgnis»

Istanbul (dpa) – Einen Monat vor den Präsidentschafts- und Parlamentswahlen in der Türkei sehen Beobachter ein «schwieriges Wahlumfeld». «Es gibt aus unserer Sicht ganz viele Merkmale bei diesen Wahlen und dem Zustand der Türkei, die große Besorgnis hervorrufen», sagte Frank Schwabe (SPD), Leiter der Wahlbeobachtungsmission des Europarats der dpa am Freitag. Dazu gehöre der Grad der Demokratie, die Medien-, Meinungs- und Versammlungsfreiheit, über die der Europarat bereits zuvor Besorgnis geäußert habe.

«Trotzdem ist die türkische Demokratie erstaunlich resilient», so Schwabe. Es gebe eine aktive Zivilgesellschaft, die wisse, wie sie eine Wahl beobachte. Am Wahltag könne man darum ein «gewisses Vertrauen haben, dass die Wahl der Menschen an der Urne sich auch im Ergebnis so abbildet.» Weiterlesen

Beobachter erwarten keine Probleme bei Türkei-Wahl

Istanbul (dpa) – Unabhängige Beobachter erwarten keine großen Probleme bei der Durchführung der Parlaments- und Präsidentenwahlen in der Türkei in rund fünf Wochen. Er teile die Sorge um Wahlbetrug nicht, sagte der Vorsitzende der unabhängigen Beobachterorganisation Oy ve Ötesi (Stimmen und mehr), Ertim Orkun, der Deutschen Presse-Agentur. «Die Sicherheit der Wahl liegt in unseren Händen», sagte er. Wenn an jeder Urne Beobachter seien, um den Prozess zu verfolgen, sehe er keinen Spielraum für Betrug.

Bei der Organisation hätten sich bereits 25.000 Freiwillige aus allen 81 Provinzen des Landes für die Wahlbeobachtung gemeldet. Ziel seien 100.000 Beobachter. Zusätzlich schicken die Parteien Vertreter. Am schwierigsten sei die Situation in den Erdbebengebieten, wo die Menschen wegen der Zerstörung unter erschwerten Bedingungen wählen würden, sagte Orkun. Weiterlesen

Erdogan-Dekret: Vorgezogene Wahlen in der Türkei am 14. Mai

Istanbul (dpa) – Die Parlaments- und Präsidentschaftswahlen in der Türkei finden am 14. Mai statt. Präsident Recep Tayyip Erdogan unterzeichnete am Freitag ein entsprechendes Dekret, und kurz darauf bestätigte die Wahlbehörde den Termin. Die Wahlen folgen damit nur drei Monate auf die verheerenden Erdbeben, die allein in der Türkei mehr als 47.000 Menschen getötet und etliche vertrieben und obdachlos gemacht haben.

Die Wahlen hätten eigentlich im Juni stattfinden sollen, Erdogan hatte eine Vorverlegung bereits im Januar ins Spiel gebracht. Vor dem Hintergrund der verheerenden Erdbeben gelte es, keine Zeit zu verlieren, sagte Erdogan, der erneut kandidieren will. Ob er rein rechtlich überhaupt noch einmal antreten darf, ist allerdings stark umstritten. Vorgezogene Wahlen können der türkischen Verfassung zufolge entweder mit 60 Prozent der Abgeordnetenstimmen im Parlament oder per Präsidenten-Dekret angeordnet werden. Weiterlesen

Oppositionsbündnis gegen Erdogan wieder vereint

Istanbul (dpa) – Wenige Tage nach einem Zerwürfnis ist in der Türkei ein Oppositionsbündnis gegen Präsident Recep Tayyip Erdogan vorerst wieder vereint. Die Chefin der nationalkonservativen Iyi-Partei, Meral Aksener, nahm am Montag in Ankara überraschend an einem Treffen mit fünf weiteren Parteien teil, obwohl sie erst am Freitag die Zusammenarbeit aufgekündigt hatte. Umstehende applaudierten, als sie zur Sitzung erschien. Weiterlesen

Wichtige Oppositionspartei verlässt Anti-Erdogan-Bündnis

Istanbul (dpa) – Zwei Monate vor der Präsidentenwahl in der Türkei hat eine von sechs Oppositionsparteien ein Anti-Erdogan-Bündnis verlassen. Mit Bedauern habe man festgestellt, dass das Bündnis die Fähigkeit verloren habe, den Willen des Volkes widerzuspiegeln, sagte die Vorsitzende der Iyi-Partei, Meral Aksener, am Freitag. Iyi ist laut Umfragen die zweitstärkste Kraft in dem Zusammenschluss, das erst am Vortag angekündigt hatte, sich auf einen gemeinsamen Kandidaten als Herausforderer des amtierenden Präsidenten Recep Tayyip Erdogan geeinigt zu haben.

Die Iyi-Partei habe den Istanbuler Bürgermeister Ekrem Imamoglu und den Bürgermeister von Ankara Mansur Yavas wegen ihrer guten Umfragewerte vorgeschlagen. Beide sind Politiker der stärksten Oppositionspartei CHP. Damit sei man aber gescheitert, so Aksener. Weiterlesen

Baerbock besucht Nato-Anwärter Finnland und Schweden

Berlin (dpa) – Zum Auftakt ihrer Reise nach Finnland und Schweden hat Außenministerin Annalena Baerbock den beiden Ländern weitere Unterstützung auf ihrem Weg in die Nato zugesichert. Auch in den beiden nordischen EU-Staaten habe Russlands Angriff auf die Ukraine eine echte Zeitenwende eingeleitet, erklärte die Grünen-Politikerin am Montag vor ihrer Abreise nach Helsinki, wo zunächst ein Gespräch mit dem finnischen Außenminister Pekka Haavisto anstand.

«Nach 80 Jahren finnischer Neutralität und nach 200 Jahren schwedischer Bündnisfreiheit haben sich beide Länder entschlossen, der Nato beizutreten. Darauf arbeiten wir weiter gemeinsam hin», so Baerbock. Das werde sie in Finnland, besonders aber in Schweden unterstreichen.

Auch Ukraine-Hilfe im Fokus

Nach ihrem Gespräch mit Haavisto wollte Baerbock heute außerdem eine unterirdische Zivilschutzanlage besuchen, ehe es am Dienstag weiter nach Schweden geht. Sowohl in Helsinki als auch in Stockholm dürfte es dabei in erster Linie um den Nato-Beitritt der beiden Länder gehen, der seit längerem von der Türkei blockiert wird. Auch die Hilfe für die Ukraine wird im Fokus stehen. Finnland grenzt auf auf einer Länge von 1340 Kilometern an Russland. Schweden hat in der EU derzeit eine zentrale Rolle inne, da es zum Jahreswechsel die turnusmäßig wechselnde EU-Ratspräsidentschaft übernommen hat. Weiterlesen

Wie Ankara von den Russland-Sanktionen profitiert

Von Anne Pollmann und Ulf Mauder, dpa

Istanbul (dpa) – In einem Luxus-Einkaufszentrum in der westtürkischen Hafenstadt Bodrum werben Schilder mit russischer Aufschrift um Kunden. Dass in dortigen Häfen auch die Jachten russischer, vom Westen mit Sanktionen belegter Oligarchen andocken, ist kein Geheimnis. Das Nato-Land Türkei hat seit Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine beiden Partnern die Treue versprochen und sich nicht an Sanktionen gegen Russland beteiligt.

Für die Türkei zahlt sich das aus. Importe aus und Exporte nach Russland haben sich innerhalb eines Jahres verdoppelt. Russland wird 2022 der größte Handelspartner der Türkei und löst damit Deutschland ab, heißt es von der Deutsch-Türkischen Industrie- und Handelskammer (AHK Türkei) in Istanbul. Auch deutsche Unternehmer in Moskau müssen zuschauen, wie nach dem Abzug westlicher Firmen unter anderem türkische und chinesische Unternehmen die Lücken füllen. Die Türkei hat Deutschland beim Verkauf von Maschinen und Ausrüstung an Russland überholt, wie das Moskauer Wirtschaftsportal rbc.ru unlängst meldete.

Galoppierende Inflation im Wahljahr

Die Türkei hat die Situation in vielerlei Hinsicht zu ihrem Vorteil gewendet. «Seit Beginn des Krieges kann die Türkei billiger Energieträger importieren», sagt Erdal Yalcin, Professor für Internationale Wirtschaftsbeziehungen an die Hochschule Konstanz und Forschungsmitglied am IfW Kiel zum Thema Internationaler Handel. Öl und Gas kamen schon vor dem russischen Angriffskrieg maßgeblich aus Russland. Nun haben sich die Ölimporte 2022 in etwa verdreifacht, wie aus Daten des Statistikamtes hervorgeht. Vor dem Hintergrund einer Währungskrise und galoppierender Inflation dürfte das der Regierung in Ankara im Wahljahr 2023 gelegen kommen.

Aber auch in Russland ist die Türkei präsenter denn je: Russische Medien berichten, dass türkische Modegeschäfte – die Marke Koton zum Beispiel ersetzte Marks & Spencer – und Restaurants eröffnen.

Die Vertiefung der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Türkei und Russland gebe «Anlass zu großer Sorge», hieß es in einem Schreiben des EU-Außenbeauftragten Josep Borrell. Ankara dürfe Russland keine Umgehungslösungen für Sanktionen anbieten. Eine etwas verquere Warnung, findet Yalcin: «Die Türkei importiert Rohöl aus Russland, bereitet es in seinen Raffinerien auf und verkauft es dann – als türkisches Produkt – nach Europa. Das ist eine Umgehung der Sanktionen in legaler Form.» Der EU als Abnehmerin könne man insofern genauso wie der Türkei einen Vorwurf machen, so Yalcin.

Türkei als wichtigstes Urlaubsland für Russen

Auch das Geschäft mit Halbleitern aus der EU ist ein Beispiel für eine Umgehung der Sanktionen in legaler Form. Die Ausfuhren der Chips von dort nach Russland seien seit zehn Monaten deutlich zurückgegangen. Gleichzeitig steige der Export der Chips in die Türkei und von dort weiter nach Russland, sagt Yalcin. «Wenn die Abnehmerin eine 100-prozentige türkische Firma ist, ist es legal.» Die Firma müsse am Produkt nur marginale Änderungen vornehmen, ein Sticker reiche.

Für Russland ist die Türkei die Retterin in der Not: Wer nach Europa will, fliegt mit großer Wahrscheinlichkeit über die Türkei – oder bleibt gleich dort. Die Türkei ist wegen der Reisebeschränkungen in der EU das wichtigste Urlaubsland für Russen. Die Immobilienkäufe von Russen in der Türkei – die ab 500.000 Dollar gleich die türkische Staatsangehörigkeit beinhalten – sind enorm gestiegen. Von Januar bis November wurden 14.000 Immobilien an Russen verkauft. 2019 waren es 2900 Käufe.

Dass mehr Russen im Land sind, macht sich vielerorts bemerkbar. In den ersten elf Monaten 2022 wurden laut türkischer Handelskammer TOBB insgesamt 131 russische AGs und 1077 russische GmbHs in der Türkei gegründet. Zum Vergleich: Im Vor-Corona-Jahr 2019 waren es 17 AGs und 95 GmbHs. Die Türkei profitiere auch von russischem Kapital, das verstärkt in das Land fließe. Die türkische Leistungsbilanz weise auf hohe Kapitalzuflüsse hin, dessen Ursprung nicht vollends geklärt werden kann. «Also meist Geld, das im Koffer in ein Land gebracht wird», sagt Yalcin.

Aber auch für den Westen hat sich das türkische Dazwischen stellenweise als profitabel erwiesen: Die Türkei ist bemüht, zwischen Moskau und Kiew zu vermitteln. Nicht zuletzt gilt der gute Draht des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogans zu Kremlchef Wladimir Putin als gewichtiger Grund die Fortsetzung des für die Welternährung so wichtigen Getreidedeals. Erdogans Nähe zu Putin und die gemeinsamen Treffen mit ihm sind für den türkischen Staatschef dabei innenpolitisch kaum riskant – anders als für westliche Staatschefs.

Neue Kernkraftwerke für die Türkei

Bis Ende 2030 wollen Russland und die Türkei ihr Handelsvolumen auf 100 Milliarden Dollar erhöhen. Russland will außerdem den größten europäischen Gasknotenpunkt in der Türkei errichten, ein Handelsplatz für Energie der Energiegroßmacht – und gleichzeitig ein langgehegter Traum Erdogans. Unter russischer Ägide entsteht zudem derzeit ein erstes, 20 Milliarden US-Dollar teures Kernkraftwerk in der Türkei, zwei weitere sind in Planung.

Verliert der Westen also gerade die Türkei als engen Handelspartner? «Kurzfristig hat die Orientierung gen Russland für die Türkei Vorzüge. Langfristig ist es aber nicht nachhaltig», meint Yalcin. Es sei der Handel mit Europa, der der Türkei langfristig die meisten Arbeitsplätze verspricht. Auch Thilo Pahl von der AHK Türkei sagt: «Deutschland ist und bleibt weiterhin der wichtigste Exportmarkt für türkische Unternehmen.»

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Erdogan-Puppe – Rückschlag für Schwedens Nato-Antrag?

Istanbul/Stockholm (dpa) – Eine Protestaktion mit einer an den Füßen aufgehängten Erdogan-Puppe hat neuen Zwist zwischen der Türkei und Schweden verursacht. Die türkische Regierung bestellte als Reaktion darauf den schwedischen Botschafter ein und strich einen geplanten Besuch des schwedischen Parlamentspräsidenten Andreas Norlén in Ankara. Schwedens Weg in die Nato, den die Türkei seit Monaten blockiert, ist damit um eine Hürde reicher geworden.

Als Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine hatte Schweden im Mai 2022 gemeinsam mit Finnland die Aufnahme in die Nato beantragt. Der Prozess hängt derzeit nach wie vor an einer Blockade der Türkei fest. Ankara wirft besonders Schweden unter anderem vor, nicht entschieden genug gegen Personen und Gruppierungen vorzugehen, die Ankara «terroristisch» nennt. Gleiche Vorwürfe macht Ankara aber auch immer wieder etwa Deutschland oder Frankreich, beides Nato-Partner. Weiterlesen

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